Käsleberkäs. Das ist die kulinarische Leidenschaft von Conchita Wurst. Verriet sie uns am Rande des Chats bei derStandard.at, und sie wirkte nicht, als würde sie da scherzen. Am liebsten gleich mehrere Käsleberkässemmeln, hat sie gesagt.

Man mag nicht glauben, dass sie das sehr oft tut, wenn man Conchita Wurst sieht. Aber vielleicht ist die Käsleberkässemmelleidenschaft von Conchita Wurst ja eine kulinarische Kunstfigur von Tom Neuwirth. Schmecks spekuliert und künstelt da nicht lang herum und probiert's aus. Wann, wenn nicht jetzt: ein Lokalaugenschein bei Leberkas Willi, Filiale Wien-Josefstadt.

Ohne Pferd

Natürlich würden beim Thema Leberkäse das Pferd und damit etwa der Gumprecht auf dem Huf liegen. Aber erstens war der Gumprecht schon das eine oder andere Mal Thema in dieser kleinen, dreckigen Gastrokolumne. Und zweitens weiß ich aus Erfahrung, dass Pferdeleberkäs nicht bei allen Damen gut ankommt. Also bin ich auch bei Kunstfiguren vorsichtig.

"Der Leberkas Willi", Kettenkonzept einer "will i GmbH" in St. Agatha in Oberösterreich mit dem einen oder anderen Liechtensteiner Gesellschafter, beweist schon mit seinem Standort in Wien einiges Selbstbewusstsein: Das erste holzgetäfelte Gassenlokale hier pflanzte der Willi in die Josefstädterstraße 73 - direkt neben einen McDonald's, ein Haus weiter ein Döner-Imbiss, und gegenüber ein Würstelstand sowie eine nicht gerade kleine Spar-Filiale.

Publikumswertung: Chilikäseleberkäs vor Käsleberkäs

Nun standen diesen Montagmittag keine Schlangen angestellt vor dem Willi. Doch immerhin: Während meines gar nicht so kurzen Besuchs war laufend Kundschaft da. Kundschaft mit Wünschen, die mir durchaus ein bisschen abgedreht schienen. Aber gut: wenn's schon Bärlauch-Leberkäse geben muss, dann soll er meinetwegen auch gegessen werden. Schön, dass andere diese Aufgabe offenbar freiwillig übernehmen.

Welcher Leberkäs unter gut einem Dutzend Sorten beim Willi verkauft sich denn am besten, frage ich die Expertin hinter der Budel. Die Publikumswertung im hiesigen Leberkascontest kennt einen klaren Sieger sagt sie: "Der mit Kas & Chili", wie das auf der Karte heißt, die sich beim Formulieren ein bisschen an anderenartikelverliebter Fleisch- und Wurstwarenketten orientiert. "Chili Cheese" heißt "Der" Siegerleberkäs in den Worten der netten Dame an der Theke etwas urbaner. Platz zwei der Publikumswertung: Käseleberkäse, vor dem ungepimpten, herkömmlichen Leberkäs.

"Und dann gibt's noch richtige Spinat- oder Zwiebeltage", ergänzt die Dame und meint "Der mit Zwiebel" und "Der mit Spinat". "Heut' in der Früh war so ein Zwiebeltag." Man möchte sich nicht genauer ausmalen, wie so ein Zwiebeltag in Wien-Josefstadt weitergeht. Aber wir sind auch nicht zum Malen da, sondern für ein leberkäsigen Schmecks-Tribute to Conchita. Beginnen wir mit:

Der vom Willi

"Der vom Willi" sieht so aus:

Mit diesem Leberkäse könnte man sogar einen bekennenden Langzeitleberkässkeptiker wie mich wieder an Bord holen. Mild, fein, aber gar nicht fad. Daran könnte ich mich wirklich gewöhnen. Wie im Bild: rund 2,50 Euro.

Der vom Franz mit Kas

Aber das war ja nur die Aufwärmrunde für den richtigen Stoff, die wahre Leidenschaft der Conchita Wurst: Käseleberkäse. An sich schon ein kulinarisches Extrem. Vielleicht also ein strategischer Fehler, nach dem milden und angenehm ungepimpten Leberkäse "vom Willi" gleich a) "Den vom Franz" und zwar b) "den mit Kas" zu nehmen.

Schon die Zugabe von richtigem Käse macht den Leberkäse ja meist deutlich würziger. Und wenn schon der Leberkäs an sich ein merkliches Stück pikanter ausfällt als "Der vom Willi" und der Franz auch noch einen recht würzigen Käse undefinierter Sorte beigibt, dann gibt das gleich einen gewaltigen Kontrast zum Einstiegssemmerl. Puh! Mir in dieser Abfolge fast ein bisschen zu heftig. Findet aber bestimmt seine Fans. Und kostet wie hier im Bild auch rund 2,50 Euro.

Ich kehre etwas reumütig zum Leberkäs "vom Willi" zurück. Und weil Conchita Wurst ja vom Optimalfall mehrerer Käsleberkässemmeln sprach, kommt nun also:

Der vom Willi mit Kas

Wenn schon Käsleberkäs, wenn schon überhaupt gepimpten Leberkäs, und wenn schon in der Josefstädter Rustikalfiliale: dann lieber diesen. Gefüllt mit Emmentaler, sagt die Expertin hinter der Budel, dennoch von freundlicher Milde. Und in leider (aber zu meinem Glück) vollkommen unfairem Vergleich: Nun gibt's ein Scherzl vom Leberkäse, zudem gleich um die Hälfte schwerer als die beiden Vorgängermodelle. So sind Verkostungen leicht gewonnen, sag' ich. 

Das End' ist mir nah

Woraus ich schließe: Wenn schon Leberkäse, dann sein Ende. 

Und bevor Sie gleich loslegen mit a) Protest über eine dilettantische Leberkäsverkostung in einer Filiale einer Leberkäskette und b) mit Hinweisen, wo man Leberkäse essen sollte - ersuch' ich Sie rasch noch selbst um diese Hinweise. Und den Protest nehm' ich gern als Zuwaag' mit. (Harald Fidler, derStandard.at, 13.5.2014)