Willkommen in den unendlichen Weiten des unnützen Fußballwissens! 17 Minuten, so lange brauchen Sie mit dem Auto von der Salzburger Red-Bull-Arena in die Grödiger Untersberg-Arena. Kurz auf die West-, dann auf die Tauernautobahn, und schon sind Sie da. Wenn Sie diese Nähe für rekordverdächtig halten, wird Sie der Blick nach England eines Besseren belehren: Am City Ground spielt der altehrwürdige Nottingham Forest Football Club nur eine Kitzbichler-Flanke von der Meadow Lane des Notts County Football Club entfernt.

Getrennt werden die beiden Arenen durch den River Trent, Nichtschwimmer benötigen für die Distanz zu Fuß zehn Minuten. Das Derby der beiden Mannschaften wurde erstmals 1866 ausgetragen. Es ist die älteste dokumentierte Lokalrivalität weltweit, kommt derzeit allerdings zu kurz: Forest spielt in der zweithöchsten englischen Spielklasse, County nur in der dritthöchsten. Das letzte Aufeinandertreffen gab es 2011 im League Cup, mit dem besseren Ende für Forest.

 

 

Während die beiden Vereine aus Nottingham also zuletzt kaum sportliche Berührungspunkte aufwiesen, erlebt die Stadt Liverpool mindestens zwei Merseyside-Derbys pro Saison. FC Everton und FC Liverpool, so die Namen der beiden wohlbekannten Kontrahenten. Die Anreise mit dem Bus dauert heiße vier Minuten. Zu Fuß lässt sich der Weg zwischen dem Goodison Park und der Anfield Road in 18 Minuten bewältigen.

Beide Vereine erfreuen sich in der Stadt hoher Beliebtheit, an der Anfield Road des FC Liverpool stand der Zuschauerschnitt 2012/13 bei 44.749, im Goodison Park von Everton zählt man pro Matchtag 36.356 Fans. Dass die Rivalität der Vereine von gegenseitigem Respekt geprägt und die Nähe keine rein geografische ist, verdeutlichte das Gedenken im Goodison Park an die 96 Todesopfer der Hillsborough-Katastrophe.

 

 

Gar skurrill wirkt das Naheverhältnis der Lokalrivalen in der schottischen Stadt Dundee. Der Tannadice Park (14.209 Plätze) von Dundee United steht Tür an Tür mit dem Dens Park (12.085 Plätze) des FC Dundee. Dabei hat die Stadt lediglich 144.000 Einwohner. In der Saison 2012/13 trafen sich die beiden Vereine nach langer Zeit wieder in der schottischen Premier League. Dundee United erwies sich dabei als stärkere Mannschaft, der FC stieg wieder ab.

Der Tannadice Park wurde 1883 eröffnet, der Dens Park folgte 1899. Beide Arenen waren schon in jüngsten Jahren multifunktional, Stichwort Greyhound-Rennen. Auch wer nicht wie ein Hund sprintet, benötigt für den Weg zwischen den beiden Stadien weniger als eine Minute. Anreisestrapazen gehen also kaum als Ausrede durch.

 

 

Bleiben wir auf der Insel, im Mutterland. Eine ganz außergewöhnliche, weltweit einzigartige Stadiondichte herrscht in London: sechs Spielstätten in der Premier League, drei in der Championship, hinzu kommt das Wembley-Stadion für die Nationalmannschaft. Die gesamte Kapazität, und hier ist das Unterhaus nicht eingerechnet, beträgt 384.000 Plätze. Und die stehen nicht leer: Die Auslastung in der Premier League beträgt bei den Londoner Vereinen nahezu 100 Prozent.

Die kürzeste Distanz ist dabei zwischen dem Craven Cottage von Fulham und der Stamford Bridge von Chelsea zu bewältigen. Mit dem Auto schaffen Sie den Weg in sieben Minuten, per pedes müssen Sie sich auf einen halbstündigen Weg in herrlich urbanem Gebiet einstellen. Genehmigen Sie sich beispielsweise ein Bier im "White Horse on Parson's Green", Sie werden es nicht bereuen.

 

 

In Wien ist die Anreise zum großen Derby ja fast schon eine kleine Weltreise: 9,8 Kilometer Fluglinie trennen das Hanappi-Stadion von der Generali-Arena. Ein klarer Fall für die Öffentlichen. In Lissabon ist der Weg zum Derby hingegen nur ein netter Nachmittagsbummel. 2,3 Kilometer liegen zwischen dem Estádio da Luz von Benfica und dem Estádio José Alvalade von Lokalrivale Sporting Lissabon.

Während man in Mailand oder München auf ein gemeinsames Stadion setzt, leistet man sich in Turin, Istanbul, Madrid, Hamburg, Manchester und Barcelona derer mehrere. Die Distanz zwischen den Lokalrivalen bewegt sich in diesen Hochburgen des Fußballs zwischen fünf und acht Kilometer.


Nur einen Katzensprung entfernt und deshalb in diesem Kontext auch nicht zu vergessen: die Heimstätten von Partizan und Roter Stern Belgrad, mit dem Auto drei Minuten voneinander entfernt. Das "Ewige Derby" gilt als eine der größten Rivalitäten im internationalen Fußball.

Trotz der bescheidener gewordenen Bedeutung des serbischen Klubfußballs - 1991 gewann Roter Stern noch den Europapokal der Landesmeister - lockt das Spiel der Spiele nach wie vor bis zu 45.000 Zuseher an. Die Derbys gingen zuletzt oft an Roter Stern, die Titelgewinne an Partizan.

 

 

Das Nonplusutra in puncto dicht gedrängter Stadionarchitektur liegt aber in der Zukunft, nämlich bei der Fußball-WM 2022 im Emirat Katar. Zwölf Stadien mit einer gesamten Kapazität von knapp 600.000 Plätzen wirken auf einem Gebiet kleiner als Niederösterreich etwas überdimensioniert. 42 Grad und Windstille machen zusätzlich Lust auf Fußball.

Zum Abschluss noch ein Blick über den ballestrischen Tellerrand: Ein imposantes Bild bieten das Estadio Azul und die Plaza México in Mexiko-Stadt. In den Vierzigern quasi auf freiem Gelände errichtet, sind die beiden Arenen mittlerweile dicht verbaut. Im Azul wird dem Fußball gehuldigt, in der Plaza México dem Stierkampf. Womit wir dann wieder in der Bullen-Arena gelandet wären. (Philip Bauer, derStandard.at, 19.6.2013)