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Das Carlos-III-Spital in Madrid, in dem ein an Ebola erkrankter Priester verstarb.

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Medizinisches Personal in Schutzanzügen beim Transport einer Ebola-infizierten Frau in das Universitätsspital in Oslo.

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Der Gebäudekomplex des Salzburger Krankenhauses mit der Isolationsstation, auf der sich ein 15-Jähriger aus Liberia befindet.

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Madrid/Oslo/Salzburg – Eine norwegische Mitarbeiterin der Organisation Ärzte ohne Grenzen (Médecins Sans Frontières, MSF) hat sich in Sierra Leone mit dem Ebola-Virus angesteckt und wurde zurück nach Oslo gebracht. In der spanischen Hauptstadt Madrid gibt es im Umfeld der ersten in Europa infizierten Frau, einer Krankenschwester, drei weitere Verdachtsfälle. Und im Fall jenes 15-Jährigen aus Liberia, dessen Ergreifung zur Auslösung des Ebola-Alarmplanes am Salzburger Landeskrankenhaus geführt hat, ist zwar nicht die Rede von einem offiziellen Verdachtsfall, der junge Mann gilt aber weiterhin als Hochrisikopatient.

Flüchtling in Salzburg klinisch gesund

Der Jugendliche hat weder Fieber noch sonstige Symptome. Damit sei der Patient auch nicht ansteckend, hieß es bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz an der Salzburger Universitätsklinik am Dienstag. Laborproben wurden bereits eingeschickt. Von den Ergebnissen erwartet man sich nicht viel: Diese seien erst ab einer Temperatur von 38,5 Grad aussagekräftig, erklärte der Vorstand für Innere Medizin III, Richard Greil. Bis Dienstag soll der 15-Jährige im "Schleusenzimmer" des Krankenhaus beobachtet werden.

Für einen Verdachtsfall sprechen laut Definition des Robert-Koch-Instituts unter anderem: Fieber mit mehr als 38,5 Grad Celsius und direkter Kontakt mit Blut oder anderen Körperflüssigkeiten von Ebola-Erkrankten, beruflicher Kontakt mit Ebola-Viren oder Kontakt mit infizierten Wildtieren oder ein Aufenthalt in betroffenen Ländern mit Symptomen.

"Es geht ihm gut, er ist klinisch gesund, er bekommt keine Medikamente. Der Patient sagt, er fühlt sich wohl", sagte Viktoria Faber, Oberärztin an der Universitätsklinik, bei der Pressekonferenz. Über die Flucht aus Liberia gibt es keine detaillierte Darstellung. "Wir nehmen an, dass er durch eine Schlepperbande heraufgekommen ist", sagte Faber. Er sei in einem Auto auf dem Weg zum Erstaufnahmezentrum Thalheim gewesen. Die Kommunikation mit dem Flüchtling sei schwierig, weil er nicht ausreichend Englisch spreche, erklärte die Oberärztin. Das Spital bemüht sich nun um einen Dolmetscher.

Der junge Mann wurde laut Michael Haybäck, Leiter des städtischen Amtes für öffentliche Ordnung, gestern in der Stadt Salzburg nahe des Hauptbahnhofes im Rahmen einer Polizeikontrolle in einem Pkw aufgegriffen und dann auf die Polizeiinspektion Wals-Siezenheim (Flachgau) gebracht. Dort erzählte der Teenager den Beamten, dass seine Familie vor zwei Monaten an Ebola gestorben sei und er sie bis zuletzt gepflegt und auch beerdigt habe. Danach sei er in einem Boot auf dem Seeweg nach Europa geflüchtet.

Drei weitere Fälle in Spanien

Im Fall der Norwegerin wurde am Dienstag die Behandlung im Osloer Universitätsklinikum Ullval fortgesetzt, berichtet die Organisation Ärzte Ohne Grenzen am Montagabend. Wo die Frau sich mit dem Virus infiziert hat, war zunächst unklar. Tests am Sonntag hätten die Infektion bestätigt, hieß es. Die Familie der Frau sei informiert.

In Spanien ist eine Krankenpflegerin die erste Person, die sich mit dem Ebola-Virus außerhalb Afrikas angesteckt hat. Das Gesundheitsministerium in Madrid bestätigte, dass zwei Tests positive Ergebnisse gaben. Der Zustand der Pflegerin sei stabil, sie werde mit dem Blutplasma einer Ordensschwester aus Liberia behandelt, die die Erkrankung überlebte. Ihr Ehemann stehe unter Quarantäne, "weise aber keine Symptome auf", betonte Mercedes Vinuesa, Direktorin des öffentlichen Madrider Gesundheitsdienstes. Eine Hotline wurde eingerichtet und ein Notfallprotokoll aktiviert. Denn: "Weitere Fälle können nicht ausgeschlossen werden."

Die infizierte Pflegerin war mit der Behandlung zweier aus Sierra Leone und Liberia zurückgekehrter spanischer Missionare im Spital Carlos III. betraut: Manuel Garcia Viejo (69), der am 25. September – drei Tage nach seiner Rücküberstellung – dem Virus erlag, sowie Miguel Parajes (75), der bereits am 12. August verstarb.

