Wien – Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) will über den Vorschlag von Bundeskanzler Werner Faymann diskutieren, wonach eine Asylquote nach Bezirken erfolgen soll. Auch der Öffnung von Schulen und Studentenheimen für die Unterbringung von Flüchtlingen über den Sommer kann Mikl-Leitner einiges abgewinnen: Das wäre auf jeden Fall eine Entlastung, jede Unterkunft sei ein "positives Zeichen" und könnte helfen, sagte ein Sprecher. Auch Vizekanzler Reinhold Mitterlehner will den Vorschlag in den kommenden Wochen diskutieren.

Faymann hatte am Freitag einen Fünf-Punkte-Plan präsentiert, den er vorerst am Montag bei einem Treffen mit Flüchtlings-NGOs besprechen will. Darin ist vorgesehen, die Asylwerberverteilung künftig auf Bezirksebene zu organisieren, für die Aufteilung ist ein Schlüssel nach Bevölkerungszahl vorgesehen. Der Kanzler schlägt auch die Schaffung einer privaten Wohnungsbörse vor.

Unterdessen setzten nach einem Treffen am Freitag in St. Pölten die ersten Diskussionen darüber ein, wo genau in den vier besonders säumigen Bundesländern Mikl-Leitner ihre Bundesquartiere platzieren will. Der Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) kündigte gleich einmal per Aussendung rechtlichen Widerstand an, sollte es das schon länger in Betracht gezogene ehemalige Postgebäude in der Derfflingerstraße treffen. Auch der oberösterreichische FPÖ-Landesrat Manfred Haimbuchner deponierte sein "Nein".

Im Innenministerium nannte man allerdings am Samstag weiterhin keine konkreten Pläne. Ein Sprecher verwies einmal mehr darauf, dass man zuerst mit regionalen Verantwortlichen und Bürgermeistern sprechen wolle.

Mitterlehner sieht EU gefordert

Mitterlehner sieht angesichts der "Art Völkerwanderung", die auf Europa zukomme, vor allem die EU gefordert. In der Ö1-Reihe "Im Journal zu Gast" am Samstag kritisierte er aber auch, dass mit dem Thema Asyl in den letzten Landtagswahlkämpfen gespielt worden sei, und zwar teilweise frivol.

Es brauche Solidarität in der EU, forderte Mitterlehner eine Quote zur Aufteilung von Flüchtlingen auf die Mitgliedstaaten, auch müsse man die Kooperation mit afrikanischen Staaten forcieren. Dass das Thema Asyl aber vor Wahlen so sehr "missbraucht" werde, habe er sonst nirgends gesehen, sagte Mitterlehner. Grenzkontrollen sieht der Vizekanzler nicht als Lösung: Man werde nicht überall in Europa "Mauern und Zäune" errichten können. Man müsse das Problem systematisch unter Beteiligung aller Betroffenen lösen, betonte Mitterlehner.

Kritik von Juncker

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wiederum hat die EU-Staats- und Regierungschefs für ihren Umgang mit der Flüchtlingskrise scharf kritisiert. "Es reicht nicht, abends vor den Fernsehschirmen zu weinen, wenn Menschen im Mittelmeer ertrinken, und am nächsten Morgen im Rat eine Gedenkminute abzuhalten", sagte Juncker dem "Spiegel".

Die EU-Kommission werde trotz des Widerstandes in vielen Hauptstädten an den Plänen für eine verpflichtende Quote zur Verteilung von Flüchtlingen festhalten, kündigte Juncker an. "Auch wenn uns der nächste Europäische Rat in die Schranken weist, werden wir das Feld nicht räumen."

Bures: Solidarität ist gefragt

Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) hat anlässlich des Weltflüchtlingstages am Samstag betont, dass man die aktuellen Flüchtlingsbewegungen nur gemeinsam und solidarisch bewältigen könne. Gleichzeitig warnte sie vor "Angstmache".

Das Recht verfolgter Menschen auf Asyl sei ein Menschenrecht, sagte Bures. "Österreich hat auch eine historische Verantwortung, Menschen mit Solidarität und Hilfe zu begegnen, wenn sie Verfolgung ausgesetzt sind. Und wir tragen die menschliche Verantwortung, Schutzbedürftigen Sicherheit zu bieten." Gefragt seien nun "die innerösterreichische Solidarität ebenso wie die Solidarität innerhalb der europäischen Staatengemeinschaft".

Besorgt zeigte sich die Nationalratspräsidentin über "zum Teil unsachliche, populistische und menschenverachtende Stimmen" in der aktuellen Diskussion. "Angstmache ist gefährlich. Sie wird weder dem Ernst der Lage gerecht, noch ist sie eine adäquate Antwort auf die Sorgen der Bevölkerung."

FPÖ mit "Kompetenz bei Flüchtlingen"

Vor allem die Freiheitlichen standen zuletzt wegen Aussagen und Aktionen gegenüber Flüchtlingen in der Kritik. Genau dieser Partei sprechen die Österreicher aber laut einer aktuellen "profil"-Umfrage (500 Befragte) in der Flüchtlingspolitik am meisten Kompetenz zu. Auf die Frage "Welche Partei hat die richtigen Ansichten und Lösungsvorschläge in der Asylpolitik" nannten 29 Prozent die FPÖ, zwölf Prozent die ÖVP und je zehn Prozent die SPÖ und Grünen, drei Prozent die Neos.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache warf der Regierung indes vor, mit ihrer Asyl-Politik "das Tor für illegale Einwanderer immer weiter" aufzumachen. Die quotenmäßige Verteilung von Asylwerbern – "die Mehrheit sind Wirtschaftsflüchtlinge" – auf ganz Österreich sei "weder fair noch löst sie das wirkliche Problem", meinte er zu Faymanns Vorschlag. (APA, red, 20.6.2015)