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Kommt es zu keiner Einigung im Schuldenstreit, droht der Grexit. Möglicherweise wird in diesem Fall die Münze im Athener Drachme-Denkmal künftig durch ein Euro-Geldstück ersetzt.

Foto: APA/EPA/YANNIS KOLESIDIS

Nach dem Scheitern einer Einigung zur Lösung der Schuldenkrise Griechenlands in der Eurogruppe am Donnerstag soll nun binnen vier Tagen doch noch ein Kompromiss erzielt werden. Vertreter der Regierung in Athen und die Experten der drei Geldgeberinstitutionen (EU, EZB und Währungsfonds IWF) dürften über das Wochenende durchverhandeln – begleitet von Telefonaten auf den höchsten politischen Ebenen.

Damit soll versucht werden, für den Eurosondergipfel der Staats- und Regierungschefs am kommenden Montag in Brüssel eine entscheidungsreife Basis zu legen. Das zeichnete sich am Freitag zum Abschluss des EU-Finanzministertreffens in Luxemburg ab, bei dem von mehreren Teilnehmern – auch von Österreichs Vertreter Hans Jörg Schelling – starke Zweifel geäußert wurden, dass ein solcher Regierungsgipfel jetzt überhaupt Sinn habe.

Es sei, wie berichtet, an der griechischen Regierung, den Geldgebern neue Vorschläge zu machen, nachdem sie ein von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker übermitteltes Angebot der Europartner abgelehnt hatte, hieß es übereinstimmend bei den Euroministern. Es führe kein Weg vorbei an einem formellen Beschluss auf Ministerebene, wobei zuerst ein positives Gutachten der Experten über das Spar-, Reform- und Investitionspaket der Griechen erstellt worden sei.

In Berlin bestätigte das Regierungssprecher Steffen Seibert: Der Beschluss eines Reformpaketes sei Voraussetzung für Folgebeschlüsse beim Gipfel, "ansonsten kann der Gipfel nur ein Beratungsgipfel sein". Um die rasche Handlungsfähigkeit am Montag sicherzustellen, dürfte parallel zu den Regierungschefs erneut ein Treffen der Eurogruppe angesetzt werden. Ähnlich war das bereits im Jahr 2011, als nach einem tagelangen Ringen und mehrfachen Verhandlungsunterbrechungen eine Einigung auf das zweite große Hilfspaket und einen Schuldenschnitt für private Gläubiger erzielt wurde. Es trifft sich, dass der nächste reguläre EU-Gipfel am Donnerstag in Brüssel beginnt. Die Regierungschefs der Eurogruppe könnten theoretisch also fast fünf Tage an einer definitiven Griechenland-Lösung arbeiten.

Aus allen Hauptstädten wurde beteuert, dass man "bis zur letzten Minute verhandeln werde", um eine Insolvenz und ein späteres Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro (Grexit) zu verhindern. Es zeichnet sich auch ab, dass das umstrittene Hilfsprogramm doch noch einmal über den 30. Juni hinaus verlängert wird, um Athen die Chance zu geben, Reformen in die Tat umzusetzen. Frankreichs Präsident François Hollande will unbedingt einen Kompromiss ermöglichen. Premierminister Alexis Tsipras, der sich vor allem gegen die Auflagen zur Pensionsreform wehrt, gab sich ebenfalls optimistisch, dass eine Einigung am Montag gelingt.

EZB im Krisenmodus

Gute Nachrichten aus Sicht der Griechen kamen Freitag von der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt. Nach übereinstimmenden Berichten von AFP, Reuters und Bloomberg hat die EZB die Nothilfen für griechische Banken neuerlich erhöht. Dem Vernehmen nach hat die griechische Notenbank ersucht, die Nothilfekredite, die sogenannte Emergency Liquidity Assistance (ELA), um drei Milliarden Euro zu erhöhen.

Die ELA ist ein Notmechanismus im europäischen Zentralbankensystem. Über die elektronische Geldschöpfung – also das Drucken von Geld – entscheidet eigentlich der EZB-Rat, das höchste Gremium der Notenbank in Frankfurt. In Notsituationen können aber auch nationale Notenbanken die Druckerpresse anwerfen und gegen entsprechende Sicherheiten Kredite gewähren.

Der EZB-Rat kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen dies verhindern – das hat er nun offenbar aber wieder nicht getan.

Für die griechischen Banken ist die ELA die einzige Möglichkeit, um an Geld zu kommen, weil sie an den Märkten kaum noch Investoren finden. Der Rahmen der ELA-Hilfen lag am Mittwoch bei 84,1 Milliarden Euro – dürfte nun also bei 87,1 Milliarden liegen.

Die Entscheidung der EZB kommt nicht ganz überraschend: Ein Stopp der ELA käme einem Rauswurf Griechenlands aus der Eurozone gleich. Die EZB-Führung will als Eurozentralbank dies aber keinesfalls verantworten. Wenn, müsse ein Grexit Folge einer politischen Entscheidung sein, wird in Frankfurt beteuert. (Thomas Mayer aus Luxemburg, 19.6.2015)