Nur mit der Ruhe: Sich genügend Zeit nehmen, die richtige Wortwahl und auf keinen Fall aggressiv werden sind unter anderem Ratschläge von Experten zum Trennungsgespräch.

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Kommt es im Beruf zu einer Trennung – sei es Kündigung oder Entlassung –, gehen die Emotionen oft hoch. "Die Betroffenen sind meist nicht über das Faktum, sondern über das Wie der Trennung frustriert", sagt der Executive Outplacement Berater und Geschäftsführer von Lee Hecht Harrison / DBM, Walter Reisenzein. Gemeinsam mit der Rechtsanwältin Anna Mertinz von Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte gibt er praktische und leicht durchführbare Tipps für einen positiven Trennungsprozess von Mitarbeitern:

1. Vorbereitung auf allen Ebenen

Auf menschlicher Ebene ist es zunächst essentiell isch auf das Gespräch wie auf eine wichtige Verhandlung vorzubereiten. Reisenzein: "Arbeiten Sie Checklisten ab, was bei Trennungsgesprächen zu berücksichtigen ist. Schreiben Sie die Formulierungen auf, die Sie verwenden wollen. Definieren Sie ein Ausstiegspaket mit allen monetären und nicht-monetären Aspekten (z. B. Höhe der Abfertigung, Verwendung des Firmenwagens, Outplacement Beratung für die Suche nach einem neuen Job)."

Anna Mertinz rät dazu, sich die Konsequenzen und Risiken einer Trennung auf rechtlicher Seite gut zu überlegen - auch hier ist Vorbereitung zentral: "Gekündigte Arbeitnehmer haben viele Möglichkeiten, gegen eine Kündigung/Entlassung zu klagen. Ist die Kündigung/Entlassung einmal ausgesprochen, kann sie nicht mehr ohne weiteres ungeschehen gemacht werden und es dauert oft nicht lange, bis eine Klage ins Haus flattert." Vor dem Trennungsgespräch sollen deswegen die Risiken - wie etwa besonderer Kündigungsschutz, strittige Ansprüche, Chancen einer Anfechtung oder die Option auf eine einvernehmliche Auflösung.

2. Wortwahl im Gespräch

"Kündigen ist wie eine Scheidung im Berufsleben, daher niemals ohne persönliches Gespräch.", beschreibt Walter Reisenzein eine goldene Regel. Wie man auch privat nicht via SMS schlussmachen sollte so ist es auch im Berufsleben: Schriftlichkeit könne parallel durch Übergabe eines Kündigungsschreibens erfolgen, jedoch niemals ohne vorheriges Gespräch. All das komme in der Praxis aber leider vor, weiß Reisenzein.

Anna Mertinz rät dazu, gleich eine rechtlich korrekt ausgeführte, schriftliche Ausfertigung der Trennung zum Gespräch mitzunehmen: "Ersuchen Sie den Gekündigten, die Übernahme des Dokuments zu bestätigen. Falls das verweigert wird, wiederholen Sie die Kündigung bzw. Entlassung unter Zeugen und / oder übermitteln Sie das Dokument per Einschreiben oder Boten." Von Kündigungen und Entlassungen per Telefon, SMS oder gar Whatsapp rät sie ganz klar ab. Dafür noch ein Tipp: "Fertigen Sie nach dem Trennungsgespräch ein Gedächtnisprotokoll an. Einvernehmliche Beendigungen sollten immer schriftlich getroffen und von beiden Seiten unterzeichnet werden."

3. Chefsache ohne Formfehler

Eine Trennung ist nicht nur für den, der gehen muss hart - deswegen kann es laut Walter Reisenzein auch nur der direkte Vorgesetzte führen: "Es gehört zu den Führungsaufgaben, Emotionen der Betroffenen auszuhalten, egal ob es um Schock, Abwehr, Gegenangriff oder Tränen geht. Wer das Gespräch an die Personalabteilung delegiert, ist als Chef eine Fehlbesetzung."

