"Für den Mann ist es sehr unromantisch, wenn er Glut und Feuer nicht sieht. Deshalb ist der Deckel unbeliebt", sagt Grillweltmeister und Fleischermeister Adi Matzek.

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Der Fleischhauer Adi Matzek ist ein Hornochse. Aber nicht irgendeiner. Mit seiner Grilltruppe "Waldviertler Hornochsen" hat er bereits zweimal die Weltmeisterschaft im Grillen gewonnen. Im niederösterreichischen Horn hält er einschlägige Seminare, die Interessierten das nötige Know-how für einen professionelleren Umgang mit der Feuerküche bieten. Mit derStandard.at sprach Matzek über die (männliche) Faszination an der Glut, unterschiedliche "Grill-Typen" und die Vergleiche zum Profifußball.

derStandard.at: Herr Matzek, ich habe einen Artikel über Sie gelesen, in dem Sie als "lebende Rostlegende" bezeichnet werden. Gefällt Ihnen eine solche Titulierung?

Matzek: Damit habe ich kein Problem. (lacht) Das spiegelt wohl den Umstand wider, dass ich mich seit einem Jahrzehnt in der Branche bewege. Wir sind jetzt zehn Jahre auf Tour unterwegs, in der wir als Mannschaft an Grill-Meisterschaften teilgenommen haben.

derStandard.at: Wie kam es zu Ihrer Leidenschaft und der professionellen Arbeit am Grill?

Matzek: Das war sozusagen Zufall. Alles begann 1998 mit einer Reise nach Holland. Auf der Zugfahrt habe ich den damaligen Grillweltmeister kennengelernt und bei den Gesprächen über "Grillen und Sport" sofort Feuer gefangen. Ich habe damals nach grillaffinen Leuten gesucht und mit unserer ersten Aufstellung als "Matzeks Grillertruppe" bei der österreichischen Meisterschaft den dritten Platz geholt. Mit dem nächsten Grillteam "Waldviertler Hornochsen" haben wir 2005 dann den Weltmeistertitel holen können.

derStandard.at: Sie sind also nicht alleiniger Grillweltmeister?

Matzek: Nein, Grillweltmeister ist immer eine Mannschaft, da die Tätigkeit einen sehr hohen sozialen Stellenwert hat. Das ist beim Fußballweltmeister schließlich nicht anders. Es gibt einen Teamchef, der die Gruppe finanziert und zusammenhält, aber die Berechtigung für den Titel hat die Mannschaft. Dahinter stehen ein hartes Training und Investitionen von bis zu 8.000 Euro.

derStandard.at: Man repräsentiert die Gruppe also nach außen.

Matzek: Ja, man hat werbetechnisch versucht, das Grillen als Mannschaftssport zu etablieren, aber Interviews mit acht Personen sind schwierig. Im Profifußball ist das ähnlich.

derStandard.at: Was macht einen Grillweltmeister aus?

Matzek: Es geht primär darum, das Beste aus jedem im Team herauszuholen. Die Summe der Stärken aller Mitglieder macht eine Gruppe kontinuierlich erfolgreich.

derStandard.at: Aus wie vielen Personen besteht eine Mannschaft und gibt es Teilnahme-Kriterien?

Matzek: Die Profi-Grillteams werden von sechs bis acht Personen gebildet, bei der Amateurmeisterschaft sind es meist etwas mehr. Mitmachen kann jeder, der sich für die Sache interessiert und sich der Herausforderung stellen möchte. Es gibt eine Reihe sehr starker Truppen ohne ausgebildete Köche oder Fleischer, wie ich es bin. Die Leidenschaft ist es, worauf es ankommt.

derStandard.at: Erzählen Sie uns etwas über den Ablauf einer Grillweltmeisterschaft.

Matzek: Erst einmal ist eine Anmeldung beim österreichischen Grillverband Austrian Barbecue Association erforderlich. Seit 2006 erfolgt die Warenausgabe über einen Warenkorb, den die Teilnehmer einen Tag vor dem Wettbewerb ansehen können. Das hilft insbesondere, wenn es noch etwas vorzubereiten, zu marinieren oder nachzujustieren gilt. Im Wettkampfbereich, im Jargon auch "Wettkampfkaro" genannt, sitzt eine sechsköpfige Jury. Von diesen Gästen haben nur zwei Jurymitglieder einen Bewertungsbogen, die vier anderen sind VIP-Gäste und dürfen lediglich das gute Essen genießen. Schließlich bekommt jede Mannschaft vier Foodcontainer (Speiseboxen zum Warmhalten von Mahlzeiten, Anm.), in denen die Menügänge an eine Jury von 60 bis 80 Personen zur anonymen Bewertung gebracht werden.

derStandard.at: Was gilt es bei der Bewertung zu beachten?

Matzek: Die Jury muss geschult sein, was bedeutet, dass sie bestimmte Vorlieben für Gewürze oder Fleisch möglichst in den Hintergrund rücken. Dann werden die Menüs in sieben Punkten, unter anderem zu Geschmack und Garstufe, bewertet. Absolut verboten ist es, die Speisen miteinander zu vergleichen, weshalb jeder Grillteller nur von einer Person gustiert wird.

derStandard.at: Was kann man gewinnen?

Matzek: Das Preisgeld in Europa ist je nach Veranstaltung unterschiedlich, bei der Staatsmeisterschaft in Österreich, die am 2. Juni in Stainz stattfindet, kann man insgesamt 3.000 Euro gewinnen. Zusätzlich gibt es Sachpreise. International schaut es da schon anders aus. Ein Gewinn von umgerechnet etwa 20.000 Euro ist keine Seltenheit. In den USA können Siegertruppen bei nationalen Grillmeisterschaften dank diverser Werbepartner zwischen 60.000 und 80.000 US-Dollar mit nach Hause nehmen.

derStandard.at: Gegrillt wird ja überall auf der Welt. Gibt es Unterschiede im internationalen Vergleich?

