Bild nicht mehr verfügbar.

Wladimir Putin auf der Akropolis in Athen kurz nach seinem Amtsantritt als russischer Präsident 2001

Foto: Reuters

In meinem letzten Standard-Kommentar zu Griechenland habe ich geschrieben, die Regierung von Alexis Tsipras "will Geld verteilen, das sie nicht hat und das ihr weder private Investoren noch andere Staaten borgen werden."

Vielleicht habe ich mich mit dem letzteren geirrt. Kein EU-Land wird eine Erhöhung der griechischen Staatsausgaben, mit der Tsipras seine Wahlversprechen einlösen will, finanzieren. Aber vielleicht tut es Russland.

Vergangene Woche hat der russische Finanzminister Anton Siluanow Griechenland Finanzhilfe in Aussicht gestellt. Für beide Länder wäre dies ein politischer Coup: Griechenland könnte sich vom Joch des EU-Rettungsschirmes befreien, der auch nach dem Hinausschmiss der Troika seinen Handlungsspielraum bestimmt, und Russland hätte einen weiteren Schritt zur Spaltung der Union getan.

Mehr als ein vorübergehender Schulterschluss

Wenn man sich das Szenario einer russischen Finanzhilfe durchdenkt, dann wird schnell klar, dass dies mehr wäre als nur ein vorübergehender Schulterschluss zwischen zwei befreundeten Nationen. Springt Russland finanziell ein, dann ist Griechenlands Weg aus der EU vorprogrammiert.

Vor einem Jahr hätte sich Wladimir Putin großzügige Hilfe für einen europäischen Verbündeten viel leichter leisten können als heute. Aber bei Währungsreserven von knapp 400 Milliarden Dollar gehen sich trotz Wirtschaftskrise einige Milliarden noch aus, um Unruhe in der EU zu stiften.

Allerdings wird Wladimir Putin kaum bereit sein, den Griechen Geld zu borgen, damit diese es sogleich an reiche EU-Staaten und die Europäische Zentralbank überweisen, um ihre Schulden zu begleichen. Doch genau das müsste Tsipras tun, wenn er die Verpflichtungen mit den Gläubigern einhalten will. Ende Februar läuft das jetzige Hilfsprogramm aus, ab dann sind monatlich mehrere Milliarden Euro für Zinsen und auslaufende Staatsanleihen fällig.

Schuldenmoratorium und Staatsbankrott

Putins Gelder würden wohl für einen anderen Zweck verwendet werden: Tsipras könnte einseitig ein Schuldenmoratorium erklären, also praktisch den Staatsbankrott, und dennoch die den Wählern versprochene Erhöhung der Staatsausgaben für mehr Beamte und höhere Gehälter durchführen. Dafür braucht er von Moskau, je nach seinen Ambitionen, vorerst nur einige hundert Millionen Euro im Monat.

Doch bei einem einseitigen Abbruch der Schuldenzahlungen würde die EZB die Finanzierung der griechischen Banken einstellen. Das Geldsystem des Landes, und damit die Wirtschaft, würden sofort zusammenbrechen.

Griechenland müsste dringend neues Geld drucken, um es in das Bankensystem zu pumpen. Aber das geht nicht innerhalb des Euro. Der Austritt und die Einführung einer nationalen Währung wäre der einzige Ausweg.

Grexit ohne EU-Austritt ist schwierig

Nun gibt es gute volkswirtschaftliche Gründe für einen Grexit, der zumindest mittelfristig Griechenland wieder schneller auf die Beine stellen könnte. Und obwohl rechtlich ein Austritt aus dem Euro ohne EU-Austritt nicht möglich ist, kann man davon ausgehen, dass die Brüsseler Juristen einen Weg dafür finden würden, wenn dies im Einvernehmen geschieht.

Doch die EU wird nicht ihre eigenen Gesetze biegen, um ein Griechenland als Mitglied zu behalten, das mit einer Großmacht paktiert, die diese Union zerstören will. Ein Athen, hinter dem Moskau steht, würde etwa alle zukünftigen Sanktionen gegen Russland mit Veto blockieren. Aber auch in anderen Bereichen droht durch ein intransigentes Mitglied eine ständige Lähmung der Union.

Kommt der Grexit durch Beteiligung Russlands, dann ist der EU-Austritt der logische nächste Schritt. Und das hätte dramatische Auswirkungen auf die gesamte Balkanregion.

Das wollten die Wähler nicht

Aber auch für Griechenland wäre dies ein radikaler Kurswechsel. Ob Tsipras dazu wirklich bereit ist, ist offen. Er und seine Vertrauten sind ganz offensichtlich höchst risikofreudig, doch ein EU-Austritt war nicht der Wunsch der Wähler, als sie für Syriza und andere populistische Parteien stimmten. Und die jüngsten Aussagen des Premiers deuten wieder auf ein Einlenken hin.

Will Tsipras den EU-Austritt seines Landes nicht riskieren, dann muss er weiterhin ein Einvernehmen mit der EU und und der Eurozone suchen. Aber dann wird die so verlockende russische Karte wertlos. (Eric Frey, derStandard.at, 1.2.2015)