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Die Kritik an dem ehemaligen Microsoftmanager Stephen Elop wächst.

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Nokia bekommt seine Strukturkrise offenbar nicht in den Griff. "Wir ahnten, dass etwas Schlimmes passieren würde. Aber Kündigungen in diesem Ausmaß hatten wir nicht erwartet", sagte Mikko Lintunen, Repräsentant für Nokias höhere Angestellten am Donnerstag. Kurz zuvor hatte die Konzernführung bekanntgegeben, dass der lange Zeit unangefochtene Handyweltmarktführer 10.000 Stellen weltweit bis Ende 2013 streicht - der WebStandard berichtete. Damit fällt rund jede fünfte Stelle im Handy-Geschäft weg. 3700 davon im Heimatland Finnland.

"Das ist der Todesstoß für unsere Stadt"

Alleine in der finnischen Stadt Salo soll die gesamte Fabrik eingestampft werden. 850 Mitarbeiter müssen gehen. "Das ist der Todesstoß für unsere Stadt", beklagte Stadträtin Katja Taimela. Die Arbeiter hatten am Donnerstag wenig Lust den zahlreichen Journalisten vor dem Werk Fragen zu beantworten. Auch auf dem Aktienmarkt sieht es düsterer aus denn je. Nokias Aktien rasten nach der Bekanntgabe auf unter zwei Euro.

14.000 Stellen waren im Vorjahr dem Rotstift zum Opfer gefallen. Nimmt man den Kahlschlag beim Joint-Venture Nokia-Siemens-Network dazu, sind seit Amtsantritt von Nokia-Chef Stephen Elop im Oktober 2010 mehr als 40.000 Arbeitsplätze bei dem Konzern gestrichen worden. Das sind über ein Viertel der weltweiten Gesamtbelegschaft.

Verschlafen

Nokia kämpft damit, den Anschluss an den Smartphonemarkt zu finden, den es lange verschlafen hat. Während Rivalen wie Apple und Samsung regelmäßig Verkaufsrekorde melden, liegt der Verkauf der Nokia-Windows-Phones, auf die Nokia-Chef Stephen Elop setzt, Schätzungen zufolge noch bei zwei Prozent. Erst jüngst erklärte er, dass die Zahlen im zweiten Quartal noch tiefer in den roten Bereich absinken werden.

"Er hat unserem Unternehmen bisher Schäden in Höhe von 15 Mrd. Euro verursacht."

Die Kritik an Elop wächst. Finnische Analytiker werfen dem Ex-Microsoft-Manager vor, mit dem Wechsel zum Windows-Betriebssystem eine gravierende Fehlentscheidung getroffen zu haben. Technikexperte und Ex-Nokia-Mitarbeiter poltert in seinem Blog: "Elop ist der schlechteste Chef eines Konzerns in der menschlichen Geschichte. Er hat unserem Unternehmen bisher Schäden in Höhe von 15 Mrd. Euro verursacht."

Nokia = Finnland

Dass Nokia einst symbolisch für die Leistungskraft der finnischen Wirtschaft und ein Fünftel aller Unternehmenssteuern stand, kommt vielen Finnen mittlerweile fast unwirklich vor. Innerhalb eines Jahrzehnts ist der Marktwert von 300 Milliarden auf weniger als 20 Milliarden Euro geschrumpft. (André Anwar aus Helsinki, Der Standard, 14.06. 2012)