Foto: oesterreichs energie, andreas urban

Hochkarätig besetzte Diskussionsveranstaltung: (v.l.n.r): Moderatorin Manuela Raidl, Dipl.-Ing.Reinhard Brehmer (Spartensprecher
Netze von Oesterreichs Energie und Geschäftsführer Wien Energie Stromnetz GmbH), Mag. (FH) Martin Graf (Vorstandsdirektor
der Energie-Control Austria), Em. O. Univ.-Prof. Dr.-Ing. Günther Brauner, Dr. Hans-Joachim Ziesing (Mitglied der Expertenkommission
zur Überprüfung der deutschen Energiewende).

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Trendforum Oesterreichs Energie in der Wolke 19 des Ares Towers.

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Nur mit einer verursachergerechten Finanzierung, sicheren Rahmenbedingungen und entsprechendem Weitblick lässt sich der Ausbau der Stromnetze bewerkstelligen, der durch den Ausbau der erneuerbaren Energieformen zur TopAgenda aufgerückt ist. Das ist das wesentliche Resümee des Trendforums von Oesterreichs Energie, das am 28. Februar in der „Wolke 19" des Ares Towers in der Wiener Donaucity stattfand und den Titel „Erneuerbare Energien, ja bitte! - Netze, nein danke?" trug.

Vor welchen Herausforderungen die Netzbetreiber stehen, zeigte Peter Layr, Präsident von Oesterreichs Energie und Vorstandssprecher der EVN in seinem Eingangsstatement anhand einiger Zahlen. „2011 waren in Österreich bereits 22.000 Ökostromanlagen mit einer Leistung von 4000 Megawatt am Netz." Um den weiterhin stark steigenden Anteil erneuerbarer Energie aus Windkraft und Photovoltaik zu bewältigen, muss die Branche mittelfristig rund 13 Milliarden Euro für Ausbau und Instandhaltung ihrer Stromnetze aufwenden.

Aus deutschen Fehlern lernen

Welche Dringlichkeit hier gegeben ist, verdeutlichte die Keynote-Speach von HansJoachim Ziesing, Mitglied der Expertenkommission zur Überprüfung der deutschen Energiewende, der über die Erfahrungen mit der Energiewende in Deutschland berichtete. Dort habe man sich besonders ambitionierten Zielen verschrieben, ohne die damit verbundenen Konsequenzen vollständig im Blick gehabt zu haben. „Wir stehen daher aktuell vor einer symmetrie der Entwicklung. Da ist zum einen die dynamische Expansion bei den erneuerbaren Anlagen, und zum anderen eine Netzinfrastruktur, die dafür nicht gerüstet ist", kritisierte Ziesing.

Eine Konsequenz davon sei, assistierte Prof. Günther Brauner, Vorstand des Instituts für Energiesysteme und Elektrische Antriebe an der TU Wien, „dass 2020 voraussichtlich etwa 30 Prozent der dann produzierten regenerativen Energie gar nicht mehr in das Netz eingespeist werden können." Geschuldet sei dieser Umstand aber nicht nur den Versäumnissen beim Verteilernetzausbau, sondern auch der Tatsache, dass es in Deutschland kaum entsprechende Stromspeichermöglichkeiten gäbe.

Österreich sei in dieser Hinsicht dank seiner Pumpspeicherkraftwerke in einer besseren Situation, versicherte Martin Graf, Vorstandsdirektor der EnergieControl Austria. „Hierzulande besteht die Notwendigkeit
eher darin, Genehmigungsverfahren für den Netzausbau zügiger durchzuziehen." Die nötigen finanziellen Anreize für die Netzbetreiber sieht er durch die aktuellen regulatorischen Rahmenbedingungen
gegeben. Als diskussionswürdig erachtete er aber die Situation bei den Verteilernetzen, die vor allem durch die steigenden Einspeisungen aus Photovoltaikanlagen großen Belastungen ausgesetzt sind: „Hier
wäre künftig eine Mitfinanzierung des Ausbaus durch die steigende Einspeisung aus Fotovoltaik und Wind durchaus überlegenswert."

Faire Netztarifanpassungen notwendig

Darüber erfreut zeigte sich Reinhard Brehmer, Spartensprecher Netze von Oesterreichs Energie und Geschäftsführer Wien Energie Stromnetz GmbH. „Die Verteilernetze haben ja bisher nicht die Beachtung gefunden, die sie verdienen." Ihre Bedeutung zeige sich nicht zuletzt darin, „dass nun endlich für ihren Ausbau bis 2020 rund sechs Milliarden Euro vorgesehen sind, für die Übertragungsnetze hingegen lediglich zwei Milliarden", sagte Brehmer. Umso wichtiger sei es, die gegenwärtigen Unsicherheiten bezüglich der langfristigen Finanzierung und Regulierung auszuräumen. Er verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass die Netztarife durch Effizienzabschläge im letzten Jahrzehnt drastisch gesunken seien und regte zur Finanzierung des weiteren Netzausbaus nicht nur eine Beteiligung regenerativer Stromproduzenten an, sondern auch eine jährliche Erhöhung der Netztarife um zwei bis drei Prozent. „Eine solche Erhöhung würde für einen Haushalt nur eine geringe Belastung von rund einem
Cent pro Tag bedeuten."

Akzeptanz für notwendige Investitionen schaffen

Für einigen Diskussionsstoff sorgte der Einwand Ziesings, dass man sich in der Diskussion um die Kostenverteilung auch Gedanken über soziale Armut machen müsse, wobei er die Frage aufwarf, ob man alles den Marktmechanismen überlassen solle. Einig waren sich hingegen alle Diskutanten, dass sich gangbare Lösungen nur in einem umfangreichen Dialog unter Einbeziehung aller Gruppen finden lassen würden. Dieser Sicht schloss sich auch Barbara Schmidt, Generalsekretärin Oesterreichs Energie an, die Informationsvermittlung als eine wesentliche Arbeit von Oesterreichs Energie
sieht.

In der Diskussion um eine faire Abdeckung der Investitionskosten müsse allerdings auch an die Vertreter der öffentlichen Hand appelliert werden. Zwar seien Energiekosten und Netztarife im vergangenen
Jahrzehnt teilweise stark gesenkt worden, die Kunden hätten davon aber nicht profitieren können, weil im Gegenzug Steuern und Abgaben erhöht wurden. Die notwendigen Zusatzkosten des Netzausbaus würden für den Kunden moderat gehalten. Das Verständnis für die notwendigen Maßnahmen könne man bei den Kunden mit gezielter Aufklärung erreichen.