Bild nicht mehr verfügbar.

Dieses Prachtexemplar, fotografiert von der dpa, stammt aus Baden-Württemberg. Steirischer Dachs war gerade nicht im Bildarchiv vorrätig. Kein Wunder, wenn die dort vom DachsessClub verputzt werden.

Foto: dpa/Daniel Bockwoldt

Zuerst war da die Meldung: "Dachs, zum Wegwerfen viel zu schade". Jo, mei. Voriges Jahr habe ich davon gehört, dass man Dachsfleisch auch essen kann.

Dieses Tier, nein, ich kopiere jetzt den Wikipedia-Eintrag da nicht herein, ist mir persönlich noch nicht begegnet, ich kenne es von Fotografien, habe eine dunkle Erinnerung an eine "Universum"-Sendung, wo dieses Lebewesen vorgekommen ist (vielleicht irre ich mich) und ich habe eine Erinnerung an einen Dachsbau in meinen jungen obersteirischen Jahren.

In die freie Natur schmeißen

Als ich vor ungefähr einem Jahr erfahren haben, dass in der Südoststeiermark ein Verein gegründet wurde, der sich darum bemüht, das Dachsfleisch wieder auf den Teller zu bringen, fiel mir Vincent Klink, der Patron des Michelin-besternten Restaurants Wielandshöhe in Stuttgart ein. Gemeinsam mit Wiglaf Droste bringt er das kulinarische Kompendium "Häuptling Eigener Herd" heraus. Mit der Aufforderung: "Wir schnallen den Gürtel weiter".

Im Heft 49 blödelt er herum, dass "Dax" nicht schmeckt und bezieht sich dabei natürlich auf  den deutschen Börsenindex. Auf der PR-Ebene wird weiter kalauert: "Vincent Klink kocht einen Dachs für drei Personen. Einer holt ihn aus dem Ofen, einer öffnet das Fenster und der Dritte im Bunde schmeißt ihn dorthin, wo der Dachs zu Hause ist, nämlich in die freie Natur." So ein Schas mit Quastln.

Womit wir also beim Wesentlichen wären. Dieser Tage erfreuten wir uns über Meldungen von Enrofloxacin in Putenfleisch, das ist ein Antibiotikum, das für für alltägliche Ernährung nicht das Gelbe vom Ei ist.

DachsessClub

Alsdern, mit Dachsfleisch kann dir das nicht passieren. Du kennst das sehr menschenscheue Vieh nicht von Angesicht zu Angesicht und du kannst hundertprozentig sicher sein, dass keine Medikamentenrückstände im geschlachteten Kadaver gefunden werden. Bevor ein Fleisch dieses Tieres auf einem Speiseteller landet, hat es ein Tierarzt auf Trichinen untersucht. Der Dachs  ist ein Allesfresser, und somit braucht es für den Verzehr die amtsärztliche Freigabe.

In der Südoststeiermark gibt es einen Amtstierarzt, der meint, es sei sehr schade, dass dieses wertvolle Dachsfleisch bei der Tierkörperverwertung landet und nicht auf den Speiseteller. Mit Gleichgesinnten gründete Albin Klauber einen Verein, den"DachsessClub", der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Dachsfleisch auf den Küchentisch zu bringen und es oral zu vernichten. Ein grandiose Idee.

Über Vitamin B (wie Beziehung, Albins und meine Mutter sind Cousinen) kam ich nun in den Genuss, veredeltes Dachsfleisch zu kosten. Es war die Erfahrung und vor allem den Genuss wert. Ronald Übelbacher, Wirt und Koch im Gasthaus Kirchengast in Feldbach, hatte noch eine Portion Dachsragaout im Tiefkühler, das ich nun schnabulieren konnte. Also, dieses Dachsragout war eine geschmacklich völlig neue Erfahrung, irgendwo zwischen Wild(schwein) und Jungrind.

Weg mit dem Fett

Der Dachs wurde angebraten (mit Wurzelwerk) und dann geschmort. Ohne Wacholder und sonstigem Wildzubereitungsunfug. Nachher habe ich mir sagen lassen, dass man ziemlichen Aufwand treiben muss, damit ein Dachs genussfähig wird. Jedes Fett ist ein Aromaträger, das Dachsfett (Apotheker haben dafür Verwendung) hat einen "Dug'n" (Geschmack, "Hautgout"), der nicht salonfähig ist. Also, alles Fett bis auf die kleinsten Futzerl wegschnipseln, aber das ist der Job der Jäger und nicht der meinige. Die Duftdrüsen bei der Schwanzwurzel müssen ganz sauber herausgeschnitten werden, sonst kann man das Fleisch gleich wegschmeißen wegen des unerträglichen Aromas.

Für Dachsragout stehen alle Zubereitungsmöglichkeiten (grüner Pfeffer, Wacholder) offen, Teile des Tieres (Rücken, Schlögel) können als Braten ins Rohr geschoben werden, auch eine Dachssulz ist möglich. Auf diese Kostprobe freue ich mich ganz besonders, vor allem wenn das Fett abgeschöpft worden ist. In Frankreich, habe ich mir sagen lassen, gilt der Dachsschinken als Delikatesse. Wer will mich probieren lassen? (Reinhold Reiterer, derStandard.at, 19.3.2013)