Die betroffene Pflegerin selbst forderte nach mehr als sechs Tagen mit hohem Fieber einen Test auf Ebola – vergebens. Stattdessen beurlaubte man sie und schickte sie heim. "Mehr als 38,6 Grad Temperatur hatte sie nicht", rechtfertigte dies der Madrider Primar Antonio Alemany.

Bisher wurden 24 Verdachtsfälle – primär Immigranten und Reisende aus den betroffenen Staaten – in Spanien negativ getestet. Doch eine zweite Krankenschwester ist möglicherweise ebenso infiziert, neben zwei weiteren Verdachtsfällen, die am Dienstag bekannt wurden.

Kritik an Ministerium

Gesundheitsministerin Ana Mato vom Partido Popular (PP) gab in einer Pressekonferenz zu, "keine Ahnung zu haben, wie viele Menschen mit der Pflegerin in Kontakt waren" – angeblich "zwischen 30 und 60". Eine erste Liste sei "so gut wie fertig". Man "garantiere die bestmögliche Behandlung der Patientin und den Schutz der Bevölkerung", versuchte Mato zu beruhigen, während sie Fragen zur politischen Verantwortung auswich. Das Gesundheitsressort war eines der am härtesten von den Sparmaßnahmen der Regierung unter Premier Mariano Rajoy betroffenen.

Hatte Mato noch vor wenigen Tagen EU-Partnern ihre Expertise in puncto Ebola offeriert, ist es nun die Brüsseler EU-Kommission, die von Spanien baldige Erklärungen einforderte: "Es ist klar, dass irgendetwas schiefgegangen sein muss", sagte ein Kommissionssprecher.

Denn auch die Quarantänestation des Carlos-III.-Spitals wurde nach dem Ableben der Missionare wieder abgebaut. Es gebe folglich keine sicheren Behandlungsmöglichkeiten für weitere Fälle, empörten sich Oppositionspolitiker.

Von Mängeln spricht auch das medizinische Personal. Ärzte und Pfleger des Carlos III.-Spitals seien nicht regelmäßig getestet worden, obwohl sie das gefordert hätten, sagte José Manuel Freire Calvo, Präsident der Madrider Krankenpflegergewerkschaft SATSE. Man habe lediglich ein 15-minütiges Briefing erhalten und zweimal täglich Fiebermessen müssen.

Er forderte den Rücktritt der Gesundheitsministerin – wie tausende User sozialer Netzwerke, die eine Demonstration für Dienstagabend vor dem Ministerium organisierten. Krankenpfleger riefen zu landesweiten Protesten auf.

EU-Kommission fordert Aufklärung

Auch die EU-Kommission forderte Spaniens Gesundheitsministerin auf, für "Aufklärung" des ersten Ansteckungsfalls in Europa zu sorgen, wie ein Kommissionssprecher am Dienstag sagte. Es sei "offensichtlich, dass es irgendwo ein Problem gibt."

US-Präsident Barack Obama versuchte unterdessen seine Landsleute zu beruhigen. Das Risiko einer Epidemie in den USA sei "außerordentlich gering", sagte Obama am Montag in Washington. Er rief die internationale Gemeinschaft auf, sich stärker gegen Ebola in Westafrika einzubringen.

Vergangene Woche war in den USA erstmals ein Ebola-Fall festgestellt worden. Der Patient hatte sich in seiner Heimat Liberia infiziert. Der Erreger wurde aber erst diagnostiziert, nachdem der Mann zu einem Familienbesuch nach Texas gereist war. Nach einer Ansteckung vergehen bis zu 21 Tage, bis erste Zeichen der Krankheit wie Fieber und Übelkeit auftreten.

In Westafrika geht die Weltgesundheitsorganisation (WHO) von mittlerweile mehr als 3.500 Ebola-Toten aus. Insgesamt waren bis Freitag 7492 Krankheitsfälle gemeldet. Betroffen sind vor allem Liberia, Guinea und Sierra Leone. (Jan Marot, Stefanie Ruep, DER STANDARD; APA/Reuters; 7.10.2014)

Die Maßnahmen bei einem Verdachtsfall

In den westlichen Industriestaaten kann es – so die Weltgesundheitsorganisation (WHO) – sporadisch zu eingeschleppten Ebola-Fällen kommen. Das Vorhandensein eines funktionierenden Gesundheitswesens lässt eine Verbreitung aber extrem unwahrscheinlich erscheinen. Österreichs Ärzte sind seit längerer Zeit von den Gesundheitsbehörden via Landesärztekammern informiert worden. Hier in Grundzügen die Sicherheitsbestimmungen:

"Prinzipiell ist derzeit das Auftreten eines Verdachtsfalles (...) als gering einzuschätzen. Es gibt keine Direktflüge von Afrika nach Österreich, wohl aber die Möglichkeit, dass ein Infizierter mit einem Anschlussflug am Flughafen (...) eintrifft oder über andere Verkehrswege nach Österreich gelangt", heißt es in den entsprechenden Unterlagen, die der APA vorliegen.