Auf rechtlicher Seite ein genau so großes Tabu: Formfehler. "Erreicht die Kündigung den Arbeitnehmer nicht rechtzeitig oder wird das betriebsverfassungsrechtliche Vorverfahren nicht eingehalten, ist die Kündigung unwirksam. Gleiches gilt für eine Entlassung, die möglicherweise berechtigt, aber zu spät erfolgt", sagt Anna Mertinz.

4. Viel Zeit, ohne Druck

Wie viel Zeit sollte man für ein Trennungsgespräch einplanen? Walter Reisenzein rät zu einer Stunde, um zuhören zu können, Reaktionen auszuhalten und eventuelle Fragen zu beantworten. Aber: "Kommen Sie schnell zum Punkt und reden Sie um die Kündigung nicht herum." Danach sollte man auch zehn Minuten für sich selbst einplanen, um zur Ruhe zu kommen. Auch für den Vorgesetzten seien solche Gespräche extrem belastend.

Neben genügend Zeit und Raum für Fragen ist es auf rechtlicher Ebene wichtig, jeden unzulässigen Druck zu unterlassen. Sonst helfe auch die beste Generalklausel nicht, sagt Anna Mertinz. "Sofern der Arbeitnehmer die Beiziehung einer Vertrauensperson wünscht, kommen Sie diesem Ersuchen nach. Führen Sie Trennungsgespräche nicht zu "Unzeiten" wie Geburtstagen, während, kurz vor oder kurz nach Urlaub bzw. Krankenstand."

5. Wertschätzung und Wortwahl

Ruhig und wertschätzend bleiben rät Walter Reisenzein - keinesfalls aggressiv auftretend oder sich verteidigen. "Hören Sie sich die Reaktionen des Betroffenen in Ruhe an und wiederholen Sie gegebenenfalls Ihre wichtigsten Punkte."

Trennung ist nicht gleich Trennung, macht die Rechtsanwältin aufmerksam. Es gilt daher besonders auf die richtige Wortwahl zu achten, um Missverständnisse zu vermeiden. Das österreichische Arbeitsrecht kennt verschiedene Trennungsarten, etwa die ordentliche Kündigung, Austritt bzw. Entlassung aus wichtigem Grund, einvernehmliche Beendigung, Zeitablauf bei Befristung oder die Auflösung im Probemonat. "Aussagen wie "Ich schlage eine einvernehmliche Kündigung vor", "Hiermit kündige ich Sie im Probemonat" oder "Eine weitere Zusammenarbeit mit Ihnen ist für uns unzumutbar" sind unklar und daher kritisch."

6. Das richtige Maß an Infos

Ein Zweitgespräch anzubieten sei immer eine gute Idee, meint Walter Reisenzein. Manche Arbeitnehmer seien so geschockt, dass sie das Endgültige der Situation nicht sofort realisieren. "Geben Sie den Betroffenen die Chance sich zu informieren, mit Personen ihres Vertrauens zu sprechen." Eine gute Idee sei es daher eine Trennung beispielsweise am Dienstag auszusprechen und einen Zweittermin zwei, drei Tage später anzubieten.

Mit Infos vorsichtig umzugehen rät Anna Mertinz - nämlich über die Gründe der Trennung. "Es besteht grundsätzlich keine Pflicht, Gründe für die Trennung zu nennen. Falls Sie entscheiden, Gründe zu nennen, wählen Sie Ihre Worte mit Bedacht und haben Sie Beweise parat." Besonders aufpassen müsse man bezüglich Diskriminierung wegen des Altersm Geschlechts, einer Behinderung oder Weltanschauung. "Es sind nicht nur unmittelbare, direkte Diskriminierungen ("Sie sind zu alt für diesen Job"), sondern auch mittelbare, versteckte Diskriminierungen ("Sie kennen sich mit den neuen Technologien einfach nicht mehr aus") kritisch", sagt Mertinz. (lhag, 7.5.2015)