Auf dem Bild ist ein Knotenpunkt des Mesh-Netzwerks in der tunesischen Stadt Sayada zu sehen

Foto: Mesh/Sayada/Creative Commons

Auch in Wien werden solche Netzwerke vom Verein Funkfeuer betrieben, das Bild stammt aus einer Erklärung, wie Mesh-Netzwerke funktionieren

Foto: Screenshot/Funkfeuer

In Tunesien wird überlegt, an welchen Plätzen weitere Knotenpunkte Sinn machten

Foto: Mesh/Sayada/Creative Commons

Durch die Knotenpunkte ist ein Großteil der Stadt mit dem lokalen, freien Netzwerk verbunden

Foto: Screenshot/New America Foundation

Mittels Routern ein lokales Netzwerk aufbauen, um Spionage durch Staatsorgane zu verhindern: Das möchte das US-amerikanische Außenministerium unterstützen. Das Grundprinzip dahinter: Durch konstant miteinander verbundene Router entsteht ein "vermaschtes Netz" (Mesh), das ohne "Hauptverkehrsadern" auskommt. Dadurch, dass das Netzwerk grundsätzlich nicht mit dem Internet verbunden ist, ist es vor Infiltration und Überwachung relativ sicher. 

Testphase in Tunesien

Als Testballon dient ein Mesh-Netzwerk im tunesischen Sayada. Hier stand ursprünglich der Schutz vor Überwachung im Vordergrund, mittlerweile wird das Netzwerk vor allem für kommunalpolitische Zwecke genutzt, so die New York Times. Im Netzwerk ist Wikipedia auf Arabisch und Französisch verfügbar, zusätzlich gibt es Landkarten, 2.500 Bücher und Apps zur Kommunikation oder zum Filesharing. Zum restlichen Internet besteht jedoch keine Verbindung.

In Zukunft sollen ähnliche Netzwerke auch in anderen Länder wie beispielsweise Kuba oder Iran aufgebaut werden. Das State Department lässt für entsprechende Projekte Millionenbeträge fließen. 

Technologie stammt auch aus Wien

Die Technologie dahinter wurde großteils in Wien entwickelt. Die Community hinter "Funkfeuer" hat eine entscheidende Rolle bei der Entstehung des Optimized Link State Routing Protokolls (OLSR) gespielt. Funkfeuer bietet offenen Internetzugang in Wien und einigen anderen Regionen Österreichs an. Ziel ist es, die digitale Dividende zu überwinden und den Netzzugang zu demokratisieren.

Grundsätzlich funktioniert Funkfeuer nach dem Mesh-Prinzip, allerdings wird der Internetzugang im Netzwerk geteilt, also kein separates, geschlossenes Netz erstellt. Funkfeuer war bereits 2011 mit den Bemühungen der US-Regierung in Verbindung gebracht worden.

"Ironie der Obama-Ära"

Es sei dabei "eine große Ironie der Obama-Ära", dass die NSA-Enthüllungen zeitlich mit der staatlichen Unterstützung von sogenannten Mesh-Netzwerken einhergingen, so Ben Scott, der früher im State Department tätig war. Schon das Anonymisierungs-Netzwerk Tor war ursprünglich vom US-Verteidigungsministerium mitentwickelt worden. Auch in den USA haben immer mehr Menschen Interesse an solchen Netzen, um ihre Privatsphäre zu schützen.

Stabil bei Katastrophen

Der Einsatz von innerhalb der USA könnte aber vor allem aufgrund einer anderen Eigenschaft dieser lokalen Netzwerke populär werden: Sie sind relativ stabil und funktionieren auch bei größeren Naturkatastrophen. Dafür verantwortlich ist das namensgebende "vermaschte" Netz, in dem alle Knotenpunkte miteinander verbunden sind. Das normale Internet setzt hingegen großteils auf "Backbones", also Hauptverkehrsadern. Fällte eine dieser Backbones aus, stehen viele Endpunkte im Trockenen.

Das zeigte sich bei Hurrikan Sandy, als in Brooklyn (New York City) nur mehr ein von Aktivisten kreiertes Mesh-Netzwerk zur Verfügung stand. Das führte dazu, dass sogar die Katastrophenschutzbehörde FEMA das Brooklyner Mesh nutzte.

"Mehr wie das Internet als das Internet"

Die Software für Mesh-Netzwerke, die vom State Department finanziert werden, liefert das Unternehmen Commotion. Programme können kostenlos auf der Website heruntergeladen werden, man wolle "die Technologie der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen", so ein Mitarbeiter.

Dabei erinnerten die entstehenden Mesh-Netzwerke stark an die ursprüngliche Verfasstheit des Internets: "Sie sind dazu da, um im Katastrophenfall kommunizieren zu können und bieten Schutz vor Überwachung", so der Harvard-Professor Jonathan Zittrain, "Mesh ist mehr wie das Internet als das Internet." (fsc, derStandard.at, 22.4.2014)