Rechnungshofpräsident Josef Moser warnt, dass ineffiziente Parteienkontrolle wenig bringt – und gleichzeitig die Prüfer von ihren Kernaufgaben abhält.

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Gab so viel für den Wahlkampf aus wie SPÖ und FPÖ zusammen: das Team Stronach vor den Nationalratswahlen 2013.

Auffallende Dominanz zweier Personen: Spenden über 50.000 Euro an Parteien.

Wer mit wem im Geschäft steht.

Wien – Vor überschießenden Erwartungen wird gewarnt: "Die Veröffentlichung der Rechenschaftsberichte sowie der Befragungsergebnisse zu Rechtsgeschäften mit Beteiligungsunternehmen der Parteien lassen eine inhaltliche Kontrolle durch den RH vermuten, eine solche ist jedoch im PartG (Parteiengesetz, Anm.) nicht vorgesehen und daher auch nicht möglich."

Mit dieser Formulierung unterstreicht der Rechnungshof (RH), dass er den Parteien keinen Freibrief ausstellen kann: Das Parteiengesetz kann die Hoffnungen, die es im Vorfeld geweckt hat, nicht erfüllen. Der RH sagt es klar: "Ein wesentliches Ziel des PartG – umfassende Transparenz hinsichtlich der Parteienfinanzierung aller Parteien in Österreich – ist nicht erreicht."

Parteien missachten die eigenen Vorgaben

Und der Rechnungshof will auch nicht den – von den Politikern möglicherweise erwünschten – Anschein erwecken, dass die Parteien und ihre Finanzierung transparent wären. Er weist im Gegenteil darauf hin, dass die zu prüfenden Parteien nicht einmal den selbst beschlossenen Vorgaben gefolgt sind: Nur ein geringer Anteil jener Parteien, die der Rechenschaftspflicht gemäß Parteiengesetz unterliegen, übermittelten einen Rechenschaftsbericht für das Jahr 2013. Außerdem fehlte die Transparenz über die Vermögenssituation der Parteien, den tatsächlichen Aufwand für Wahlwerbungsausgaben sowie die Verwendung der Parteienförderung.

Weiters waren in den Rechenschaftsberichten die Zuordnung der Zahlungen der Parteien zu den gesetzlich vorgegebenen Einnahmen- und Ausgabenpositionen sowie die Darstellung der Spendeneinnahmen uneinheitlich und mussten in vielen Fällen richtiggestellt werden.

Kein echter Kassasturz

Offenbar wurde sogar versucht, die in ihren Befugnissen gegenüber den Parlamentsparteien eingeschränkten Prüfer zu täuschen. Dazu muss man wissen: Die Prüfer tauchen keineswegs in den Parteizentralen auf, um dort Kassasturz zu machen. Vielmehr lassen die Parteien ihre Finanzen von Wirtschaftsprüfern bestätigen, erst danach bekommt der RH Einsicht.

Anmerkung der Kontrollore: "Trotz der vorgelagerten Kontrolle durch die Wirtschaftsprüfer enthielten die Rechenschaftsberichte konkrete Anhaltspunkte für Unrichtigkeiten und Unvollständigkeiten." Konsequenz: Keine – außer einer Mitteilung an den unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat.

Ressourcen für echte Prüfungen fehlen

Rechnungshofpräsident Josef Moser hatte bereits im Mai dieses Jahres im STANDARD-Gespräch darauf hingewiesen, dass das Parteien- und das Medientransparenzgesetz Ressourcen binden, die bei anderer Prüftätigkeit sinnvoller genutzt werden könnten: "Das ist ein absoluter Wahnsinn: 898 Manntage für das Parteiengesetz, 1.251 Tage für das Medientransparenzgesetz. Beides bringt bei weitem nicht den erwarteten Mehrwert. Es bindet die Ressourcen vom Rechnungshof für Verwaltungstätigkeiten, was wiederum die Kerntätigkeit, nämlich das Prüfen, einschränkt. Eine Kontrolle ist jedoch gesetzlich nicht vorgesehen. Das sind, glaube ich, Bereiche, wo man nachdenken sollte, ob sie wirklich zweckmäßig sind."