Matzek: Ja, die gibt es auf jeden Fall. Argentinien beispielsweise ist dafür bekannt, vom Rind die Brust und das Rippenfleisch zu grillen, was bei uns eher minderwertige Produkte sind. Das indirekte Grillen (Grillen neben und nicht über der Flamme, Anm.) macht daraus wieder hochwertiges Fleisch. In den USA ist das "Rauchige" besonders beliebt, die Griller lieben ihren riesigen Smoker, der auf europäischen Grillpartys noch selten zu finden ist. Europa hingegen ist ein Meister der kleinen Stücke. Diese Unterschiede finde ich sehr schön, das macht die Vielfalt der Grillkultur aus.

derStandard.at: Sehen Sie auch Trends aus anderen Ländern nach Österreich schwappen?

Matzek: Das in den USA verbreitete Barbecue hält auch bei uns immer mehr Einzug. Zunehmend beliebt ist auch indirektes Grillen, das durch die längere Garzeit eine Herausforderung für ungeduldige Outdoorköche darstellt.

derStandard.at: Gibt es denn verschiedene Grilltypen?

Matzek: Viele sogar! Ein Typus ist beispielsweise der "Eilige", dem es nicht schnell genug gehen kann. Bei zu schnell entfachter Kohle kann das Feuer aber Probleme machen und gefährlich werden. Dann gibt es den "Relaxten", der die Sache entspannt angeht und auf indirektes Grillen schwört. Den ersten Typ kennt man, den zweiten wird man in Zukunft erst kennenlernen.

derStandard.at: Was meinen Sie damit?

Matzek: Dem relaxten Griller, der indirekt und mit Deckel grillt, gehört die Zukunft.

derStandard.at: Grillen mit Deckel macht also nicht so viel Spaß?

Matzek: Für den Mann ist es sehr unromantisch, wenn er Glut und Feuer nicht sieht. Deshalb ist der Deckel unbeliebt. Der Trend geht aber in Richtung einer Kombination aus direktem und indirektem Grillen unter einem Deckel. Dabei liegt das Grillgut zuerst seitlich von der Flamme, danach direkt über der Glut. Das ergibt ein schönes Finish. Dann ist man der King am Grill.

derStandard.at: Ein schönes Stichwort. Ist das Grillen eine Männerdomäne?

Matzek: Eindeutig. In unseren Seminargruppen, die aus etwa 25 Personen bestehen, sind sehr selten Damen vertreten. Gott sei Dank ist das Grillen eine Männerdomäne, eine der wenigen, die uns noch geblieben sind. Heute sind alle Lebensbereiche derart vermischt, was für die Gesellschaft vielleicht gar nicht so vorteilhaft ist. Durch den Einstieg ins Berufsleben entfällt für die Frau quasi die Zuständigkeit für die Familie, aber dadurch kommt es zu einer Doppelbelastung.

derStandard.at: Konnten Sie in den letzten Jahren eine Veränderung in Ihren Seminaren beobachten, zum Beispiel einen Anstieg weiblicher Kursteilnehmer?

Matzek: Anders als in den Anfängen bieten wir heute auch Grillseminare für Pärchen an. Die Vorstellung von Feuer, kleinen Teilstücken auf offener Hitze mit über 160 Grad Celsius scheint Frauen prinzipiell zu stressen. Diese Scheu ist aber nach dem Kurs verflogen. Es gibt auch eine verstärkte Nachfrage von Firmen, die Grillseminare buchen, um das Wir-Gefühl zu stärken.

derStandard.at: Haben Sie einige Grilltipps für unsere LeserInnen?

Matzek: Eine Grundregel für magere Fleischstücke unter drei Zentimetern - das sind sozusagen die Edelteile beim Grillen - ist, dass sie nur ein Mal gewendet werden sollten. Sobald Fleischsaft austritt, drehen, genauso wird dann auch die zweite Seite gegart. Wichtig ist dabei, das Grillgut für zwei bis drei Minuten indirekt oder in Alufolie auf dem Rost zu lassen, damit sich sich der Saft im Fleisch wieder verteilen kann. So wird der Schweinslungenbraten um eine Klasse schmackhafter. Schopfschnitten können, wenn sie gut durchzogen sind, mehrmals gewendet werden.

Außerdem sollte jeder auf seine Bedürfnisse achten - ob mit Holzkohle, Gas oder indirektem Grillen. Es gibt viele, für die der Holzkohle-Geruch ein besonderer Faktor ist. Wer den Vorgang zu stressig findet, ist mit einem Gasgriller besser beraten.

derStandard.at: Welche Fehler sollte man beim Grillen vermeiden?

Matzek: Man sollte Holzkohle nicht zu schnelles entfachen, sondern zumindest eine Stunde vorher entzünden. Damit der Rost richtig durchgeglüht ist und die optimale Temperatur erreicht ist.

derStandard.at: Werfen Sie in Ihrer Freizeit auch gelegentlich den Grill an?

Matzek: Viel Freizeit habe ich ja nicht, aber ich versuche mir die Sonntage frei zu halten. Und natürlich wird bei uns in der Saison zwischen April und Oktober sehr gerne der Griller angeworfen. Dabei ist egal, ob Knusperspeck mit Spiegelei oder Schokocroissants. (Eva Zelechowski, derStandard.at, 14.5.2012)