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Angela Merkel stößt mit ihren Plänen für eine Sozialreform auf harte Kritik in der Union.

Foto: APA/dpa/ Peer Grimm

Kaum gewählt, verteilte der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber am Dienstag gleich Seitenhiebe an die Schwesterpartei CDU: Die CSU sei sehr stark sozial eingestellt – "mehr vielleicht als manch andere Partei". Deshalb lehne die CSU das Modell der Herzog-Kommission für Sozialreformen ab. Reformen seien zwar notwendig, dabei müsse aber "auf die soziale Balance geachtet werden", so Stoiber. Die Menschen müssten das Gefühl haben, "dass es gerecht zugeht".

Stoiber ist insbesondere gegen die so genannten Kopfpauschalen, die nach dem Vorschlag der Kommission unter der Leitung des früheren Bundespräsidenten Roman Herzog das bisherige Finanzierungsmodell für die Krankenkassen ablösen soll. Demnach sollen nicht mehr einkommensabhängige Beiträge gezahlt werden, sondern von jedem Versicherten eine einheitliche Prämie von rund 250 Euro. Es sei unsozial, "wenn der Chef genauso eine Kopfpauschale zahlt wie der Hausmeister", kritisierte Stoiber.

Nach Vorstellungen der CDU-Führung soll ein Ausgleich für Geringverdiener aus der Staatskasse gezahlt werden. Dies würde nach Berechnungen von CSU-Sozialpolitiker Horst Seehofer 37 Milliarden Euro ausmachen. "Das ist nicht zu finanzieren." Die Kommission ist auch für eine Anhebung des Pensionsalters von 65 auf 67 Jahre. Stoiber kündigte an, dass die CSU bis November ein eigenes Konzept erarbeiten wird. Auch an die Schwesterpartei gerichtet war Stoibers Hinweis, dass er als bayerischer Ministerpräsident "große Verantwortung auch für den Reformprozess, der in Deutschland ansteht", trage.

Zwei Gegenstimmen

Der Arbeitnehmerflügel der CDU setzt nun auf den Druck der CSU. "Ich sage meiner Partei: Von der CSU lernen heißt siegen lernen", so der Chef der CDU-Arbeitnehmerorganisation, Hermann-Josef Arentz. Er und der Arbeitsmarktexperte Karl-Josef Laumann waren am Montag die Einzigen, die im CDU-Vorstand gegen die Pläne der Herzog-Kommission für die Sozialreformen gestimmt hatten. Man müsse darauf achten, dass das Soziale in der CDU weiter eine Heimat habe, sagte Arentz.

Der frühere Arbeitsminister Norbert Blüm trat am Dienstagabend in Düsseldorf bei einer Regionalkonferenz gegen Parteichefin Merkel auf. Im Vorfeld der Konferenz, auf der mit der Basis über das Konzept diskutiert wurde, attackierte Blüm die Parteichefin: "Die Welt der Angela Merkel ist nicht meine CDU. Ich werde für meine CDU kämpfen." Die Pläne stellten die Grundlagen des Sozialstaates infrage. Der frühere CDU-Generalsekretär und Minister, Heiner Geißler, warnte, die Pläne machten aus der CDU "eine neoliberale Wirtschaftspartei". (DER STANDARD, Printausgabe, 8.10.2003)