Fieber und bestätiger Kontakt

Für einen Verdachtsfall sprechen laut der gültigen Definition des deutschen Robert-Koch-Instituts folgende Fakten: Bei Fieber (mehr als 38,5 Grad Celsius) UND direktem ungeschütztem Kontakt mit Blut oder anderen Körperflüssigkeiten von Ebola-Erkrankten oder Krankheitsverdächtigen oder Kontakt (unter einem Meter) mit einem Ebola-Erkrankten oder Krankheitsverdächtigen (inkl. Haushaltskontakte, Flugpassagiere) ODER beruflichem Kontakt mit Ebola-Viren oder infizierten Wildtieren ODER Aufenthalt in betroffenen Ländern mit anschließender Symptomatik ODER Kontakt zu möglicherweise infizierten Wildtieren oder Aufenthalt in Höhlen, Minen.

Laut einer Audiokonferenz, die am 22. August europaweit unter Beteiligung der Gesundheitsministerien stattfand, sind als Personen mit einem hohen Expositionsrisiko Menschen mit einem Kontakt (weniger als ein Meter ohne Schutzkleidung) mit einem Verdachts-, Erkrankungs- oder Todesfall zu betrachten. Auch bei Verletzungen (z. B. Nadelstichverletzungen) oder Schleimhautkontakt durch Körperflüssigkeiten, Gewebe oder Laborproben von solchen Personen ist von einem höheren Risiko auszugehen. Schließlich gilt auch noch direkter Kontakt mit Fledermäusen, Nagetieren oder Primaten (tot oder lebendig) oder der Konsum von "Bush Meat" als Risiko.

Idealerweise sollen Personen, die innerhalb von 21 Tagen nach Rückkehr aus einem betroffenen Gebiet an Fieber und mit Ebola kompatiblen Symptomen erkranken, den Arzt telefonisch kontaktieren. Sollte der Patient bereits in der Ordination oder Ambulanz persönlich vorsprechen, sind Schutzvorkehrungen für Personal und Patienten zu treffen. In Ambulanzen wird das natürlich das Anlegen von Schutzkleidung sein. In Krankenhäusern wird weiters für die betroffene Abteilung eine Aufnahmesperre verhängt werden, andere Patienten sollten ferngehalten werden.

Telefonische Vorinformation

Sollte ein konkreter Verdacht auf eine Ebola-Infektion bestehen, sollte der Arzt, der eine Überweisung an eine spezialisierte Krankenhausabteilung (Infektionsabteilung, Möglichkeit zur Isolation von Patienten) ausstellt, das jeweilige Krankenhaus telefonisch vorinformieren.

Gleiches gilt natürlich für den Krankentransport. Der Patient ist ausnahmslos mit einem Spezialfahrzeug des Rettungsdienstes ins Krankenhaus zu bringen. Die entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen werden vom jeweiligen Rettungsdienst (Wiener Berufsrettung, Rotes Kreuz etc.) getroffen.

Alle Personen, die in direktem ungeschütztem Kontakt zum symptomatischen Patienten gestanden sind (Abstand weniger als ein Meter und/oder Kontakt mit Körperflüssigkeiten), gelten als Kontaktpersonen und sind in eine Liste einzutragen. Die Erhebung erfolgt in enger Zusammenarbeit der erstbehandelnden Ärzte und der Gesundheitsämter. Die Liste liegt bei den Gesundheitsämtern auf.

Allen Kontaktpersonen werden Informationsblätter mit Temperaturprotokollen ausgehändigt. Kontaktpersonen müssen über einen Zeitraum von 21 Tagen zweimal täglich die Körpertemperatur messen und in das Temperaturprotokoll eintragen. Die Gesundheitsämter fragen aktiv zumindest im Abstand von fünf Tagen nach.

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Grafik: APA

Meldepflicht bei Verwaltungsbehörde

Für Ebola-Verdachtsfälle gilt eine Meldepflicht bei der zuständigen lokalen Verwaltungsbehörde durch den Arzt, der als Erster kontaktiert worden ist (Gesundheitsamt etc.). Dem Gesundheitsamt ist zusätzlich die Liste der Kontaktpersonen inklusive ihrer telefonischen Erreichbarkeit zu übermitteln.

Mikrobiologische Proben für die Abklärung eines Ebola-Verdachts werden unter den geltenden Sicherheitsauflagen an spezialisierte Labors mit der Möglichkeit einer Polymerase-Chain-Reaction-unterstützten Testmethode geschickt. Ehemals wurden die Proben im Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg untersucht. Mittlerweile hat die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) ebenfalls diese Testmethoden auf Ebola-Viren in Österreich etabliert. Das Ergebnis liegt an sich binnen kurzer Zeit, also innerhalb von Stunden, vor. Die notwendige Zeit für die Abklärung hängt vom Transportweg ab.

Zum Schluss: Alle erhobenen Kontaktpersonen werden natürlich von der Gesundheitsbehörde aktiv vom Ergebnis der Untersuchung des Indexpatienten (des Verdachtsfalles) verständigt. (APA, 7.10.2014)