HC Innsbruck: Bisher neun Saisonen in der Bundesliga/EBEL (443 Spiele, 214 Siege), größte Erfolge: Halbfinale 2003, 2005, 2006 | Aktueller Kader

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Olimpija Ljubljana: Bisher fünf Saisonen in der EBEL (285 Spiele, 119 Siege), größter Erfolg: Finale 2008 | Aktueller Kader

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Dornbirner EC: Bisher noch nie in der EBEL | Aktueller Kader

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Bis zum Saisonstart in der Erste Bank Eishockey Liga, die heuer am 6. September mit dem vorgezogenen Spiel zwischen Olimpija Ljubljana und den Vienna Capitals eröffnet wird, analysiert derStandard.at in einer vierteiligen Vorschau alle zwölf Klubs der Liga. Neben einer Darstellung der Kaderplanung und einer Einschätzung zu den Ambitionen des jeweiligen Teams werden zusätzlich alle Vereine auch in fünf Kategorien (Coaching, Defensive, Offensive, Potential, Organisation) mit jeweils null bis fünf Punkten bewertet, um einen fokussierten Blick auf die Chancen des jeweiligen Klubs in der kommenden Spielzeit zu ermöglichen.
Den Anfang in dieser Serie machen die vermeintlichen Nachzügler, die aus der zweiten Liga neu in die EBEL gekommenen HC Innsbruck und Dornbirner EC, sowie der personell stark umgebaute Halbfinalist des Vorjahres, Olimpija Ljubljana.

Innsbrucks Hau-Ruck-Aktion

Nach drei Jahren in der Zweitklassigkeit wagt der HC Innsbruck das Comeback in der höchste Liga, rund um den Saisonstart wird vielerorts von der Rückkehr einer traditionellen Eishockeyregion in die EBEL geschrieben und gesprochen werden. Das mag ob sieben an den Inn geholten Meistertiteln (Anm.: sechs zwischen 1953 und 1963 sowie der überraschende Triumph 1989) stimmen, tendenziell wird die Bedeutung Tirols im österreichischen Eishockey der Moderne jedoch überschätzt. Seit 2004 stand kein in Tirol ausgebildeter Spieler mehr in einem rot-weiß-roten WM-Kader.

Die lange Phase der Unsicherheit im Frühjahr bezüglich der Zukunft des Klubs (Anm.: EBEL oder Nationalliga, sogar mit einem Wechsel in die italienische Meisterschaft wurde kokettiert) schlug sich auch in der Personalplanung nieder, Innsbruck stellt die nominell deutlich schwächste Mannschaft der Liga. Stärker als jeder andere österreichische Verein in der höchsten Spielklasse ist der HCI von den Finanzierungszusagen der öffentlichen Hand abhängig, die Stadt und - indirekt über den Hauptsponsor Tiroler Wasserkraft - das Land sind die wichtigsten Geldgeber. Der daraus resultierende Druck, möglichst viele einheimische Spieler in das Team einzubauen, beschränkt das sportliche Potential der Mannschaft. Zwar stehen im 22 Mann umfassenden Kernkader gleich 13 Tiroler, nach drei Jahren an verhaltener Entwicklung in der Nationalliga hemmt diese Fokussierung jedoch die Konkurrenzfähigkeit.

Erschwerend hinzu kommt der Umstand, dass sich das Innsbrucker Publikum bisher als wenig begeisterungsfähig erwies und der Zuschauerschnitt pro Heimspiel zuletzt vier Jahre hintereinander zurückging. Vorbei die Zeiten, als Mitte der letzten Dekade noch 6 bis 7.000 Fans zu Play-Off-Spielen in die Olympiahalle kamen. Dem HCI, der ohnehin die kleinste Halle der Liga bespielt und finanziell nicht auf Rosen gebettet ist, droht die wirtschaftliche Abwärtsspirale: Bescheidener sportlicher Erfolg, schlechte Stimmung, ausbleibende Fans, zurückgehende Zuschauereinnahmen.

Im Rahmen der Möglichkeiten (und teilweise Vorgaben) des Klubs hat Coach Daniel Naud ein Team zusammengestellt, das für die eine oder andere Überraschung sorgen kann, dem es jedoch so deutlich an Tiefe fehlt, dass eine Play-Off-Qualifikation außer Reichweite liegt. Die acht Legionäre im Kader gehören in Sachen Qualität bestenfalls zum Ligadurchschnitt, einzig der französische Verteidiger Antonin Manavian (25) verfügt über das Potential, ein positives Ausrufezeichen zu setzen. Offensiv ruhen viele Hoffnungen auf Aaron Fox (36), der in seiner EBEL-Karriere zwar eindrucksvolle 1,15 Scorerpunkte pro Partie sammelte, an dem die beiden jüngsten Nationalligajahre jedoch nicht spurlos vorübergegangen sind.

