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Während der IWF Österreich zu einer massiven Ausgabenkürzung auffordert, plant die Gewerkschaft eine Steuerreform in Höhe von sechs Milliarden Euro.

Foto: APA/dpa/dpa/Peter Kneffel

Wien - Der Wettkampf um Vorschläge zur Steuerreform ist voll entbrannt. Der Gewerkschaftsbund plädiert in seinem gemeinsam mit der Arbeiterkammer erarbeiteten Steuerreformkonzept für eine Entlastung von rund sechs Milliarden Euro. Man wolle alle Steuerzahler, die Gering- aber auch die Besserverdiener, entlasten, sagte ÖGB-Chef Erich Foglar im Ö1-"Morgenjournal. Die ÖVP-Arbeitnehmer (ÖAAB) haben zusätzlich ein eigenes Konzept mit einem Volumen von 5,5 Milliarden präsentiert.

Relativ allgemein gehalten ist der ÖGB-Vorschlag zur Gegenfinanzierung: Die Gewerkschaft will zwei Milliarden Euro über Vermögenssteuern hereinbringen. Eine weitere Milliarde soll aus dem Kampf gegen Steuerbetrug kommen, zwei Milliarden aus dem Abbau steuerlicher Doppelgleisigkeiten zwischen Bund und Ländern sowie der Streichung steuerlicher Begünstigungen. Die sechste Milliarde soll sich quasi selbst finanzieren (durch steigende Einnahmen aufgrund des vermehrten Konsums).

Spitzensteuersatz ab 80.000 Euro

Beim Eingangssteuersatz will der ÖGB eine Senkung auf 25 Prozent (derzeit 36,5). Der höchste Steuersatz von 50 Prozent soll erst bei Einkommensteilen ab 80.000 Euro greifen (derzeit bereits ab 60.000) – ein Zugeständnis an die Christgewerkschafter, schreibt die "Wiener Zeitung".

Bei der Negativsteuer sieht das Papier einen Anstieg auf maximal 450 Euro vor (derzeit maximal 110 Euro). Anspruch auf diese Steuergutschrift haben all jene, deren Einkommen unter der Steuerfreigrenze von 11.000 Euro liegt. Das Steuerkonzept soll am Dienstag im ÖGB-Vorstand beschlossen werden, am Nachmittag planen ÖGB-Präsident Erich Foglar und AK-Präsident Rudolf Kaske diesbezüglich ein Pressestatement.

Vorschlag mit Gewicht

Vor allem innerhalb der SPÖ haben die Vorschläge der Arbeitnehmerseite durchaus Gewicht. Für die Steuerreformkommission, die bis Ende des Jahres im Auftrag der Regierung Vorschläge erarbeiten soll, hat die SPÖ unter anderem AK-Direktor Werner Muhm, die AK-Bereichsleiterin für Wirtschaft, Maria Kubitschek, sowie den AK-Steuerexperten Otto Farny nominiert.

Offizielles SPÖ-Modell werde der ÖGB-AK-Vorschlag dennoch nicht, hieß es am Dienstag im Büro von Staatssekretärin Sonja Steßl, die die Steuergruppe für die Roten auf politischer Seite koordiniert. Sie verspüre aber "Rückenwind" durch die Vorschläge und gehe grundsätzlich auch davon aus, dass der Eingangssteuersatz auf 25 Prozent gesenkt wird. Das sei auch im Regierungsprogramm so verankert. "Bis Ende des Jahres soll alles geprüft werden und ein Konzept vorliegen.“ Bis März soll es eine politische Einigung geben.

Regierung bei Volumen zurückhaltender

Hinsichtlich des Volumens einer Entlastung waren die Regierungsspitzen zuletzt etwas zurückhaltender als der ÖGB. Der neue Finanzminister Hans Jörg Schelling und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (beide ÖVP) sprachen von vier Milliarden Euro, Kanzler Werner Faymann (SPÖ) von vier bis sechs Milliarden. Endgültige Klarheit soll die Regierungsklausur Ende September bringen.

Schelling gab sich am Dienstag – so wie auch die anderen ÖVP-Regierungsmitglieder – pragmatisch. Es gebe viele Konzepte, die man nun alle bewerten müsse. "Ich bedanke mich für die Ideen“, sagt Schelling.

Mitterlehner: Staatsverschuldung schon hoch

Auch Mitterlehner verwies auf das Finanzministerium. Es sei sehr positiv, dass es so viele Vorschläge gebe. "Diese müssen nun im Finanzministerium entsprechend bearbeitet und begutachtet werden.“ Man müsse aber auch den Bericht des IWF in die Diskussionen miteinbeziehen. Was das strukturelle Defizit betrifft, stehe Österreich gut da. Kritik äußere der IWF aber an der hohen Staatsverschuldung. Damit sind "der Rahmen und die Struktur für die weitere Vorgehensweise klar gegeben“, sagt Mitterlehner. Er will sich auf keine weiteren Diskussionen einlassen und der Arbeit der Steuerreform-Kommission nicht vorgreifen: "Es wäre absolut sinnlos.“

Für Innenministerin und ÖAAB-Chefin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) wird es "um den Wettbewerb der Besten gehen, um die Arbeitnehmer, die Arbeitnehmerinnen und die Familien zu entlasten.“ Jede Idee sei willkommen. Vermögens- und Erbschaftssteuern lehne sie aber ab. Der Schwerpunkt der Entlastung müsse auf den Einkommen von 1100 bis 4500 Euro Brutto und den Familien liegen.

Wobei die Haltung der schwarzen Arbeitnehmer etwas widersprüchlich ist. Die Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG) trägt die ÖGB-Vorschläge samt Vermögenssteuern mit. Das Papier ist "selbstverständlich akkordiert", sagte FCG-Chef Norbert Schnedl zum STANDARD. Das vom ÖAAB vorgestellte Modell, das auf neue Steuern verzichtet, kenne er hingegen "nicht im Detail". (APA/go, ekk, 16.9.2014)