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Thomas Langhoff, inszenierender Bühnenrealist - hier 2007 in Wien

Foto: APA / GEORG HOCHMUTH

Berlin - Thomas Langhoffs Theaterarbeit gehörte zum bürgerlichen Vermächtnis der DDR. In seinen zahllosen Klassiker-Inszenierungen, die den 1938 in Zürich Geborenen seit 1980 auch in den Westen führten, verband sich ein hellwaches Gegenwartsbewusstsein mit Anflügen von Bitterkeit und romantischer Ironie.

Langhoffs Vater Wolfgang hatte 1946, vom Exilort Zürich kommend, das Deutsche Theater in Ostberlin übernommen. In dessen durchaus gesetztem Plüschrahmen wurden noch einmal die Gespenster der bürgerlichen Denkungsart beschworen: Auf den Handwerksspuren Stanislawskis erkundete man die Gesinnungen, die lauteren Hoffnungen und lähmenden Zweifel einer laut Staatsideologie "zum Absterben verurteilten" Klasse.

Thomas, der nach ersten Regieversuchen in Potsdam im Berliner Maxim-Gorki-Theater auf sich aufmerksam machte, muss die Katastrophe seines Vaters - Wolfgang Langhoff trat wegen übler Anfeindungen 1962 vom Direktorenamt zurück - verinnerlicht haben. Sein mitunter knochentrockener Bühnenrealismus blühte vor allem im Umgang mit großen Schauspielerinnen auf: Langhoff arbeitete früh mit Sunnyi Melles (Emilia Galotti 1984 in München) und Anne Bennent (Und Pippa tanzt 1988) zusammen, er beschenkte die Salzburger Festspiele 1990 mit einer famosen Jüdin von Toledo, die das Eingesperrtsein des Menschen zum Thema erhob.

Als Theaterdirektor am "Deutschen" (1991-2001) bewahrte er die unverächtlichen Ost-Traditionen: die Genauigkeit des Blicks, das an der Dialektik geschärfte Denken, das Festhalten an verbindlichen Wertmaßstäben. Jetzt ist Thomas Langhoff, dessen Schwiegertochter Shermin Langhoff die Wiener Festwochen ab 2014 koadministrieren wird, 73-jährig in Berlin gestorben. (poh / DER STANDARD, Printausgabe, 20.2.2012)