Zentrales Problem ist das Fehlen herausragender österreichischer Spieler. Als auf Erstliganiveau produktivster Stürmer präsentierte sich in seiner bisherigen Karriere Patrick Mössmer, die im Schnitt 0,30 Punkte in jedem seiner 408 EBEL-Spiele entsprechen in etwa dem Wert von Martin Grabher-Meier, der beim aktuellen Meister Linz zwischen dritter und vierter Linie pendelt. Die aktuelle Planung sieht vor, dass Mössmer mit Alexander Höller und Aaron Fox eine der beiden Scoring-Lines bildet, das Import-Trio Lemieux, Bartlett, Aquino die andere. Hinter diesen beiden Blöcken fällt das spielerische Potential massiv ab, wenngleich es interessant zu beobachten sein wird, wie sich Christoph Echtler und der potentielle Rolepayer Benedikt Schennach auf Erstliganiveau schlagen.
In der Abwehr kommen auf die Legionäre Manavian, Insana und Switzer ob fehlender österreichischer Ergänzungen von ausreichender Qualität schwere Zeiten zu, dafür gehen die Haie mit einem interessanten Goalie-Duo in die Saison. EBEL-Rückkehrer Patrick Machreich und der Italiener Thomas Tragust gehören zwar nicht zum Besten, was die Liga zu bieten hat, ihre Ausgeglichenheit ist jedoch ein großer Vorteil. Auf der Torhüterposition muss sich Innsbruck im Jahr eins nach seinem wohl nicht gänzlich zu Ende durchdachten Aufstieg die geringsten Sorgen machen.

Abgespeckte Drachen aus Ljubljana

Nach dem Ausscheiden des HK Jesenice ist Olimpija in der kommenden Spielzeit Sloweniens einziger Vertreter in der Erste Bank Eishockey Liga. War anfänglich damit zu rechnen, dass dies eine Konzentration der besten Spieler des Landes im Kader der Drachen zur Folge hat, stellt sich das Bild eine Woche vor Saisonbeginn anders dar. Mit Vedlin, Goličič und Pintarič hat Ljubljana sogar drei etablierte einheimische Kräfte verloren.
Die Überraschungsmannschaft der letzten Saison, die es ins EBEL-Semifinale schaffte und erstmals seit 2007 wieder slowenischer Meister wurde, zerlegte es in ihre Einzelteile. Nach wie vor schleppt der Verein wirtschaftliche Altlasten mit sich herum, auch ein neuer Hauptsponsor konnte nicht verhindern, dass Olimpija 2012/13 mit dem geringsten Personalbudget seit seinem Einstieg in die Liga auskommen muss.

Von den zehn Imports, die im Vorjahr das grüne Trikot überstreiften, findet sich mit dem russischen Ergänzungsspieler Sergei Smirnov nur noch ein einziger im heurigen Kader. Torhüter Lamoureux, Abwehrchef Fraser, Spielmacher Hughes - die Slowenen verloren in jedem Mannschaftsteil ihre wichtigsten Stützen. Speziell der Abgang des Letztgenannten, im Vorjahr mit großem Abstand bester Scorer der gesamten Liga und am Saisonende auch zum wertvollsten Spieler der EBEL gewählt, ist für den Hauptstadtklub nicht zu kompensieren.
Ergänzt hat man den Kader mit acht nordamerikanischen Spielern, die größtenteils nach Ljubljana gekommen sind, um sich einen Namen am europäischen Markt zu machen. Sie spielen für Jahresgehälter, die an anderen Standorten der Liga als bessere Signing-Boni durchgehen würden, Olimpija hofft, dass aus dem einen oder anderen vermeintlichen Kohlestück dennoch ein Diamant wird.

Noch größere Verantwortung als in der Vergangenheit lastet somit auf den slowenischen Führungsspielern wie Žiga Pance (23), im Vorjahr jüngster Kapitän in der gesamten Liga, und Aleš Mušič. Der 30järige legte 2011/12 an der Seite von John Hughes die deutlich beste Saison seiner Karriere hin und punktete bei 65,8 Prozent seiner Einsätze - der dritthöchste Wert aller einheimischen Spieler in der EBEL hinter Raffl und Ladányi.
Bestimmende Akteure in Olimpijas Abwehr werden die beiden ehemaligen U18-Weltmeister Patrick Coulombe (27) und Michael Ratchuk (24) sein. Ersterem ist die Schlüsselrolle im Spielaufbau und im Powerplay zugedacht. Für positive Aspekte kann auch Žiga Grahut (22), Neuzugang aus Jesenice, sorgen, der sich allerdings in der Saisonvorbereitung verletzt hat. Im Tor muss der neu verpflichtete Jerry Kuhn (26) in die sehr großen Fußstapfen von J.-P. Lamoureux treten, abgesichert wird dieses Experiment nur durch die beiden unerfahrenen Eigenbau-Goalies Boh und Koren.

