Wien - Braucht Österreich eine Online-Medienförderung - und nach welchen Kritieren? Der Verband der Internetprovider (Ispa) ließ das Donnerstagnachmittag eine Runde von Medienwissenschaftern, Medienmachern und Medienlobbyisten im Media Tower der News-Gruppe diskutieren. Antwort: überwiegend ja, aber möglichst unabhängig von politischem Einfluss. Und, ja: Onlineriese Google beschäftigte die Runde natürlich auch recht intensiv.

"Staatssozialismus"

Jede Podiumsdiskussion braucht nach Möglichkeit ein Krokodil, die Rolle kam Alexander Görlach zu, Gründer, Herausgeber und Chefredakteur der auch gedruckt erscheinenden Plattform "The European". Wie der größte Teil deutscher Zeitungsmacher kein Freund von direkten Presseförderungen (indirekte wie günstigere Mehrwertsteuersätze werden auch dort gern genommen). "Staatssozialismus" klingt für Görlach bei dem Thema mit.

"Wer hat, dem wird gegeben"

Und wenn es denn sein muss, "wenn wir aber nicht ganz kommunistisch werden wollen", dann könnte sich Görlach vorstellen, eine Medienförderung am Umsatz zu "orientieren". Zehn Prozent des Umsatzes als Förderung nennt er als Beispiel und dann als "einzig zulässiges Grenze". Inhaltlich würde er - wie viele auf dem Podium - Innovationen fördern.

Die Idee mit dem Umsatz erstaunt Josef Trappel, Kommunikationswissenschafter an der Uni Salzburg. Er übersetzt sie mit: "Wer hat, dem wird gegeben." Und entgegnet: "Wer viel Umsatz macht, braucht keine Förderung.

"Da werden Förderungen nicht helfen"

"Das hindert Österreich nicht, Presseförderung auch an hoch profitable Titel wie die "Krone" auszuschütten, erinnerte STANDARD-Managerin Gerlinde Hinterleitner. Sie empfiehlt eine Medienförderung für Innovationen und Projekte, nicht alleine für Unternehmen, sondern auch für gemeinsame Initiativen für einen "Veränderungsprozess, in dem wir nicht immer wissen, wohin die Reise geht". Hinterleitner: "Viele Medienhäuser in Österreich haben ihre digitalen Hausaufgaben noch nicht gemacht - da werden Förderungen auch nicht helfen."

Hinterleitner hielte auch für förderungswürdig, wenn Medien Userinnen und User einbinden - das ist ein Schwerpunkt der Aktivitäten von derStandard.at.Trappel sieht die Einbindung von Userinnen und Usern als Plattformen im Sinne des demokratischen Diskurses.

Grundsätzlich Sinn in Medienförderung

Trappel sieht "grundsätzlich Sinn" in einer Medienförderung. Wenn der Markt gesellschaftlich erwünschte publizistische Leistungen nicht finanziere, dann könne eine Förderung einen wesentlichen Beitrag dazu leisten. Am schwierigsten sei das für unabhängigen Qualitätsjournalismus. In den Worten von Gerald Grünberger (Zeitungsverband): "Was gesellschaftlich gewünscht ist, geht sich nicht mehr aus."

Klare Trennung - nicht bei Inseraten

Trappel empfiehlt "demokratisch erwünschte Qualitätsleistungen" zu fördern, "die vom Markt allein nicht mehr finanzierbar sind." Unabhängig von der Medien-Plattform, nach vorher festgelegten Kritierien, "an denen sich Unternehmen orientieren können", und mit einer "Rechenschaftspflicht" für geförderte Unternehmen.Und vor allem fordert Trappel, eine klare Trennung zwischen Fördernehmer und Fördergeber. Bei der Vergabe öffentlicher Inserate sei "die Trennung nicht klar".

Bei der Presseförderung indes sieht er sie "gut geklärt". Es dürfe "keine Vermischung" geben und "keinen Journalismus, der sich nach den Geldgebern richtet". Eine neue Medienförderung sei "wasserdicht gegen politischen Einfluss zu konstruieren". Die Gesellschaft müsse sich "unabhängige Beobachter leisten können, die recherchieren und investigativ arbeiten".

Online Only

Medienökonom Jan Krone (FH St. Pölten) plädiert für eine neue Online-Only-Förderung. Er sieht in Reformüberlegungen für die Presseförderung Richtung Medienförderung vor allem einen Versuch der Verlage, ihre "Alimentierung" zu sichern, indem sie sich "unter den Medienbegriff ducken".

Auch Krone betont die Notwendigkeit, Fördermittel "unabhängig zu verwalten". Schlüssige Förderkriterien sieht er etwa im nichtkommerziellen Rundfunkfonds der RTR. Und er plädiert, auch freie Journalisten zu fördern.

"Praktisch nichts" von Google

"Praktisch nichts" sind für Trappel übrigens die 150 Millionen Euro des Onlineriesen Google (über drei Jahre) für europäische Zeitungen und Medien, die "Digital News Initiative".

Google-Policy-Manager Anton Aschwanden meldet sich zu Wort meldet und erklärt, mit Blick und Verweis auf den Kahlenberg und die Wanderwege dort, dass Google ja nur die Wegweiser zu den Informationen liefere. Da erinnert Hinterleitner: "Wir wissen nicht genau, wie Sie den Wanderweg anlegen, wir können das nicht überprüfen, sind dem quasi ausgeliefert."

Google sei Konkurrent um die Aufmerksamkeit der Userinnen - der Konzern liefere inzwischen bei seinen Suchergebnissen ja schon Antwortvorschläge, die Klicks auf Snippets und Links erübrigen. Antwortvorschläge "von Contentpartnern", ergänzt da Google-Sprecher Wolfgang Fasching-Kapfenberger.

Journalismus by Google

Und wenn Google das selbst in die Hand nimmt? Das Szenario entwirft Trappel: "Was ist, wenn Google morgen auf die Idee kommt, im Journalismus tätig zu werden, wie Google ja ständig neue Geschäftsfelder erschließt?" Der Multimilliardenkonzern könne "sofort eine andere Öffentlichkeit schaffen."

Hinterleitner verlangt gleiche Rahmenbedingungen für Medienhäuser und neue Onlineriesen, die ihre Steuerleistungen optimieren. Würde etwa derStandard.at nach deren Steuersätzen und Abgaben wirtschaften, hätte er "30 Prozent mehr Umsatz", schätzt sie. Von einer Werbeabgabe auch für Onlinemedien (wie für praktisch alle anderen in Österreich) hält Hinterleitner übrigens nichts.

Facebook: Medien und der Verstand

Und, fragt ISPA-Generalsekretär Maximilian Schubert, was hält Hinterleitner davon, dass Medien ihre Inhalte gleich auf Facebook platzieren - darüber haben etwa Buzzfeed und "New York Times" verhandelt? "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Medien, die bei Verstand sind, Usern noch mehr Grund geben wollen, Facebook überhaupt nicht mehr zu verlassen." (red, 8.5.2015)