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Online-Werbemarkt: Nur "Krümel" für Österreichs Medien, monieren die Verleger und fordern ein nationales Leistungsschutzrecht.

Foto: AP/Sanchez

Wien - Der Rechtswissenschafter Nikolaus Forgo hat im Auftrag von Google ein Gutachten zum Leistungsschutzrecht für Presseverleger erstellt. Fazit: Eine Einführung in Österreich sei "weder sachlich noch rechtlich begründet". Forgo warnt vor "jahrelangen Rechtsstreitigkeiten" und dem Risiko einer "weiteren Marginalisierung und Konzentration der österreichischen Presselandschaft". Völlig anders sehen die Causa hingegen die Verleger. Sie kritisieren das Gutachten und orten ein "Spiel auf Zeit".

Europaweite Standards

Der gebürtige Österreicher Forgo, der das Institut für Rechtsinformatik an der Leibniz Universität Hannover leitet, hat für seine Analyse das deutsche Modell untersucht und warnt in seiner 14-seitigen Zusammenfassung eingangs vor einzelnen Länderlösungen in Europa, die eine "Zersplitterung der Rechtslage" zur Folge hätte. Stattdessen wären "europaweite einheitliche Standards" in dieser Frage anzustreben. Die deutsche Umsetzung sei aus seiner Sicht jedenfalls nicht erfolgreich.

Was die Situation in Österreich betrifft, bezieht sich Forgo in seinen Ausführungen auf den im Sommer öffentlich gewordenen Entwurf zum neuen Urheberrechtsgesetz. Dieser wurde damals vom Justizministerium als einer von mehreren Fachentwürfen bezeichnet. Grundsätzlich sei ein Schutzrecht laut Forgo nur dort erforderlich, "wo ohne ein solches ein Marktversagen droht. Diese Konstellation liegt in Bezug auf Presseerzeugnisse im Verhältnis zu Suchmaschinenbetreibern nicht vor."

"Ergänzung"

Im Gegenteil würden Suchdienste Presseverleger bei der Zurverfügungstellung ihrer Inhalte unterstützen und "ergänzen deren Internetpräsenz". Folglich sei das Zusammenspiel von Inhalts- und Suchmaschinenbetreibern "das Ergebnis eines arbeitsteiligen Verhaltens im Markt", so Forgo. Es sei nicht ersichtlich, warum Erzeugnisse von Presseverlegern "anders behandelt werden sollen als andere Publikationen im Internet".

Mehrfach verweist Forgo darauf, dass Presseverleger ihre Inhalte "freiwillig" einer Verwertung im Internet zuführen und diese dort "für Newsaggregatoren durchsuchbar und referenzierbar machen". Ein Leistungsschutzrecht könne aus seiner Sicht vielmehr schädlich sein für "neue Geschäftsmodelle, Vertriebskanäle und Entstehungsformen", die sich für Medien im Internet ausbilden.

Den derzeit vorhandenen, wettbewerbsrechtliche Schutz bezeichnete Forgo als ausreichend. Im Gesetz gegen unterlauteren Wettbewerb gelte außerdem der Grundsatz, dass die Benutzung "fremder Ergebnisse im Wettbewerb" insofern zulässig sei, "da heutzutage nahezu jede Leistung auf fremden, vorbestehenden Leistungen aufbaut". Entsprechend spricht sich der Rechtswissenschafter gegen eine "überhastete Einführung" des im Entwurf vorgesehenen Leistungsschutzrechts aus.

VÖZ drängt auf Reform

Wenig Neuigkeitswert erkennt hingegen der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) in dem von Google in Auftrag gegebenen Gutachten zum Leistungsschutzrecht. "Es kleidet lediglich die altbekannten Schutzbehauptungen des Netz-Giganten in akademisches Gewand", so VÖZ-Geschäftsführer Gerald Grünberger. Das ändere nichts an der Tatsache, "dass das heimische Urheberrecht dringend reformbedürftig ist".

Derzeit seien Verlagsinhalte vor der "gewerblichen Ausbeutung durch Dritte in Österreich nur unzureichend geschützt", teilte Grünberger am Dienstag in einer Aussendung mit. Dass der Rechtswissenschafter Nikolaus Forgo in dem Google-Gutachten für eine europäische Lösung plädiere, sei insofern nicht verwunderlich, als diese "frühestens in einem halben Jahrzehnt beschlossen werden kann", unterstrich der Verbandsgeschäftsführer. "Das Spiel auf Zeit nützt Google. Jeder Tag, der ohne klare gesetzliche Regeln verstreicht, ist ein Tag mehr, den Google verwendet, um dem Markt seine Bedingungen zu diktieren. Wir brauchen jetzt eine nationale Lösung."

Spanien als Vorbild

Diesbezüglich verweist Grünberger neuerlich auf eine kürzlich veröffentlichte Studie des Institutes für Höhere Studien im Auftrag des VÖZ, die die Dominanz Googles am heimischen Online-Werbemarkt darstelle. Für heimische Player würden "nur mehr Krümel übrig" bleiben. "Diese reichen nicht, um journalistischen Content zu refinanzieren." Lernen könne man hingegen von Spanien, wo kommendes Jahr eine entsprechende Gesetzesreform in Kraft tritt, die Google und andere Suchmaschinenanbieter zu Abgaben verpflichtet. Speziell eine "zwingende gesetzliche Vergütung für die Nutzung von Textausschnitten" sei laut VÖZ zu berücksichtigen.

Erst vor wenigen Tagen machte EU-Kommissar Günther Oettinger, der die digitalen Agenden verantworten wird, einen Vorstoß in Richtung einer europaweiten Google-Abgabe. Oettinger kündigt einen Entwurf für europaweiten Schutz von geistigem Eigentum im Internet und über die Rechte der Urheber an. Und für eine Vergütung für die Nutzung - etwa auch durch Google. (APA, red, 4.11.2014)