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Shelly Yachimovich, Spitzenkandidatin der israelischen Arbeiterpartei.

Foto: AP/SChalit

Was den Angriff auf Gaza betrifft, würde auch seine Partei nicht viel anders machen als die jetzige Regierung, sagt Eran Hermoni von der israelischen Arbeiterpartei. "Wir unterstützen unsere Brüder im Süden natürlich, die unter den Angriffen leiden", sagt der ehemalige Vorsitzende der jungen Arbeiterpartei. Dennoch ist die Eskalation im Gazastreifen aus seiner Sicht ein Produkt der Fehler der amtierenden rechtsreligiösen Koalition unter Ministerpräsident Benjamin Netanyahu.

"Die Arbeiterpartei hätte einen Friedensprozess mit Palästinenserpräsident Abbas angestrebt, und nicht wie Netanyahu alles eingefroren. Und dieser Prozess hätte geholfen, den Terror, den wir heute sehen, einzudämmen", meint er. Doch mit der Hamas würde auch er nicht verhandeln, weil diese Israel nicht anerkenne.

Die israelische Sicherheitspolitik und die Position gegenüber den Palästinensern sind nur ein Teil von vielen, in denen die Arbeiterpartei Netanyahus Likud widerspricht. Daneben will sie im Vorfeld der israelischen Wahlen am 22. Jänner vor allem mit Wirtschaftsthemen punkten und an die Sozialproteste vom letzten Jahr anschließen, die eine halbe Million Menschen gegen hohe Lebenskosten auf die Straßen gebracht hatten.

Bewegung in die Partei

"In der israelischen Arbeiterpartei bewegt sich was" - diesen Satz hört man in Israel zurzeit von vielen, aber vor allem von jungen Menschen mit liberaler politischer Einstellung. Sie hoffen, dass die nächsten israelischen Wahlen mehr sein werden als eine Rekonstitution von "König Netanyahu", wie der amtierende Ministerpräsident in den Medien wegen seiner sicheren Stellung an der politischen Spitze genannt wird.

Doch wenn Israelis von Bewegung in der Avoda (Arbeiterpartei) sprechen, meinen sie wohl vorerst nur das, was innerhalb der Partei passiert. Denn bislang ist die Spitzenkandidatin Shelly Yachimovich  laut einer israelischen Umfrage nur für etwa 17 Prozent der potenziellen Wähler für den Posten der Ministerpräsidentin geeignet.

"Die Bewegung in die Partei hat mit den Protesten im letzten Jahr zu tun. Letzten Sommer haben wir auf den Straßen demonstriert. Jetzt muss dieser Protest in eine politische Bewegung transformiert werden. Viele Israelis glauben, dass die Arbeiterpartei dieses Bedürfnis erfüllt", sagt Hermoni. Er selbst ist nur einer von vielen neuen Kandidaten, die bei den Vorwahlen der Partei Ende des Monats um einen Listenplatz kämpfen werden. Auch die Protestführerin aus dem letzten Sommer, Stav Shafir, und der Direktor der linken israelischen Nichtregierungsorganisation "Peace Now", Yariv Oppenheimer, sind im Rennen.

Wirtschaft ist out, Sicherheit wieder in

Das offizielle Wirtschaftsprogramm der Partei soll zwar erst in ungefähr zwei Wochen veröffentlicht werden. Das Prinzip dahinter sei jedoch schon jetzt klar, sagt Hermoni. "In den Protesten im letzten Sommer haben die Menschen einen neuen Vertrag zwischen Gesellschaft und Regierung gefordert. Aber mehr als ein Jahr später sehen viele Israelis immer noch, dass sie auch nach Studium und harter Arbeit zu wenig Geld verdiene, um über die Runden zu kommen", sagt er. Doch es war auch ein Kritikpunkt der Sozialproteste, dass sie politische Themen vermieden haben. So konnten zwar alle Bevölkerungsgruppen hinter sozialen Themen vereint werden. Nur sind diese Themen in Israel letztlich immer nachrangig.

Somit ist die Wirtschaftsagenda der Arbeiterpartei schon wieder in der Schublade, bevor sie überhaupt öffentlich wird. Denn nach mehr als hundert Luftangriffen auf Ziele im Gazastreifen und anhaltendem Raketenbeschuss auf israelische Zivilisten zählt auch in diesem Wahlkampf wohl wieder einmal nur ein Thema: "Sicherheit". Oder wie es Usama Antar, ein Politologe, der im Gazastreifen lebt, heute treffend beschrieben hat: "Das Blut der Palästinenser war schon immer ein gutes Thema im israelischen Wahlkampf. Das war bei den letzten Wahlen so, und ist auch jetzt wieder so." (Andreas Hackl, derStandard.at, 15.11.2012)