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Am Freitag demonstrierten Gegner der Sparpolitik am Syntagma-Platz in Athen.

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EU-Befürworter versammelten sich vor dem Marmor-Stadion.

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Athen – Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis hat die Gläubiger seines Landes ein Tag vor dem Referendum scharf kritisiert. "Was sie mit Griechenland machen, hat einen Namen – Terrorismus", sagte Varoufakis der spanischen Zeitung "El Mundo" vom Samstag.

"Was Brüssel und die Troika heute wollen, ist, dass das 'Ja' gewinnt, damit sie die Griechen weiter erniedrigen können", sagte der Minister.

"Was sie mit Griechenland machen, hat einen Namen: Terrorismus", sagte er der spanischen Zeitung "El Mundo". Wegen der Krise sind die Banken seit einer Woche geschlossen. Für Bankomaten gelten Beschränkungen. Die Schuld gab Varoufakis in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" den Geldgebern. "Europa hat beschlossen, uns zu erpressen, damit wir einen Vertrag unterschreiben, der für niemanden gut ist." Schäuble warf er vor, schon seit 2012 einen Grexit zu betreiben.

EU-Ratspräsident Donald Tusk sagte, dass es beim Referendum am Sonntag nicht um die Eurozone gehe. Die EU suche nach Wegen, Griechenland im Euro zu halten, sagte Tusk in einem an Freitag veröffentlichten Interview des Nachrichtenportals Politico. Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) zeigte sich gegenüber der "Presse" zuversichtlich, dass es zu einer Verhandlungslösung mit der Tsipras-Regierung kommen könne. Zugleich bekräftigte er, dass ein Grexit für Europa leicht verkraftbar wäre. Auch Schäuble sagte, dass die "Ansteckungsgefahr" durch den Zusammenbruch griechischer Banken vergleichsweise gering sei.

Wachsende Skepsis in Deutschland

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble schließt unterdessen ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone nicht aus. "Ob mit Euro oder vorübergehend ohne: Diese Frage können nur die Griechen selbst beantworten", sagte er der "Bild"-Zeitung. Umfragen zeigten ein knappes Rennen zwischen Befürwortern und Gegnern des Sparkurses.

Nach den gescheiterten Verhandlungen mit den internationalen Finanzgebern gilt das Votum der Bevölkerung am Sonntag als wichtiges Signal für eine mögliche Wiederaufnahme der Gespräche. Vertreter der Eurostaaten haben klargemacht, dass sie nicht zu einer Nachbesserung des Angebots bereit sind. Weil das aktuelle Hilfsprogramm Ende Juni ausgelaufen ist, kann Athen nicht mit einer schnellen Rettung rechnen.

Schäuble sagte in der "Bild"-Zeitung", dass die EU-Staaten der griechischen Bevölkerung helfen wollen. "Klar ist auch: Wir werden die Menschen in Griechenland nicht im Stich lassen", sagte er. Zugleich pochte Schäuble darauf, dass die Euro-Staaten die Regeln der Währungsunion strikt einhalten.

Bericht über Zugriff auf Sparguthaben

Die griechischen Banken erwägen laut einem Medienbericht ihre Pleite mit einem Zugriff auf Sparguthaben abzuwenden. Wie die "Financial Times" (FT) am Freitag unter Berufung auf mit den Plänen vertraute Banker und Geschäftsleute berichtete, sind Abschläge von mindestens 30 Prozent auf Einlagen von mehr als 8000 Euro geplant.

Bankenverband und Regierung dementierten energisch, Finanzminister Yanis Varoufakis sprach von einem "bösartigen Gerücht". "Solche Pläne gibt es absolut nicht", sagte die Präsidentin des griechischen Bankenverbandes, Louka Katseli, dem TV-Sender "Skai" am Samstag. Die Regierung von Tsipras betonte jedoch wiederholt, die Bankguthaben seien sicher.

Warnung vor "humanitärer Katastrophe"

Vor der Volksabstimmung hat der Chef der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber, vor einer "humanitären Katastrophe" gewarnt. Sollten die Griechen am Sonntag das Sparpaket ablehnen, werde das Wirtschaftsleben dort zum Stillstand kommen, sagte Weber am Samstag in München.

Dies hätte auch Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung. Ministerpräsident Alexis Tsipras spiele mit dem Feuer, so Weber.

Der Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz, hat unterdessen "Notstandskredite" zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Versorgung in Griechenland ins Spiel gebracht. "Dafür wären kurzfristig Gelder in Brüssel abrufbar", sagte der SPD-Politiker der Zeitung "Welt am Sonntag". Man werde "die Menschen in Griechenland nicht im Stich lassen".

Knappe Entscheidung

Bei der Volksabstimmung zeichnet sich einer neuen Umfrage zufolge eine äußerst knappe Entscheidung ab. 41,7 Prozent der Befragten zeigen sich demnach mit den Forderungen der Gläubiger einverstanden, 41,1 Prozent kündigten ein "Nein" beim Referendum an. Das ergab eine Umfrage, die am Freitagabend im griechischen Nachrichtenportal "To Proto Thema" veröffentlicht wurde. Auch in früheren Umfragen lagen Befürworter und Gegner der Sparvorhaben nah beieinander.

Der Chef des Ifo Instituts, Hans-Werner Sinn geht davon aus, dass sich die Situation nach dem Referendum weiter verschärfen wird. "Da gibt es nur zwei Optionen: Entweder es kommt zu einem Verhandlungswunder mit den Gläubigern, oder Griechenland verlässt die Euro-Zone und kehrt zurück zur Drachme", sagte Sinn der "Passauer Neuen Presse". Seiner Meinung nach sei der Grexit ist jetzt der für alle Beteiligten beste Weg. (APA, 4.7.2015)