Die Staatsanwaltschaft will Anklage in der mutmaßlichen Bestechungsaffäre rund um den Kauf der ungarischen MávCargo durch die ÖBB erheben. Ganz abgesehen von der strafrechtlichen Dimension, die von den Gerichten zu klären ist, stellt sich die Frage nach dem Nutzen derartiger Zukäufe. Bei der Máv hat die Staatsbahn 350 Millionen Euro in den Sand gesetzt. Andere teilstaatliche Unternehmen sind ähnliche Wege gegangen - nicht unbedingt zum Vorteil der Steuerzahler.

Die ÖBB ist dabei kein Einzelfall. Erst vergangene Woche hat die Telekom Austria bekanntgegeben, dass sie in Bulgarien 400 Millionen Euro in den Rauchfang schreiben muss. Das sind Beträge, die den Konzern hart an den Abgrund treiben. Ein Blick in die Vorgeschichte des Bulgarien-Abenteuers verdeutlicht das Desaster erst recht. Gekauft wurde die Mobiltel zu völlig überhöhten Preisen, absurde Gewinne streiften österreichische Investoren rund um Martin Schlaff ein. Nach dem gleichen Muster ging die Telekom in Weißrussland vor, und wieder kassierte Schlaff, während sich das Engagement wie eine Blutspur durch die Telekom-Bilanz zog.

Die Staatsanwaltschaft zeigte trotz diverser Hinweise auf Ungereimtheiten, die auch im Bawag-Prozess und im Telekom-Untersuchungsausschuss breitgetreten wurden, kein allzu großes Interesse an der Verfolgung der Angelegenheiten. Vielleicht gingen die Transaktionen ja wirklich supersauber über die Bühne - dann gilt zumindest die Unfähigkeitsvermutung. Jedenfalls sind die Beträge, deretwegen die Justiz in Sachen Telekom tatsächlich Anklage erhob, Peanuts im Vergleich zu den Summen, die bei den Telekom-Auslandsengagements verjuxt worden sind.

Doch damit nicht genug. Die von St. Pölten kontrollierte EVN hat erst am Mittwoch Probleme in Südosteuropa attestiert, die sie heuer tief in die Verlustzone drücken. Im gleichen Strom schwimmt der Verbund, der auf französischem und italienischem Terrain ausrutschte. Nicht dass private Betriebe keine Sorgen auf den globalen Märkten hätten: Kaum einer der international agierenden heimischen Minimultis fällt nicht regelmäßig auf die Nase. Im Unterschied zu den heimischen Staatsbetrieben müssen sich deren Manager aber dann vor dem Aufsichtsrat verantworten und im Falle arg geschrumpfter Kapitaldecken bei den Aktionären um frische Mittel betteln. Verbund und EVN haben gezeigt, wie locker die Brieftasche beim öffentlichen Haupteigentümer sitzt. So straff kann der Budgetkurs gar nicht sein, als dass die parteinahen Versorger nicht finanziell versorgt würden. Der Öffentlichkeit tischt man dann noch rasch ein Märchen über den Ausbau der erneuerbaren Energie auf - und schon sind im Ausland aufgerissene Löcher gestopft.

Auch bei der ÖBB zeigt die Reaktion von Doris Bures den lockeren Umgang mit der Eigentümerverantwortung. Allein schon das wirtschaftliche Debakel in Ungarn wäre längst Grund genug gewesen, den verantwortlichen Aufsichtsratschef in die Wüste zu schicken. Dass sie Horst Pöchhacker dann auch noch als "strengen Kontrollor" in Schutz nimmt, lässt sogar strammste Parteisoldaten erblassen. Wie soll denn bitte ein Kontrollgremium, dessen oberster Vertreter als Beschuldigter geführt wird, die interne Aufarbeitung der Causa verantworten? Offenbar liegen die Verdienste in Filzhausen ohnehin mehr in der Verhinderung der Aufklärung. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, 4.7.2014)