Renate Graber ist in vielem zuzustimmen ("Der Dumme ist der Steuerzahler", DER STANDARD, 2. Dezember), vor allem, wenn sie das organisatorische Chaos um die Hypo-Verhandlungen als einen der Hauptgründe für das unprofessionelle Verhandeln Österreichs festmacht. Ihr ist jedoch zu widersprechen, wenn sie meint, dass die am vergangenen Freitag erfolgte Sistierung der Verhandlungen mit Advent/EBRD einen Tag vor Ablauf der gesetzten Frist eher vorteilhaft als nachteilig ist.

Mit der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung hatte Advent einen seriösen, an der Stabilisierung der Balkan-Wirtschaften interessierten Partner an Bord, der Garant dafür ist, dass es hier zu keiner Filetierung, zu keinem Geierfonds-üblichen Verhalten kommt, und der auch dafür sorgt, dass die Banken in Serbien, Slowenien, Kroatien, Bosnien und Montenegro nach besten Corporate-Governance-Grundsätzen geführt werden.

Warum hat die österreichische Regierung den Deal platzen lassen? Sicher hat Advent hart verhandelt und sich maximal abzusichern versucht. Doch ist Grabers Argument, dass Österreich nun prüfen könnte, ob der andere Bieter, das bulgarisch-russische Konsortium einen für Österreich vorteilhafteren Deal bietet, eigenartig: Das hätte man vor der Entscheidung, mit Advent exklusiv zu verhandeln, prüfen müssen.

Verantwortung des Ministers

Für Österreichs internationales Renommee, für die im März so vielbeschworene Stabilität des Finanzplatzes (das vom damaligen Minister als ausschlaggebend für die Verwerfung der Insolvenzlösung ins Treffen geführt wurde) ist diese Vorgehensweise Gift: Noch vergangenen Montag hat EBRD-Präsident Chakrabarti mit Finanzminister Schelling gesprochen – kein Hinweis auf Schwierigkeiten. Am Mittwoch hat der EBRD-Verwaltungsrat 50 Millionen Euro für den Einstieg der EBRD bewilligt. Zwei Tage später, am Freitag, lässt man den Deal platzen? Das stellt der Paktfähigkeit Österreichs kein gutes Zeichen aus, leider auch der Verantwortung des Finanzministers, der als Eigentümervertreter die Hypo-Abwicklung organisieren sollte: Hat er die vielen, teilweise widersprüchliche Interessen vertretenden Akteure nicht im Griff? Wo ist eine Gesamtstrategie? Will man nach vier Jahren Nicht-Aktivität (seit der Verstaatlichung) weiter auf Steuerzahlerkosten herumwurschteln?

Es ist Aufgabe des Ministers, diesem Organisations- und Verantwortungschaos endlich Einhalt zu gebieten. Er muss Struktur und Richtung in die vielen Akteure bringen und die Interessen der Steuerzahler wahren. Der Verhandlungsverlauf zeigt, dass er diese Verantwortung bisher nicht wahrgenommen hat, sondern sich lieber aus der Schusslinie bringt. Das mag aus seiner Sicht verständlich sein, da er mit dieser ererbten Causa dolorosa keine politischen Lorbeeren ernten können wird. Die Steuerzahler werden zusätzlich zu den schon klaren Kosten noch viele weitere Milliarden hinbuttern müssen. Fünf Prozent eines österreichischen Jahres-BIP sind realistisch. Da kann man doch zumindest klare und professionelle Vorgangsweisen von einem im Management geschulten Finanzminister erwarten. (Kurt Bayer, DER STANDARD, 3.12.2014)