Nur den Fidler nicht überfordern - sehr schade eigentlich, dass ich auf Frau Wirtin hörte: Pilznudeln im nicht schönen, aber schon ziemlich guten Wirtshaus Sampl zur Burgruine in Neuhaus am Klausenbach.

Gasthaus Sampl
Zwei ordentliche halbe Portionen, Apfelsaft, Wasser, Kaffee: 19,60 Euro.

Foto: Harald Fidler

Schon wieder eine kleine Portion: Leber, geröstet, und zumindest im oberen Drittel der Fidler-Charts.

 

Foto: Harald Fidler

Das ist mir noch nie passiert. Eine Frau, Wirtin mithin, war ernsthaft besorgt, ich könnte mich überessen. Mit zwei (ja, zwei) Gängen. Ich war gerührt. Rührung erstickt jeden Widerspruch. In mir jedenfalls.

Aber wo sind wir eigentlich? Ich war überzeugt: In der Südoststeiermark, hinter mindestens sieben Bergen, jedenfalls fühlte sich die Anreise von Graz so an. Nun stelle ich soeben, wiewohl Südburgenländer by nature, bei einem Blick auf die Website des Gasthauses Sampl fest: Ich war im Südburgenland.

Zur Burgruine heißt das Wirtshaus noch. Die hab ich zwar nicht gesehen, aber mein Ortsgefühl ist ohnehin ruinös genug. Mein Geschmack ohnehin, und die p.t. Posterinnen und Poster werden wohl noch Verständlichkeit und Ausdruck unter Fidlers Ruinen einordnen. Beim letzten Punkt widerspreche ich so unbeirrbar wie Frau Wirtin.

Sorge ums Fassungsvermögen

Schön ist es nicht gerade bei den Sampls, aber gut. Wobei die Veranda zum Parkplatz und zum Neuhausener Minisupermarkt schon ganz angenehm zu besitzen ist. Aber der Veranda wegen wäre der Weg vielleicht ein bisschen breit hierher ins Südburgenland. Überhaupt: Von Graz oder von der Südautobahn auf der Route zurück nach Wien muss man wirklich nicht abbiegen nach Neuhaus am Klausenbach. Aber wenn man schon einmal da ist, kann man sich schon sehr über ein Wirtshaus freuen, das weit mehr als ordentlich versorgt. Und sich sorgt. Um den Fidler jedenfalls und sein Fassungsvermögen.

Also, Frau Wirtin: Ich hätt gern (wenig überraschend, wer mich kennt) die geröstete Leber. Und davor die Nudeln mit den Pilzen. Geht das? Geht schon, sagt Frau Wirtin, gibt aber zu bedenken, dass die Nudeln schon sehr sättigen. Sie rät mir zu einer kleinen Portion. Und zu einer kleinen Portion Leber. Und! Das! Mir! Ich willige ein, fassungslos auf vielerlei Art. Wobei natürlich Portionen, die mich schrecken oder gar überfordern sollen, schon in ihrer ganzen Pracht interessiert hätten.

Machen wir's kurz (nach vier Absätzen ohne ein Wort über's Essen, jaja): Ich habe einen starken Verdacht, warum Frau Wirtin mir zu kleinen Portionen riet. So schönes, so gutes, so wunderbares Wirtshausessen gibt man halt nicht gern einem dahergefahrenen Fremden. Das isst man viel lieber selbst.

Das ist natürlich eine böse Unterstellung, die nicht böse gemeint war, sondern ein getarnter, hoch erfreuter Befund. Frau Wirtin sieht auch gar nicht so aus, sondern vielmehr ernsthaft besorgt um mein leibliches Wohl. Und: Sie konnte ja nicht wissen, dass ich halt nie, oder jedenfalls praktisch Dessert nehme. Und also dafür gar kein Platz zu lassen wäre.

Obwohl ich höre, dass auch das Süße sich hier ausgesprochen gut anlässt. Vom Reinhold, der das Südoststeirisch-Burgenländische kennt bis hin zum Dachs, den er vorige Woche in dieser kleinen, felltieraffinen Rubrik als Ragout verspeiste. Und wie es ist, wenn man auf der Rückfahrt von Graz nach Wien nicht auf den Reinhold hört, erfahren Sie nächste Woche. Wenn mir nicht wieder was dazwischen kommt. (Harald Fidler, derStandard.at, 16.4.2013)