Im Wahljahr 2013 versucht sich die FPÖ unter Heinz-Christian Strache von Mitgliedern zu trennen, die am Neonazismus anstreifen, und Maßnahmen zu ergreifen, die die rechte Partei von ihrem extremen rechten Rand lösen soll. Aktuelle Beispiele:

  • Der Linzer Fraktionschef Sebastian Ortner tritt nach Veröffentlichung von Videos zurück, die ihn bei Wehrsportübungen mit dem verurteilten Neonazi Gottfried Küssel zeigen.
  • Stefan Gotschacher, Pressesprecher von Strache-Vize Johann Gudenus, wurde auf Grund von "Lieblingszitaten" aus SS-Liedern auf Facebook gekündigt.
  • Strache, der heuer nicht auf dem umstrittenen Burschenschafter-Ball auftrat, lässt im Gegensatz zu früher jetzt "böse Postings", die beispielsweise das Wort "Hitler" enthalten, auf seiner Facebook-Seite löschen.

Ganz konsistent ist die FPÖ in ihrer Vorgangsweise nicht. Wenn die Wehrsportübungen mit Küssel zumindest ein mitentscheidender Rücktrittsgrund für den Linzer Fraktionschef gewesen sind, dann stellt sich die Frage, was der Unterschied zu den Übungen ist, die Strache - ebenfalls mit Küssel - gemacht hat.

Vergleich: Wehrsportübungen von Ortner und "Gotcha"-Spiele von Strache

Außerdem gibt es keinerlei Konsequenzen für den Salzburger FPÖ-Chef Karl Schnell, wenn dieser ganz offen den NS-Begriff "Umvolkung" verwendet. Im Gegenteil: Strache stärkt dem blauen Urgestein sogar den Rücken und verteidigt, unter Vermeidung des umstrittenen Begriffs, dessen Aussagen.

Öllinger: Unterschiedliche Gründe

Dass hinter den jüngsten Abgrenzungen der FPÖ zu einzelnen rechtsrechten Auffälligkeiten eine Tendenz stehe, sich von Rechtsextremismus zu distanzieren, glaubt der Grüne Nationalratsabgeordnete Karl Öllinger nicht. Die Vorfälle in Oberösterreich (Ortner) und Wien (Gottschacher) hätten unterschiedliche Gründe, glaubt der Mandatar. Öllinger traut dem oberösterreichischen FP-Chef Manfred Haimbuchner zwar zu, an Neonazismus nicht allzu stark anstreifen zu wollen. Für Ortners Rausschmiss gebe es jedoch auch andere Motive: Einerseits sei Ortner Teil jenes Linzer Flügels in der oberösterreichischen Landespartei, deren Einfluss Haimbuchner zu begrenzen versuche. Andererseits "wäre Ortner wohl nicht gegangen, wenn es nicht diese eindrucksvollen Bilder gegeben hätte".

Warum aber muss ein Parteimitglied wegen Videos von Wehrsportübungen gehen, wenn es doch ähnliche Videos auch von Heinz-Christian Strache gibt? Der Unterschied liege nicht nur an Straches Autorität als Parteichef, sondern auch im unterschiedlichen "Alter" der Vorwürfe: Gäbe es im Fall Ortner nur jene Videos, die ihn auf Wehrsport-Veranstaltungen in den Achtzigerjahren zeigen, dann wäre Ortner immer noch Klubchef, glaubt Öllinger. Erst, als bekannt wurde, dass es weitere Vorwürfe aus dem Jahr 2006 gibt seien Konsequenzen gezogen worden. Ortner habe damals an einem Fest der rechtsextremen NPD in Dresden teilgenommen.

Weitere Vorwürfe

Dass auch beim Wiener FPÖ-Pressesprecher Stefan Gotschacher ungewöhnlich rasch Konsequenzen gezogen wurden, hat auch Öllinger überrascht. Er vermutet dahinter jedoch persönliche Gründe: Nach seinem Abgang habe es auf Facebook auffallend zurückhaltende Reaktionen auf Facebook gegeben, "die Kommentare waren fast positiv", meint Öllinger. Der Pressesprecher dürfte unabhängig von den jüngsten Vorwürfen über wenig Rückhalt in der Partei verfügt haben. Dazu kommt, dass weitere FPÖ-Granden trotz gehäufter Vorwürfe über Kontakte zur Neonazi-Szene weiterhin sicher im Sattel sitzen (derStandard.at berichtete).

Öllinger sieht im Gewicht des deutschnationalen Flügels einen Unterschied zwischen Haiders FPÖ und Straches Partei: Während Haider sich bemüht habe, keinen Flügel zu stark werden zu lassen, toleriere Strache, dass deutschnationale Personen bzw. rechte Burschenschafter die Partei dominieren.

Straches Schluss

Strache selbst distanziert sich in Interviews immer wieder vom Rechtsextremismus. Nach der Aufregung um seinen "Wir sind die neuen Juden"-Sager am WKR-Ball des Vorjahres wies er im ZiB2-Interview zurück, dass die FPÖ in diesem Bereich klare Distanzierungen vermissen lasse. Seine Partei habe mit Antisemitismus und Nationalsozialismus nichts zu tun. "Ich habe Schlussstriche gezogen", betonte der FPÖ-Obmann. Zum aktuellen Rücktritt von Ortner gibt es noch keine Stellungnahme der FPÖ-Bundespartei, auch für derStandard.at war Straches Büro nicht zu sprechen. (Rainer Schüller, Maria Sterkl, derStandard.at, 19.4.2013)