Im am Montag vorgelegten Rechnungshofbericht an das Parlament – und damit an die Parteien, die eigentlich geprüft werden sollten – heißt es: "Die halbjährliche Aktualisierung der Liste über sämtliche dem RH bekannten und seiner Kontrolle unterliegenden Rechtsträger und deren Organe schränkt die Wahrnehmung der Kernaufgaben des RH stark ein."

Die Kritik des Rechungshofs an seinen Auftraggebern im Parlament ist auch dort angekommten, vor allem bei den Oppositionsparteien, die sich eine Verschärfung der Bestimmungen wünschen. Ebenso wie im Kanzleramt, wo Minister Josef Ostermayer versprach, "mit dem Ziel einer größtmöglichen Mehrheit im Parlament Gespräche darüber führen" zu wollen.

Medientransparenzgesetz verfehlt sein Ziel

Weiter zu den Medientransparenzgesetzen: "Das Ziel der Medientransparenzgesetze – mehr Transparenz bei Medienkooperationen, Werbeaufträgen und Förderungen – wird durch Probleme bei der Vollständigkeit und Richtigkeit der Meldungen, durch Verstöße gegen die Verpflichtung, entgeltliche Werbeeinschaltungen als solche zu kennzeichnen, durch Verstöße gegen das Sachlichkeitsgebot sowie gegen das sogenannte Hinweis- und Kopfverbot nicht erreicht werden. Aufgrund der Bagatellgrenze sind ein Drittel bis die Hälfte der Werbeaufträge nicht in den von der KommAustria veröffentlichten Listen enthalten ... Weiters entstehen Verwirrung, Missverständnisse und Verwaltungsmehraufwand bei den kontrollunterworfenen Rechtsträgern."

Dabei wird offensichtlich, dass es zwischen Bundeskanzler, KommAustria und Rechnungshof massiven Streit um die Kompetenzen der Prüfer gegeben haben muss.

Vergessene Unternehmensbeteiligungen

Ähnlich dürfte es bei der Prüfung der Parteienvermögen von SPÖ und ÖVP gegangen sein. Originalton Rechnungshof: "Bei der parallel dazu durchgeführten Prüfung der Rechenschaftsberichte der Parteien stellte der RH konkrete Anhaltspunkte hinsichtlich Unvollständigkeiten und Unrichtigkeiten der Listen ihrer Beteiligungsunternehmen fest. Er holte daher von den betroffenen Parteien Stellungnahmen ein. Die ÖVP und die SPÖ gaben daraufhin weitere, in der Erstversion der Rechenschaftsberichte nicht enthaltene Beteiligungsunternehmen bekannt." Und zwar nicht wenige: Die SPÖ hatte vergessen, 24 Unternehmen bekanntzugeben, die ÖVP eines.

Schlussendlich kam der Rechnungshof doch zu Zahlen für das Jahr 2013: Er fand heraus, dass 612 Rechtsträger (von gut 6.000), die seiner Kontrolle unterliegen, Geschäfte mit 108 Beteiligungsunternehmen von Parteien gemacht haben: "Davon entfielen rund 50,7 Millionen Euro auf Beteiligungsunternehmen der SPÖ und rund 20,96 Millionen (29,25 Prozent) auf Beteiligungsunternehmen der ÖVP. Hinsichtlich des Beteiligungsunternehmens der Grünen wurde kein Rechtsgeschäft gemeldet."

Die größten Aufträge an das Parteiumfeld

Die größten Auftragnehmer aus dem Parteienumfeld waren die SP-nahe Leykam Druck GmbH & Co KG, die von 29 öffentlichen Rechtsträgern mit Aufträgen im Wert von 11.952.435,83 Euro bedacht wurde. Es folgen die ebenfalls rote Neuland gemeinnützige Wohnbau–Gesellschaft m.b.H. (10 Aufträge um 6.160.631,74 Euro), die ebenfalls der SPÖ zuzurechnende KOKO Kontakt– und Kommunikationszentrum für Kinder Gemeinnützige GmbH mit einem gemeldeten Volumen von 5.658.326,66 Euro aus 17 Aufträgen und der schwarze Ärzte-Verlag mit 4.327.091,48 Euro aus 27 Aufträgen. Schlussbemerkung: "Der RH hält dazu kritisch fest, dass er die von den Rechtsträgern gemeldeten Daten im Rahmen dieser Befragung nicht auf materielle Richtigkeit überprüfen konnte." (Conrad Seidl, 13.7.2015)