Seit 1990 gibt es die internationale Immobilienmesse Mipim in Cannes. Zu ihrer mittlerweile 24. Auflage, die am Freitag zu Ende ging, reisten knapp 20.000 Immobilienprofis aus 79 Ländern an, was laut Organisatoren ein Plus von drei Prozent gegenüber 2012 bedeutete.

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Der unbestreitbare Erfolg der Messe, die fast immer als eine der wichtigsten Immobilienmessen der Welt und nicht selten auch als DIE wichtigste Immobilienmesse der Welt bezeichnet wird, ist möglicherweise zu einem nicht geringen Teil darauf zurückzuführen, dass sie im März an der Côte d'Azur stattfindet. Da ist es in Mittel- und Nordeuropa noch so kalt, dass man ohne Mantel noch nicht ins Freie gehen sollte. In Cannes braucht man da aber schon fast einen Sonnenhut; jedenfalls sollte die Sonnenbrille im Gepäck nicht fehlen.

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"Country of Honour" war heuer die Türkei. Vizepremier Ali Babacan reiste an die französische Riviera und ...

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... sprach sehr viel vom allgegenwärtigen "Vertrauen", das man aktuell in seinem Land feststellen könne und das Basis für die starke wirtschaftliche Performance der Türkei sei. Investoren fänden schon jetzt vertrauenswürdige rechtliche Rahmenbedingungen vor, und seine Regierung strebe weiterhin einen vernünftigen Mix aus Regulierungen und freiem Markt an, sagte Babacan.

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Und das Vertrauen beruht offenbar auf Gegenseitigkeit: Die Messeveranstalter gaben am Donnerstag bekannt, dass die Türkei auch im nächsten Jahr "Country of Honour" sein werde - gemeinsam mit Brasilien und Russland.

Was das für die ohnehin schon etwas aufgeblähten "Mipim Awards" bedeuten wird, in denen jedem "Country of Honour" eine eigene Kategorie zusteht, ist noch nicht absehbar.

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Aus österreichischer Sicht ist die heurige Mipim einmal mehr eher ruhig verlaufen, die Alpenrepublik war in Cannes vergleichsweise wenig präsent. Es gab kein eigenes Panel zum österreichischen Markt, und österreichische Expertise war überhaupt nur dann gefragt, wenn es um Ost- und Südosteuropa ging. So trat beispielsweise CBRE-Österreich-Chef Andreas Ridder vor allem in seiner Eigenschaft als CBRE-Osteuropa-Chef auf.

Der österreichische Gemeinschaftsstand im Palais des Festivals (Bild) fiel mit gutem Essen, Mozartkugeln und Wiener Kaffee zwar positiv, durch die fast völlige Abwesenheit oberster politischer Repräsentanten diverser Gebietskörperschaften aber auch negativ auf. Der Bürgermeister von St. Pölten, Matthias Stadler, war die rühmliche Ausnahme, er führte vor Ort Gespräche mit potenziellen Investoren.

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Bei so wenig politischem Rückhalt konnte der eine oder andere neidvolle Blick auf die Stände beispielsweise mancher deutschen Städte nicht ausbleiben: Diese würden fallweise ihren gesamten Messeauftritt quasi um den Besuch eines Spitzenpolitikers herum planen, sagte ein Teilnehmer des heimischen Messe-Trosses zu derStandard.at.

London, Brüssel, Istanbul, Moskau, Athen, Berlin, Kopenhagen, Lille: Diese Städte waren durch ihre Bürgermeister auf der Mipim vertreten. Von der Stadt Wien war hingegen (wieder) kein Regierungsmitglied nach Cannes zu bewegen.

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Die heimische Immobilienwirtschaft schätzt die Bedeutung der Messe nach wie vor um eine Spur höher und sehr wahrscheinlich auch realistischer ein - auch wenn die Frage bzw. das Gemauschel, wer denn für die eine Woche das größere Boot im Hafen stehen hat, allgegenwärtig ist und oft gar nicht so eindeutig beantwortet werden kann. René Benkos Signa Holding gehörte jedenfalls zum engeren Favoritenkreis.

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Die heuer knapp 50 vor dem Palais des Festivals in Reih und Glied "geparkten" Yachten tragen wohl wesentlich zum Charme der Mipim bei; die allabendlichen Partys auf den Booten sind kaum wegzudenken. Manch einer mag das freilich durchaus auch gesellschaftlichen Zwang zur Repräsentation, mitunter auch Größenwahn nennen.

Im Schnitt dürfte so eine Yacht für eine Woche an die 100.000 Euro kosten, wie zu hören ist. Inklusive Catering, immerhin. So manches buchstäbliche Stelldichein könnte aber auch wesentlich über diesen Betrag hinausgehen.

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Aufgeplustert wirkt im Übrigen auch das umfangreiche Vortrags- und Diskussionsprogramm der Mipim; als Beobachter kann man sich manchmal des Eindrucks nicht erwehren, es ginge nur darum, einen möglichst breiten Rahmen für die davor und danach stattfindenden Hinterzimmer-Gespräche und Bootsereignisse zu liefern.

Eines wird dort jedenfalls schnell ersichtlich, und ein etwas genauerer Blick ins Programmheft bestätigt es: Die Immobilienwirtschaft ist nach wie vor eine Männerwirtschaft. Von 288 im Programm namentlich genannten Teilnehmerinnen und Teilnehmern der diversen Panels waren heuer genau 29 weiblich, das ergibt eine Frauenquote von gerade einmal etwas mehr als zehn Prozent.

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Unter den Teilnehmern dieses Gewinnspiels könnte der Frauenanteil sogar noch ein wenig geringer ausgefallen sein.

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Verbesserungsbedarf gibt es für die 2014 anstehende 25. Mipim auch was das Verkehrskonzept betrifft. Die Gratis-Shuttlebusse von und zu den Hotels sind eine gute Idee, ihre Umsetzung aber mangelhaft - auch deshalb, weil die Innenstadt von Cannes jeden Morgen einer kleinen Verkehrshölle gleicht.

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Da ist es kein Wunder, wen manch einer sich den persönlichen Heli leistet - wo es doch ohnehin die Firma zahlt.

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Nun macht die Mipim in Cannes ein Jahr Pause, ehe der ganze Zirkus am 11. März 2014 wieder losgeht. In der Zwischenzeit will Veranstalter Reed Midem sein Engagement in Asien weiter ausbauen: Die Mipim Asia in Hongkong findet heuer im November ohnehin bereits zum 8. Mal statt, derzeit laufen aber auch schon die Vorbereitungen für eine neue Mipim China in Schanghai. Ein Premieren-Termin im zweiten Halbjahr 2014 wird noch gesucht. (Martin Putschögl, derStandard.at, 15.3.2013)

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