Die Agenda Austria, laut Kurier eine "Denkfabrik für Millionäre", protestiert gegen meine in ihren Augen zu optimistische Renditerechnung bezüglich Richard Lugners Großvermögen (DER STANDARD, 4. Februar). Ich möge "verraten", wo über 70 Jahre sieben Prozent zu erzielen seien. Gern.

Erstens kamen die sieben Prozent von Lugner selbst. Zweitens habe ich mit fünf Prozent per annum (real) gerechnet und nicht mit sieben Prozent (nominal), um die Inflation zu berücksichtigen. (Trotzdem sind die Ergebnisse so frappierend: 1,1 Milliarden für die Urenkerl mit Steuer, mehr als vier Milliarden ohne.)

Thomas Piketty, verlässliche Quelle zum Thema, gibt für Großvermögen reale Langzeitrenditen von sechs bis sieben Prozent an. Die milliardenschweren Eliteuniversitäten Harvard und Yale erzielten laut Piketty in den letzten 30 Jahren im Schnitt 10,2 Prozent real - mehr als das Doppelte dessen, was ich gerechnet habe.

Selbst wenn man die Rechnung mit nur drei Prozent real macht, wie die Agenda, und zudem eine Vermögenssteuer von ein Prozent abzieht, also eine reale Rendite von zwei Prozent annimmt (für Großvermögen zu gering), hätten die Lugner-Urenkerl nach 70 Jahren rund das 1,5-Fache von 135 Millionen und nicht einen Bruchteil.

Unrealistisch ist wohl eher die Rechnung der Agenda, nach der von Großvermögen nach nur 30 Jahren "die Hälfte an den Staat ginge" (laut ihrer Website). Neben der Kernfrage der Kapitalrendite ist mir die Korrektur des rhetorischen Kurzschlusses wichtig, dass Erbschaftssteuern "in Cash hingelegt" werden müssten, und das auch noch sofort.

Es gibt viele Möglichkeiten, Erbschaftssteuern kreativ zu gestalten. Erstes Beispiel: Erbschaften über den (hohen) Freibeträgen fließen in einen Generationenfonds und von dort zu jenen, die erblos an den Start gehen: "negative Erbschaftssteuer".

Eine solche Lösung würde neben der Chancengleichheit auch den Generationenvertrag stärken. Via "Generationenfonds" finanzieren die Jungen die Alten (über Pensionen) und die Alten die Jungen (über Erbschaften). Kreativ wäre, beide Ströme zu verbinden und in Zeiten steigender Pensionslast (und steigender Erbmasse) das Pensionssystem zu entlasten.

Eine zweite Möglichkeit wäre, dass Unternehmensanteile, die nicht von den Jungen übernommen werden, in eine MitarbeiterInnenstifung wandern oder an Kollegen, die bereit sind, Risiko zu übernehmen, aber nichts geerbt haben. So würde sich das Eigentum breiter streuen, anstatt sich immer mehr zu konzentrieren, und zweitens würde unternehmerisches Denken und Handeln gefördert. Die Entrichtung der Erbschaftssteuer über einen längeren Zeitraum von zum Beispiel zehn Jahren böte weiteren Gestaltungsspielraum.

Zur Erinnerung: In den USA lag der Spitzensteuersatz auf Erbschaften zwischen 1942 und 1982 zwischen 70 und 80 Prozent, gegenwärtig beträgt er nur noch 40 Prozent. (Christian Felber, DER STANDARD, 11.2.2015)