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Nördlich der erloschenen Virunga-Vulkane lag früher das fruchtbare Land der Batwa in Uganda. Ihre traditionelle Lebensweise als Jäger und Sammler mussten sie in den 1990er-Jahren endgültig aufgeben.

Foto: George Steinmetz/Corbis

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Bei der Gründung des Mgahinga-Nationalparks stand der Schutz der Berggorillas in direktem Konflikt zur traditionellen Lebensweise der Batwa.

Foto: Alpinschule Innsbruck/APA

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Der kunstvolle Tanz war für die Batwa stets eine der wenigen Möglichkeiten, eine gewisse soziale Anerkennung durch die jeweils herrschende Klasse zu erfahren.

-> Mehr Bilder aus dem Leben der Batwa gibt's in dieser Ansichtssache.

Anreise & Unterkunft

Flug ab Wien zum Beispiel mit Egyptair, Turkish Airlines, Emirates oder Qatar mit einem Zwischenstopp nach Entebbe. Für Uganda ist ein Visum ist erforderlich: uganda.at

Unterkunft in Kisoro: Traveller's Rest Hotel oder organisiert, etwa von asi.at

Grafik: DER STANDARD

Rauch steigt auf, zieht durch braun vertrocknete Blätter in die Baumwipfel. Eine Hütte im Wald, es ist dunkel im Inneren. Kanyabikingyi wendet ein dickes Bambusrohr über der Feuerstelle, das an den Enden mit Farnstopfen verschlossen ist, er trägt eine hohe Fellhaube, hockt dicht an den schwelenden Ästen. "So haben wir das Fleisch gegart, als wir noch im Wald jagten", sagt er. Stephen, ein zierlicher Mann mit FC-Arsenal-Schriftzug auf der Wollmütze, sitzt am Eingang und beobachtet ihn aufmerksam. Wilson, mit 55 Jahren der Älteste, rollt sich auf dem Boden zusammen und schließt die Augen, zeigt, wie die Kinder früher am Feuer schliefen. Wie die anderen trägt er Rock und Weste aus Fell, darunter ein grünes T-Shirt. Kanyabikingyi legt das Bambusrohr weg. Es ist kein Fleisch drin, das Feuer hat keine Flamme, all das hier ist eine Inszenierung, die Hütte ein Nachbau.

Die drei sind Batwa-Jäger, kleine Menschen, früher hätte man vereinfachend "Pygmäen" gesagt. Hier haben sie gelebt, am Fuße der Virunga-Vulkane im äußersten Südwesten Ugandas, an der Grenze zu Ruanda und der Demokratischen Republik Kongo. Dann wurde aus ihrem Wald ein Nationalpark, um Berggorillas, Waldelefanten und andere seltene Tiere zu schützen. Sie mussten ihn verlassen, bis sie zum ersten Mal seit 20 Jahren wieder hineindurften - mit Touristen. Acht Kilometer wandern sie mit ihnen auf dem Batwa Trail durch den Wald, ein staatlicher Wildhüter übersetzt, was sie sagen.

Stephen tritt ins Freie, er zeigt einen kleinen Schrein aus Zweigen, den sie hinter der Hütte errichtet haben. "Hier bekamen die Ahnengeister der großen Krieger vor der Jagd ihr Näpfchen mit Honig", sagt er. In einem Baum neben der Hütte liegt ein Nest aus Zweigen auf einer Astgabel, eine Leiter lehnt am Stamm. "Dort oben waren die Kinder geschützt vor wilden Tieren, wenn die Eltern weg mussten." Kanyabikingyi greift nach seinem Speer und geht voran ins Grün des Waldes. Es ist ein Grün, als hätte jemand bei einem Farbfoto die Sättigung hochgedreht. Moos wächst wie Plüsch auf den Stämmen, rote und gelbe Blütenpunkte sitzen auf Blättertapeten, Zikaden legen einen dicht gewebten Soundteppich über die Welt. Immer wieder bleibt Stephen stehen, zeigt auf Spuren eines Buschbocks oder auf kleine Pilze, die auf einem Stein wachsen. "Sie helfen bei Kopfschmerzen", sagt er. Mit flinken Fingern pflückt zerreibt er eine Schlingpflanze zwischen den Händen. "Man schaut weit bei der Jagd, wenn man sie einnimmt." "Wir ziehen noch immer umher", erzählt er schließlich und "wir fühlen uns nicht als Ugander, wir haben keine Nationalität." Weiter durch den Wald.

