Wieder einmal trat die Initiative "Kunst hat Recht" vor kurzem in die Öffentlichkeit und machte sich für die Einführung der sogenannten Festplattenabgabe stark. Damit soll auf den technischen Fortschritt des Internets, der die Vervielfältigung von Liedern, Filmen und anderen Werken vereinfacht, reagiert werden. Jede Festplatte, jedes Speichermedium soll demnach mit einer Steuer belegt werden, die wiederum die fehlenden Einnahmen der Künstler ersetzen soll.

Es stimmt schon, dass heutzutage viel mehr vervielfältigt wird als noch vor 30 Jahren. Aber tun wir doch bitte nicht so, als hätten die Musik- und Filmindustrie und letztlich auch die Künstlerinnen und Künstler nichts vom technologischen Fortschritt. Viele würde ohne das Internet niemand kennen. Niemand würde zu ihren Konzerten gehen, niemand würde ihre Platten kaufen. Ein Justin Bieber würde noch immer alleine im Wohnzimmer singen, zur Kabinenparty hätte niemand getanzt und auch ein Marco Angelini hätte ohne seine über 40.000 Facebook-Freunde wohl weitaus weniger Zuspruch.

Wenn die Künstlerinnen und Künstler, wie sie behaupten, keinen Kampf gegen ihr Publikum führen wollen, dann ist es an der Zeit auch die Forderungen daran anzupassen. Die Kunstschaffenden sollten sich darauf konzentrieren zu thematisieren, wie wenig Erlös von ihren verkauften Platten, Büchern oder Filmen tatsächlich bei ihnen ankommt und wie viel am Weg in der Industrie hängen bleibt.

Man darf die Industrie und die Unternehmen nicht aus der Verantwortung lassen. Denn schon die Behauptung dass nur noch illegal rauf- und runtergeladen wird und die arme Film- und Musikindustrie um ihr Eigentum gebracht wird, ist schlichtweg falsch.

Wenn das Angebot stimmt, wird für Content auch bezahlt

Leute zahlen für E-Books, für Filme, für Musik. Es muss nur das Angebot passen. Seit ich iTunes habe, lade ich mir Musik nur noch über dieses Programm herunter und zahle dafür Geld. Und das mache nicht nur ich. Apple macht damit ein Riesen-Geschäft. Der Grund dafür ist einfach: Es ist bequem und die Qualität passt! Ich klicke zweimal und schon wird heruntergeladen. Ich habe die Sicherheit, dass die Qualität in Ordnung ist, ich mir keinen Virus oder sonst was einfange. Ich muss keine komplizierten Programme dafür anschaffen und irgendwelche Schutzmechanismen umgehen. Und last but not least: Es ist ganz sicher legal!

Genau aus dem gleichen Grund verdienen TV-Anbieter auch jede Menge mit ihrem On-Demand-Fernsehen. Zwischen zwei und sieben Euro zahlt man da für einen Film, weil man nicht in die Videothek fahren muss, um ihn auszuborgen und zurückzubringen. Mit dem richtigen Angebot sind Menschen also sehr wohl bereit für Content zu zahlen.

Festplattenabgabe ist der falsche Weg

Anstatt zu fordern, dass die Geldflüsse in den Verwertungsgesellschaften transparenter werden und sich die Unternehmen Geschäftsmodelle überlegen, die den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht werden, gehen die Künstlerinnen und Künstler leider den Weg des geringsten Widerstandes. Anstatt sich mit der mächtigen Industrie anzulegen, wollen sie mit der geforderten Festplattenabgabe ihr Publikum zur Kasse bitten und das auf absurde Art und Weise. Eine Festplatte zu besteuern ist nämlich im Grunde nichts anderes, als wenn man Papier besteuert, nur weil jemand darauf ein Buch abschreiben könnte.

Ein einfaches Beispiel: Im letzten Urlaub habe ich meine Kamera mitgehabt. Die Fotos habe ich danach auf meinen PC kopiert. Sicherheitshalber habe ich sie dann auf einer externen Festplatte gesichert. Und weil sich meine Mutter immer freut, wenn sie Bilder von mir hat, habe ich ihr eine CD mit den schönsten Bildern gebrannt.

Dafür zahle ich dann viermal. Für die Kamera, den Computer, die externe Festplatte und für den CD-Rohling. Und das, obwohl ich nur meine eigenen Fotos verwendet habe. Da geht es um mein eigenes Werk, nicht um irgendein Lied von einem Künstler. Das ist schlicht und ergreifend ungerecht.

Es ist eine Frage der Gerechtigkeit

Die Anliegen der Künstlerinnen und Künstler sind selbstverständlich berechtigt. Aber man muss auch die richtigen Fragen stellen, um die richtigen Antworten zu bekommen. Die richtige Frage lautet: Wie sorgen wir für mehr Gerechtigkeit? Und das geht ganz sicher nicht, indem man einfach ein veraltetes Urheberrecht auf neue Herausforderungen umlegt und damit alle Menschen zur Kasse bittet. Das führt nicht dazu, dass Kunstschaffende fairer entlohnt werden. Im Gegenteil, es führt einzig und allein dazu, dass die ohnehin schon reiche Industrie auf Kosten aller noch reicher wird. (Marcus Gremel, Leserkommentar, derStandard.at, 14.12.2012)