Kinder sind im schottischen Ort Firhall nicht erwünscht.

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Wenn eines der rund 91 Häuser im schottischen Firhall einmal zum Verkauf steht, entspricht die Objektbeschreibung nicht ganz dem üblichen Marklerjargon: "Exklusiv für die Über-45-Jährigen errichtet...", steht da im Inserat für eine Dreizimmerwohnung zu lesen. Mit anderen Worten: Kinder sind unerwünscht, Ruhe und Erholung höchstes Gut.

Keine Wäsche im Garten

Diese Kinderverbots-Regel sichert die Anrainer seit der Dorfgründung 2003 auch für den Fall eines Weiterverkaufs ab: Neuer Eigentümer kann nur werden, wer wiederum älter als 45 Jahre ist und nicht (mehr) mit Kindern in einem Haushalt lebt. Und es gibt eine Reihe weiterer Regeln, denen sich die Eigenheimbesitzer in der Pensionistenidylle in den schottischen Highlands gerne freiwillig unterwerfen: Sie dürfen keine Wäsche in ihrem Garten aufhängen, nach neun Uhr abends und vor sieben Uhr früh ihr Auto nicht benutzen, nicht mehr als eine Katze und einen Hund besitzen. Auch das Zusammenleben mit erwachsenen Menschen ist zahlenmäßig limitiert: Nicht mehr als drei dürfen es pro Wohneinheit sein.

Die Journalistin Julie Bindel hat versucht, für den britischen Guardian herauszufinden, wer die Leute sind, die bei der Wohnungssuche "kinderfrei" ganz oben auf ihre Prioritätenliste setzen. Alles Kinderhasser? Frustrierte Alte, die sich selbst ghettoisieren? Bindel hat bei ihrem Besuch bereitwillig darüber Auskunft bekommen, welche Motivationen hinter der Entscheidung für die kinderlose Stadt stehen.

Keine Elterngeschichten

"Ich habe nichts gegen Kinder", erklärte etwa eine Pensionistin, um dann fortzufahren, "aber ihre Eltern machen mich wahnsinnig. Ich kann einfach keine weitere Schulsprengel-Geschichte mehr aushalten". Andere argumentieren radikaler: "Kinder und Lärm, das gehört zusammen", befindet einer der Rentner von Firhall. Für ihn sei es einfach "himmlisch, mit einem Glas Wein draußen zu sitzen, ohne Kindergeschrei und Fußbälle die an den Zaun donnern".

Wieder andere haben in der kinderlosen Idylle doch nicht die Erfüllung gefunden. Ann etwa, die nach mehreren Fehlgeburten hoffte, ihr Schmerz darüber, niemals eigene Kinder haben zu können, würde damit leichter. "Aber wenn, dann wurde es schlimmer", bilanzierte sie nach zwei Jahren in Firhall und zog weiter nach Glasgow.

Kinder und Enkelkinder haben in der Seniorensiedlung zumindest temporäres Besuchsrecht – aber nicht länger als drei Wochen pro Jahr. Wie die Reaktionen ausfallen, wenn einer der Anrainer von diesem Recht gebraucht macht, wird nicht berichtet. (riss, derStandard.at/familie, 23.10.2013)