Kaffernbüffel haben Schneisen ins Unterholz getreten. Auf einer Lichtung zeigen die Batwa, wie sie die massigen Tiere jagten. Kanyabikingyi tut so, als würde er den Büffel mit Klatschen provozieren, er flüchtet und lässt das Tier in einen Speer laufen, den er schräg in den Boden gerammt hat. Der alte Wilson verpasst ihm den "Todesstoß". Doch da sind keine Büffel. Stephen und Kanyabikingyi lachen lauthals, es ist eine überzogene Aufführung ihres verlorenen Lebens.

Auf einer Lichtung führen sie zu einem Loch im Felsen, es geht tief hinein in die Erde. Es ist die Garama-Höhle, ein heiliger Ort der Batwa. Hier unten hielten sie Rat, brachten Frauen und Kinder in Sicherheit, machten aus Jugendlichen Erwachsene, indem sie ihnen die Angst austrieben. Dann erklingt Gesang, Frauenstimmen füllen die Dunkelheit, es ist ein Klagelied über den Verlust ihres Waldes.

Bereits in den 1930er-Jahren schuf die britische Kolonialregierung ein Naturschutzgebiet im Siedlungsgebiet der Batwa, doch erst mit der Einrichtung des Nationalparks 1991 wurden die Jäger und mit ihnen auch Bauern endgültig vertrieben. Der Staat entschädigte die Bauern, doch die Batwa gingen leer aus, denn als Nomaden wurden sie vom Staat nie als gleichberechtigt anerkannt. Im neu gebauten Besucherzentrum des Parks hängt eine Tafel, auf der es trocken heißt: Man gehe davon aus, dass die Batwa schon vor 40.000 Jahren in diesem Wald gesammelt und gejagt hätten, nun seien sie landlos.

Gorillas verschwanden im Nebel

Feuer knistert im Kaminzimmer des Traveller's Rest Hotels in Kisoro, es wird kalt am Abend, die Stadt liegt auf gut 2300 Metern. Wer hier übernachtet, will vor allem Berggorillas sehen, die Gorillaforscherin Dian Fossey hat hier in den 1960er-Jahren oft ein Zimmer gemietet. Reisende zahlen um die 360 Euro für eine Genehmigung und spüren die Tiere meist im weiter nördlich gelegenen Bwindi Nationalpark auf, der von Kisoro aus in einer Tagestour zu erreichen ist. Die Gorillas des Mgahinga Nationalpark sind 2011 nach Ruanda abgewandert, beim letzten Mal hat es Jahre gedauert, bis sie zurückkamen - die Besucherzahlen gingen um beinahe die Hälfte zurück. Die ugandische Wildschutzbehörde UWA versucht daher, alternative Angebote zu schaffen, man kann Goldmeerkatzen aufspüren, die bis zu 4500 Meter hohen Virunga-Vulkane besteigen oder eben mit Batwa-Guides durch den Wald wandern.

Es ist das erste Mal, dass die Batwa am Tourismus im Nationalpark beteiligt werden. Bisher hatten sie keinen Anteil am lohnenden Gorilla-Tourismus und selbst Wanderungen zu ihrer heiligen Garama-Höhle verliefen ohne sie. Mittlerweile hat die UWA zehn Batwa zu Wanderführern ausgebildet. Von den umgerechnet rund 60 Euro, die ein Tourist für den Batwa Trail bezahlt, bekommt jeder der Guides nur einen Bruchteil. Langfristig könnte das Projekt den Batwa dennoch helfen.

Die UWA zahlt 50 Prozent aller Einnahmen auf ein Konto ein, das Geld soll in Gemeindeprojekte fließen und in einen Landsfonds der Batwa. Die Nichtregierungsorganisation United Organization for Batwa Development of Uganda (UOBDU), die sich seit elf Jahren für die Belange der insgesamt rund 6700 Batwa im Südwesten Ugandas einsetzt, will dafür Sorge tragen, dass dieses Geld auch ankommt. Etwas mehr als die Hälfte aller ugandischen Batwa lebt heute auf Land, dass Kirchen oder Nichtregierungsorganisationen zur Verfügung gestellt haben. Durch den Landfonds soll dieses Gebiet wieder langsam wachsen. (Mirco Lomoth, Rondo, DER STANDARD, 15.3.2013)