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Terry Callier ist tot. Der Grenzgänger zwischen Soul, Folk und Jazz wurde ob seiner Sanftheit bekannt, allerdings erst, als ihn die Acid-Jazz-Kultur wiederentdeckt hatte.

foto: ap/SANDRO CAMPARDO

Wien - Terry Callier gehörte zu den großen Sanften der Soulmusik. Zwar wurde er nie so bekannt wie ähnlich orientierte Vertreter des Fachs, dennoch entwickelte sich eine nachhaltige Karriere für den Sänger und Gitarristen aus Chicago. Auch wenn er dazwischen die Musik hat sein lassen, sich zum Computerfachmann ausbilden ließ und Soziologie studierte - bevor ihn Fans aus Übersee wie eine Berufung einholten und ihm eine erfolgreiche, zweite Karriere gegönnt war.

Geboren wurde der Mann mit dem zärtlichen Tonfall am 24. Mai 1945 im Schwarzenviertel von Chicago. Dort wuchs er auf, und dort war ein anderer zukünftiger Großmeister des Sanftmuts sein bester Freund: Curtis Mayfield.

Wie der 1999 verstorbene Mayfield sang Callier zwar von der Liebe, wusste aber, dass es nicht falsch sein konnte, auch über Soziales und Politisches zu singen. Statt Rhythm 'n' Blues spielte er in Beatnik-Cafés oder an Straßenecken Folk auf der akustische Gitarre und veröffentlichte 1968 sein vier Jahre zuvor aufgenommenes Debütalbum The New Folk Sound of Terry Callier.

In den frühen 1970er-Jahren war er für Songschreiber für das Chess-Records-Label und veröffentlichte drei Alben, die, mit dem Etikett Folk-Jazz versehen, zwischen den Stühlen landeten. Nach weiteren zwei Alben ohne größeren kommerziellen Erfolg ließ er es sein, besuchte Computerkurse, um seine Familie erhalten zu können, und arbeitete später für die Universität von Chicago.

In den späten 1980ern entdeckte die britische Acid-Jazz-Bewegung den Mann neu, spielte in den Clubs seine Platten und bewog ihn schließlich dazu, in England aufzutreten. 1998 erschien mit Timepeace sein bejubeltes Comeback-Album, eine Handvoll sollten bis Ende der Nullerjahre folgen, darunter stimmungsvolle Meisterwerke wie Lifetime oder das grandiose Livedokument Alive.

Callier wurde vom internationalen Soul- und Jazz-Zirkus absorbiert und trat mehrere Male in Österreich auf. Größere Bekanntheit bescherte ihm hierzulande der Zero-7-Remix seines Songs Love Theme From Spartacus, der einen Werbespot von Ärzte ohne Grenzen untermalte, der monatelang im Fernsehen lief.

In Großbritannien offerierten Verehrer und Fans Zusammenarbeit, Callier nahm manches an, darunter waren Projekte mit Paul Weller, Massive Attack, 4 Hero oder der Songwriterin Beth Orton. Allen drückte er zärtlich seinen Stempel auf. In einem Interview mit dem Standard 2004 sagte er: "Man kann die Eindringlichkeit mancher Themen ganz zärtlich behandeln und sie dadurch wirksamer verbreiten als im Zorn. Zorn ist als Motiv wichtig. Man muss aber vorsichtig sein, wie man ihn verarbeitet."

Nach längerer Krankheit ist Terry Callier am Sonntag 67-jährig in Chicago gestorben, eine genaue Todesursache wurde nicht bekanntgegeben. (Karl Fluch, DER STANDARD, 30.10.2012)