Wien – Wer sich im Praktikum ausgenutzt fühlt, kann sich seit dem Vorjahr auf der Gewerkschaftsseite watchlist-praktikum.at beschweren. Nun weitet die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) ihr Angebot aus. Wer der Meinung ist, er sei zu Unrecht als Selbstständiger tätig und müsste eigentlich angestellt sein, kann seinen Arbeitgeber ab sofort auf watchlist-prekaer.at melden.

Angesichts der Debatte über eine nötige oder bereits eingesetzt habende "Gründerwelle" in Österreich müsse die Gewerkschaft die Rolle des Spaßverderbers spielen, sagte GPA-Chef Wolfgang Katzian am Mittwoch bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Sozialminister Rudolf Hundstorfer (beide SPÖ).

EPUs nicht immer freiwillig

Katzian bezweifelt, dass die steigende Zahl der Ein-Personen-Unternehmen (es sind bereits 58 Prozent der Wirtschaftskammermitglieder) tatsächlich immer auf Freiwilligkeit zurückgeht.

Jene Firmen, bei denen Auftragnehmer eine Umgehung eines unselbstständigen Dienstverhältnisses vermuten, können in weiterer Folge von der zuständigen Gebietskrankenkasse geprüft werden. Neben der neuen Watchlist drängt Katzian auf eine arbeitsrechtliche Gleichstellung von Freien Dienstverträgen (etwa beim Mutterschutz). Außerdem müsse die Wirtschaftskammer bessere Daten über neue Selbstständige liefern. In diesen Punkten will er nun in Verhandlungen mit den Arbeitgebern eintreten.

Die Wirtschaftskammer selbst wehrt sich gegen Vorwürfe der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA. Die GPA-Online-Plattform lehnt die Wirtschaftskammer ab.

"Zum einen wählen die allermeisten den Weg in die Selbstständigkeit ganz bewusst – und mit Erfolg. Wie die Gründerstatistik zeigt, überleben mehr als zwei Drittel die ersten fünf Jahre ihres Unternehmerdaseins. Zum anderen werden die Übergänge zwischen selbstständiger und unselbstständiger Erwerbstätigkeit immer häufiger immer fließender", so WKÖ-Experte Martin Gleitsmann am Mittwoch.

Gesetz gegen Scheinfirmen wird beschlossen

Gegen Missbrauch der Sozialversicherung richtet sich auch das neue Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz von Hundstorfer, das am Mittwoch im Nationalrat beschlossen wird. Wie berichtet wird der Kampf gegen Scheinfirmen forciert, die Verfahren werden verkürzt, und schwarze Schafe werden im Internet veröffentlicht.

Teil dieses Pakets ist aber auch das umstrittene Mystery-Shopping in Ordinationen, das die Ärzteschaft und Teile der ÖVP empört. Katzian äußerte zwar einerseits Verständnis für Ärzte, die im Einsatz von Testpatienten einen Bruch des Arzt-Patient-Verhältnisses sehen, gleichzeitig seien die Krankenkassen aber auch verpflichtet, die Qualität in den Ordinationen zu kontrollieren. Er geht aber ohnehin davon aus, dass sich die Aufregung bald legen wird. (go, 8.7.2015)