Foto: Oesterreichs Energie, Andreas Urban
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Wie kann die Energiewende gelingen, und welche Rolle spielen dabei die Stromnetze? Diese Fragen standen am 28. Februar im Mittelpunkt des Trendforums von Oesterreichs Energie, das unter dem Motto „Erneuerbare Energien, ja bitte! - Netze, nein danke?" stand. Die enorme Bedeutung der aktuellen Fragen der Verteilnetze dokumentierte sich auch im hohen Interesse des Fachpublikums, denn mit über 150 Gästen übertraf die Veranstaltung bei weitem die Erwartungen.

Auf die großen Herausforderungen, vor denen die Netzbetreiber durch die Integration der erneuerbaren Energien stehen, verwies Peter Layr, Präsident von Oesterreichs Energie und Vorstandsdirektor der EVN in seinem Eingangsstatement anhand aktueller Zahlen aus Österreich: Um die anstehenden Aufgaben zu bewältigen, müsse die E-Wirtschaft mittelfristig eine Investitionssumme von rund 13 Milliarden Euro aufwenden.

Deutsche Erfahrungen zeigen Herausforderungen der Energiewende

Über die aktuellen Fragen, die der komplette Umbau der Energieversorgung in Deutschland aufwirft, berichtete Hans-Joachim Ziesing, Mitglied der Expertenkommission zur Überprüfung der deutschen Energiewende, in seiner Keynote-Speach. Man sei, so der Experte, „ziemlich einäugig in die Energiewende hineingestolpert und komme nun zur Erkenntnis, dass die bestehende Netzinfrastruktur für den rasanten Ausbau der erneuerbaren Energien gar nicht gerüstet ist". Massivste Anstrengungen seien vonnöten, um in einem knappen Zeitfenster die Versäumnisse nachzuholen.

Genehmigungsverfahren verkürzen, Investitionsanreize schaffen

Auf die inneren Zusammenhänge des Systems der Stromversorgung und die daraus entstehenden Anforderungen verwies Prof. Günther Brauner, Vorstand des Instituts für Energiesysteme und Elektrische Antriebe an der TU Wien. Der Umstieg auf erneuerbare Energiesysteme erfordere nicht nur einen signifikanten Ausbau der Netzinfrastruktur, sondern auch entsprechende Stromspeichermöglichkeiten. Diese seien für Deutschland aber derzeit nicht absehbar.

Martin Graf, Vorstandsdirektor der Energie-Control Austria, sieht Österreich in dieser Hinsicht dank der existierenden hohen Kapazität der Pumpspeicherkraftwerke besser gerüstet. „Hierzulande besteht die Notwendigkeit eher darin, Genehmigungsverfahren für den Netzausbau zügiger durchzuziehen, die nötigen finanziellen Anreize für die Netzbetreiber seien durch die aktuellen regulatorischen Rahmenbedingungen gegeben", so Graf.

Diese Ansicht des Regulators teilen Österreichs Netzbetreiber nicht. Sie sehen sich im Gegensatz dazu vor Unsicherheiten bezüglich der langfristigen Finanzierung und Regulierung, erklärte Reinhard Brehmer, Spartensprecher Netze von Oesterreichs Energie und Geschäftsführer Wien Energie Stromnetz GmbH. Brehmer verwies darauf, dass die Netztarife durch Effizienzabschläge im letzten Jahrzehnt drastisch gesunken seien und regte zur Finanzierung des Netzausbaus eine jährliche Erhöhung der Netztarife um zwei bis drei Prozent an. „Eine solche Erhöhung würde für einen Haushalt nur eine Belastung von rund einem bis 1,5 Cent pro Tag bedeuten", so Brehmer.

Umfangreicher gesellschaftlicher Diskurs erforderlich

Für einigen Diskussionsstoff sorgte der Hinweis Ziesings, dass man sich in der Kostenverteilungsdiskussion auch Gedanken über Fragen der gerechten Finanzierung und Energiearmut machen müsse. Ziesing schlug vor, Alternativen zu überlegen, statt alles den Marktmechanismen zu überlassen. Einig waren sich hingegen alle Diskutanten darüber, dass sich gangbare Lösungen nur in einem umfangreichen Diskurs unter Einbeziehung aller Gruppen finden lassen würden.

Dieser Sicht schloss sich auch Barbara Schmidt, Generalsekretärin Oesterreichs Energie an. Schmidt verwies darauf, dass der Staat die Interessen der Kunden während des Jahrzehnts seit Beginn der Liberalisierung bisher zu wenig beachtet habe. Zwar seien die Energiekosten und Netztarife im vergangenen Jahrzehnt teilweise stark gesenkt worden, davon sei insbesondere bei den Haushalten aber nur wenig angekommen, weil im Gegenzug Steuern und Abgaben erhöht wurden. Jetzt benötigten die Netze mehr Geld für Investitionen, die durch eine moderate Steigerung der Netztarife finanzierbar wären. Es gebe aber keinen Raum mehr für höhere Steuern und Abgaben, wenn man die Belastung in Grenzen halten wolle. Schmidt: „Das Verständnis für die notwendigen Maßnahmen können wir bei den Konsumenten nur mit gezielter Aufklärung und den Verzicht auf neue Zusatzbelastungen erreichen."