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FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache kündigte eine Aussprache mit Andreas Mölzer (nur auf dem Foto links) an.

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Der Autor Michael Köhlmeier bringt eine Anzeige gegen Mölzer ein

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Dass bis Sonntagmittag über 11.000 Menschen die Anzeige des Schriftstellers Michael Köhlmeier gegen den Spitzenkandidaten der FPÖ bei den Europawahlen, Andreas Mölzer, unterschrieben haben, ist als Erfolg für diese Initiative zu werten.

Denn besagte Zehntausend - und alle, die ihnen bis kommenden Donnerstagmittag (Ende der Eintragungsfrist) noch folgen mögen - haben nicht nur einen simplen Aufruf unterzeichnet, sondern sie teilen Köhlmeiers Ansicht, dass Mölzer mit seinem Vergleich der EU mit einem "Negerkonglomerat" eine strafbare Handlung gesetzt hat, die laut Strafgesetzbuch mit bis zu zwei Jahren Haft geahndet wird: Sie tun namentlich kund, dass ihres Erachtens Verhetzung laut Paragraf 283, Absatz 2, des Strafgesetzbuches (StGB) ist vorliegt.

"Breite Öffentlichkeit"

Paragraf 283, Absatz 2 StGB bestraft, "wer für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar" gegen Einzelne oder Institutionen "hetzt oder sie in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft und dadurch verächtlich zu machen sucht".

Betroffen können eine "Kirche oder Religionsgesellschaft oder eine andere nach den Kriterien der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion oder Weltanschauung, der Staatsangehörigkeit, der Abstammung oder nationalen oder ethnischen Herkunft, des Geschlechts, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung definierte Gruppe von Personen" sein.

Gegen "Sager" und andere Anlassfälle aus der FPÖ wurde die Bestimmung bisher selten angewandt: Die meisten derartigen Anzeigen wurden von den Staatsanwaltschaften nicht weiter verfolgt - für die kritische Öffentlichkeit vielfach unverständlich. Das war beim Wiener "Mustafa-Comic" so, wo in einer FP-Wahlkampfbroschüre eine Strache ähnelnde Figur einem blonden Buben erklärt: „Wennst dem Mustafa ane aufbrennst, kriagst a Heiße spendiert" - ebenso beim steirischen "Moschee baba"-Videospiel.

"Totales Chaos"

Ob die Staatsanwalt in Mölzers Worten Verhetzendes erblickt, wird sich weisen: "Es ist eine Frage auch des Gestalterischen, des Arbeitstethos, was aus diesem Europa wird: Entweder sind wir ein Negerkonglomerat, totales Chaos, sage ich jetzt bewusst brutal politisch nicht korrekt, wo das Chaos sich vermehrt", hatte der FPÖ-Mann bei einer Podiumsdiskussion gesagt. Die Aussage wurde auf einem Tonbandmitschnitt festgehalten.

Der relevante Ausdruck dabei - abgesehen von Mölzers in weiterer Folge geäußerten Vergleichs der EU mit dem Dritten Reich (der einem EU-Parlamentarier in spe besonders gut zu Gesicht steht) war der Ausdruck "Neger": das so genannte "N...-Wort",  über das im deutschen Sprachraum zwischen Rechten und anderen seit Jahren gestritten wird. Laut Duden gilt es, wie auch Köhlmeier in seiner Anzeige erwähnt, als "stark diskriminierend". Doch Rechte wie Mölzer bestehen darauf, es weiter zu verwenden, ja, stellen es als "Zensur" hin, wenn darauf hingewiesen wird, dass der Ausdruck beleidigend ist.

Vermeintliche "Traditionen"

Bis ins Alltägliche hinein, und gerade dort besonders wirksam, verteidigen sie dessen Richtigkeit: Man erinnere sich an Polemiken rund um Süßigkeiten wie "N...brot" oder "N...küsse", wo vermeintliche "Traditionen" gegen eine angebliche "Sprachpolizei" hochgehalten wurden. Der massive Einsatz hat seinen Grund: Das "N...-Wort" ist für Rechte mit Bedeutung extrem aufgeladen: Verwenden sie es, so markieren sie damit ihr politisches Revier.

Diesen Umstand sollte man angesichts der offenbar auch parteiinternen Kritik an Mölzer nicht ganz aus den Augen verlieren: Wie ernst ist es FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, der am Samstag im Mittagsjournal-Interview eine "persönliche Aussprache" mit Mölzer ankündigte, mit seinen Vorbehalten?

Kritik im Einzelfall

Es sei "eine Optik vorhanden, über die man offen sprechen muss", sagte Strache  - auch wegen eines Beitrags in der von Mölzer herausgegebenen Zeitschrift "Zur Zeit" über den Fußballer David Alaba. "Echte Wiener" sähen nunmehr so aus wie der "pechrabenschwarze" Kicker, stand dort geschrieben: Das sei dem Star-Kicker gegenüber, der ein "gelungenes Integrationsbeispiel" darstelle und dessen Fan er sei, "beleidigend und geschmacklos", meint Strache. In diesem Einzelfall löblich – doch Frage ist auch, wie es der FPÖ-Chef sonst mit den "N..." hält. (Irene Brickner, 6.4.2014)