Berlin/Wien - "Entflechtung wie bei Strom- und Gasnetzen" wollte der deutsche Wirtschaftsminister Siegmar Gabriel im Mai bei Google "ernsthaft erwägen". Das deutsche Kartellamt sieht den Internetgiganten deutlich entspannter.

Ein Sprecher des Bundeskartellamts bestätigt Existenz und Tendenz eines Berichtes zum Suchmaschinenriesen, von dem "Financial Times" und nun auch die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" (FAS) berichten. Die Wettbewerbshüter sehen Google demnach deutlich entspannter als etwa Marktbeherrscher im Telekom- oder im Energiesektor - auch wenn der US-Konzern in seinem Gebiet 90 Prozent Marktanteil hat.

Entflechtung abwegig

Das Risiko einer gefährlichen Monopolstruktur sei auf anderen Märkten viel größer, zitiert die FAS aus dem Befund des Kartellamts: Angebote wie Google oder Facebook könnten - jedenfalls theoretisch - problemlos nachgemacht werden. Denn: Sie erforderten keine "irreversiblen Vorabinvestitionen" - wie Kraftwerke und Stromleitungen oder Mobilfunknetze.

Mit jeder Suche und jedem neuen Mitglied würden diese Angebote attraktiver und die Marktposition der Betreiber verbessert. Aber nicht unangreifbar - wie die Entwicklung einstiger Suchmaschinengiganten wie Alta Vista und Yahoo zeige. Eine Entflechtung von Google wäre nach Ansicht des deutschen Kartellamts abwegig.

Die Marktposition und Gefahren von Google sehen insbesondere Medienunternehmen doch deutlich anders: Sie werfen Google und seiner Tochter Youtube vor, Medieninhalte ohne Genehmigung und ohne Abgeltung kommerziell zu verwerten.

Puls 4 klagte Youtube

Der österreichischen Wettbewerbsbehörde schickte der ORF im Herbst 2013 eine Sachverhaltsdarstellung: Google bezahle einen Werbeblocker, dass er Werbung auf Google-Seiten durchlässt - das diskriminiere andere Werbeträger. Die Wiener Behörde dürfte in der Causa auf Brüssel warten: Der scheidende Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia brütet über Regelungen und verhandelt mit dem Internetriesen - Medien und andere Kommissare lehnten seinen Vorschlag über einen Deal ab.

Puls 4 klagte Google-Tochter Youtube zuletzt nach Urheber- und Wettbewerbsrecht. Der Sender von ProSiebenSat.1 strebt offenbar eine Regelung mit Google über Vermarktungserlöse an.

Wirtschaftsminister Gabriel trifft laut "Spiegel" im Oktober Google-Chef Eric Schmidt in Berlin zu einer weiteren Unterredung. (red, DER STANDARD, 19.8.2014)