Wien - Die SPÖ hat endgültig das alte Lieblingsthema Pensionsautomatik wiederentdeckt. Kanzler Werner Faymann und Sozialminister Rudolf Hundstorfer rückten am Mittwoch aus, um den Vorschlag der ÖVP ein für alle Mal zu verteufeln.

"Ich bin froh, dass ich hier mit Rudi Hundstorfer stehe und nicht mit einem Automaten", läutete Faymann die Pressekonferenz ein. Die "Doppelmühle" – wenige Jobs und längeres Arbeiten – sei "unmenschlich und zynisch". Vermutungen, man stürze sich nur auf das Thema, um für den Parteitag am Freitag und Samstag die Genossen zu mobilisieren, wollte der Kanzler nicht teilen. "Eindeutig" hätte man die Journalisten auch dann eingeladen, wenn nicht seine Wiederwahl als SPÖ-Chef anstünde.

Hundstorfer statt Automat: So will es der Kanzler. Dass die Pensionsausgaben nicht explodieren, soll die Grafik zeigen.
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"ÖVP ist dieselbe geblieben"

Ein Blick auf die koalitionäre Gemütslage ergab bei Faymann folgenden Befund: "Das persönliche Verhältnis zum Vizekanzler ist gut. Die ÖVP ist dieselbe geblieben." So richtig verstehen könne er freilich nicht, warum ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner nun die alte Automatik-Idee wieder aufs Tapet gebracht hat. Im Koalitionspakt sei vereinbart, 2016 zu kontrollieren, ob die in den vergangenen Jahren gesetzten Maßnahmen im Pensionssystem, vor allem bei der Invaliditätspension, greifen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sei er gegen "Angstmache".

Mitterlehner, der schon am Dienstag nach dem Ministerrat für die Automatik warb, reagierte via Twitter auf den Kanzler:

Hundstorfer schickte seine Mitarbeiter gar ins Archiv, um Argumente gegen die Das-Pensionssystem-ist-unfinanzierbar-Thesen zu sammeln. Der vermeintlich gefundene Beweis: ein Artikel aus dem Jahr 1959. Der Titel "Sozialstaat in der Sackgasse" habe sich schließlich bis heute nicht bewahrheitet.

"Das können wir uns alles sparen"

Der Sozialminister bemühte sich allerdings auch um aktualitätsbezogenes Kontra: In keinem Land der Welt gebe es einen Automatismus, wonach das Pensionsantrittsalter mit der Lebenserwartung steigen müsse. Im oft gelobten Schweden habe es einmal eine automatisch durchgeführte Pensionskürzung gegeben. Mit der Folge, dass die Politik diese über Steuergutschriften "abgefangen" habe. "Das können wir uns alles sparen." Für die SPÖ bleibe daher die Devise: Am Ende muss immer ein Mensch, gemeint ist die Politik, entscheiden.

Auch das aktuelle Gutachten der Pensionsreformkommission, das von den Experten am Dienstag nur mit knapper Mehrheit beschlossen wurde, ist für Hundstorfer trotz deutlich steigender Kosten kein Grund zur Panik. Rechne man auch die Ausgaben für die Beamtenpensionen ein, zeige sich ein halbwegs stabiles Bild bis 2060. "Hier wird versucht, Kleingeld zu wechseln."

Bis sich das nächste Mal im Pensionssystem etwas tut, muss sich die Bevölkerung noch ein paar Monate gedulden. Das geplante Bonus-Malus-System, das die Beschäftigung Älterer ankurbeln soll, wurde ja mangels Einigung der Sozialpartner verschoben. "Unnötigerweise", wie der Kanzler findet. So sei das eben in der Realpolitik, ergänzte Hundstorfer. Zusatz: Nach der Wirtschaftskammer-Wahl im Februar sei aber mit einem Beschluss zu rechnen. (Günther Oswald, derStandard.at, 26.11.2014)