Ljubljana hat in allen Mannschaftsteilen an Qualität eingebüßt, Hoffnungsträger ist daher der neue Trainer Heikki Mälkiä, der im Vorjahr als Fels in der stürmischen Brandung von Chaos-Klub Jesenice bewiesen hat, auch unter schwierigsten Bedingungen gute Arbeit leisten zu können. Dass Olimpija die Erfolge aus der letzten Saison wiederholen kann, erscheint als sehr unwahrscheinlich, die Highlights der Spielzeit werden wohl das geplante Open-Air-Spiel im Fußball-Nationalstadion gegen den KAC und die Teilzeit-Übersiedlung in die große Arena Stožice sein. Dort, wo Österreichs Nationalteam im April die Rückkehr in die A-Gruppe schaffte, empfängt Ljubljana im Jänner den VSV, Zagreb, Wien und Salzburg.

Dornbirn wagt und kann gewinnen

Erstmals seit der Saison 2003/04 ist Vorarlberg im kommenden Jahr wieder in der höchsten Spielklasse vertreten. Doch nicht die bereits bundesligaerfahrenen Klubs aus Feldkirch und Lustenau (gemeinsam 45 Erstligajahre bzw. 1.394 -spiele) wagten den Schritt, sondern der erst 1992 gegründete Dornbirner EC vertritt nun das westlichste Bundesland. Nach elf Jahren in der Nationalliga, in deren letzten vier stets mehr Siege eingefahren werden konnten als in der jeweils vorangegangenen Saison, und einer kontinuierlichen Weiterentwicklung und Professionalisierung des Klubs feiern die Bulldogs am 7. September ihr EBEL-Debüt. Ein Sprung, der dem kleinen Klub große Anstrengungen abverlangte, der gleichzeitig jedoch deutlich besser vorbereitet und organisiert erscheint als beim Mitaufsteiger aus Innsbruck.

Personell blieb in Dornbirn kaum ein Stein auf dem anderen, wobei die wichtigste Entscheidung mit der Ernennung von Dave MacQueen zum Cheftrainer getroffen wurde. Der Kanadier mit Erfahrungen als Assistant Coach in der NHL bewies zuletzt in zwölf Jahren in der hochwertigen Juniorenliga OHL, dass er es versteht, ein Team neu aufzubauen und zu formen. Sein über das Traineramt hinausgehender Kompetenzbereich in Dornbirn erlaubt es, genau diese Fähigkeit als Gestalter einbringen zu können - für den Liganeuling ein Glücksgriff.

Mit dem Beginn des Eistrainings startete MacQueen eine groß angelegte Try-Out-Phase, in der sich mehr als 20 Spieler beweisen und für einen Vertrag empfehlen konnten. Die getroffenen Entscheidungen beim Verkleinern dieses Kreises an potentiellen Verstärkungen ließen deutlich erkennen, dass Dornbirn seine Personalpolitik anders als der überwiegende Großteil der Ligakonkurrenten nicht zwingend nach den individuellen Fähigkeiten der einzelnen Spieler ausrichtet, sondern sein Team vielmehr nach Rollenbildern besetzt. So können etwa Unterzahl-Spezialist Nicolas Petrik oder der klassische Drittlinien-Flügel Christian Ban durchaus optimistisch auf Vertragsangebote hoffen, die sie an anderen EBEL-Standorten kaum erhalten hätten.

Auf der Liste der bereits vertraglich gebundenen Spieler finden sich aktuell zwölf nordamerikanische Legionäre. Auffällig dabei, dass gleich drei der ligaweit sechs ehemaligen Erstrunden-Picks im NHL-Draft in Vorarlberg auflaufen. Spieler, die vor wenigen Jahren zu den 30 weltweit größten Talenten ihrer Alterskohorte gehörten, trotz nachweislichen Fähigkeiten den großen Durchbruch jedoch aus verschiedenen Gründen nie schafften und nun bei Dornbirn einen Neustart wagen. Einem von ihnen, dem bereits recht erfahrenen Michael Henrich (32), kommt unter MacQueen eine besondere Rolle zu: Der Stürmer, der in seinen letzten sieben Jahren als Profi starke 1,04 Punkte pro Spiel scorte, wurde zum Verteidiger umfunktioniert und soll spielgestaltende Aspekte in Dornbirns Defensive einbringen.

Dem Neuaufbau des Teams geschuldet, aber dennoch als potentiell problematisch einzustufen ist der Umstand, dass sich kaum österreichische Führungsspieler im Kader finden. Lokale Verwurzelung spielte in der Personalplanung keine Rolle, vielmehr versuchte der Klub, eine Mannschaft zusammenzustellen, die das Publikum ob ihrer attraktiven Spielweise in die Messehalle lockt. Zur Verbreiterung des sehr dünnen Stamms an rot-weiß-roten Cracks ging man eine Kooperation mit dem Zweitligisten Zell am See ein, von dem während der Saison der eine oder andere Null-Punkte-Spieler seine Chance auf EBEL-Einsätze erhalten wird. Dornbirns größte Herausforderung ist es, aus der zusammengewürfelten Truppe möglichst schnell eine funktionierende Mannschaft zu formen. Gelingt dies bis zum Jahreswechsel, hat der Aufsteiger in der Qualifikationsrunde eine kleine Außenseiterchance auf den Play-Off-Einzug. (Hannes Biedermann; derStandard.at; 31.August 2012)