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Auch bei Dell, Hewlett-Packard, IBM, Lenovo, Motorola, Nokia, Sony, Toshiba und anderen wurden Versäumnisse dokumentiert.

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In den letzten zehn Jahren ist Apple zu einem der mächtigsten, reichsten und erfolgreichsten Konzerne der Welt aufgestiegen. Der Erfolg beruht zum Teil darauf, dass die Geräte in Billiglohnländern gefertigt werden. Wie viele andere Firmen lässt Apple seine Gadgets vorwiegend in China fertigen. Die Arbeitsbedingungen in den Fabriken sind jedoch oft schlecht.

Schlechte Arbeitsbedingungen

Die Arbeiter müssen teilweise sieben Tage die Woche arbeiten. Sie übernachten in überfüllten Schlafsälen, und manche müssen so lange stehen, dass ihre Füße anschwellen und sie nicht mehr gehen können. Auch Kinder haben an Apple-Produkten mitgearbeitet. Die Zulieferer sind oftmals mit giftigen Abfällen unsachgemäß umgegangen und haben Dokumente gefälscht. Das ergaben Berichte des Konzerns und von unabhängigen Beobachtern in China.

Keine Rücksicht auf Gesundheit der Arbeiter

Noch problematischer ist für die Beobachter, dass einige Zulieferer keine Rücksicht auf die Gesundheit ihrer Arbeiter nehmen. Vor zwei Jahren wurden 137 Arbeiter verletzt, weil sie iPhone-Displays mit giftigen Chemikalien gesäubert haben. Innerhalb von sieben Monaten gab es im vergangenen Jahr zwei Explosionen, bei denen vier Menschen getötet und 77 verletzt wurden. Vor diesen Explosionen wurde Apple gewarnt, dass in einer der betroffenen Fabriken, in Chengdu, gefährliche Bedingungen herrschen würden.

Auch andere Konzerne betroffen

Apple ist aber nicht der einzige Elektronikkonzern, dessen Geräte unter schlechten Bedingungen hergestellt werden. Auch bei Dell, Hewlett-Packard, IBM, Lenovo, Motorola, Nokia, Sony, Toshiba und anderen wurden Versäumnisse dokumentiert.

"Supplier Code of Conduct"

Apple behauptet, dass sich dank seines "Supplier Code of Conduct" die Arbeitsverhältnisse in den Fabriken verbessert hätten. In seinen jährlichen "Supplier Responsibility"-Berichten zeigt der Konzern Missstände auf. In dem Bericht vom Dezember 2011 hat Apple auch erstmals viele seiner Zulieferer bekanntgegeben.

"Die Arbeiter interessieren Apple nicht"

Gegenüber der "New York Times" sagte ein ehemaliger Arbeiter von Foxconn, einem der wichtigsten Zulieferer von Apple: "Apple hat sich um nichts anderes gekümmert, als die Produktqualität zu erhöhen und die Produktionskosten zu senken. Das Wohlergehen der Arbeiter hat sie nicht interessiert."

Neue Produkte statt bessere Arbeitsbedingungen

Andere ehemalige Apple-Mitarbeiter berichten, dass die Verantwortlichen tatsächlich die Bedingungen in den Fabriken verbessern wollen. Allerdings ende das Engagement, wenn es Probleme mit einem Zulieferer gebe oder neue Produkte schnell geliefert werden müssten.

Andere Unternehmen berichten von einem ähnlichen Druck. Das System sei zwar nicht schön, behaupten sie, aber eine radikale Überarbeitung würde die Innovationen verlangsamen. Und Kunden würden nun einmal jedes Jahr neue, aufregende Geräte wollen.

46,3 Milliarden Umsatz

Am Dienstag hat Apple seine Zahlen für das vierte Quartal 2011 bekanntgegeben. Mit 46,3 Milliarden US-Dollar Umsatz und einem Gewinn von 13,1 Milliarden US-Dollar war es eines der erfolgreichsten Quartale eines Unternehmens in der Geschichte. Die Führungskräfte meinten, der Umsatz hätte noch höher sein können, wenn die Fabriken in Übersee mehr produzieren hätten können.

Verhaltenskodex

Nachdem andere Firmen bereits einen Verhaltenskodex für ihre Zulieferer verfasst hatten, entschied sich Apple 2005 ebenfalls, einen auszuarbeiten. Der Konzern schrieb: "Die Arbeitsbedingungen in der Apple-Zuliefererkette sind sicher. Arbeiter werden mit Respekt und Würde behandelt, und der Herstellungsprozess ist umweltverträglich."

Ein Jahr darauf berichtete die britische "Mail on Sunday", dass Arbeiter in einer Fabrik, die iPods herstellte, lange arbeiten mussten, Liegestütze als Strafe bekamen und in überfüllten Schlafsälen übernachten mussten. Apple zeigte sich geschockt, da das niemand in Cupertino erwartet habe. Daraufhin wurden einige Initiativen gestartet, darunter der jährliche Prüfbericht der Zulieferer, der 2007 erstmals veröffentlicht wurde. Bis 2011 hat Apple 396 Fabriken überprüft und damit eines der größten Programme dieser Art innerhalb der Elektronik-Industrie geschaffen.

Zwischen 2007 und 2010 deckte Apple dabei 70 schwere Verstöße auf. Dazu zählten Zwangsarbeit, Kinderarbeit, Fälschungen von Berichten, unsachgemäßer Umgang mit Giftmüll und Verletzungen durch giftige Chemikalien bei mehr als hundert Arbeitern.

Probleme ignoriert

"Wenn man jedes Jahr die gleichen Vergehen sieht, heißt das, das Unternehmen ignoriert die Probleme und löst sie nicht", sagt ein ehemaliger führender Apple-Mitarbeiter. "Nichtbeachtung wird toleriert, wenn der Zulieferer verspricht, es das nächste Mal besser zu machen. Wenn wir es ernst meinen würden, könnten wir die Verstöße beenden."

Kosten senken

Wenn Apple mit einem neuen Zulieferer verhandelt, möchte der Konzern jedes finanzielle Detail wissen. Danach errechnet Apple, wie viel ein Teil kostet. Den Herstellern wird nur ein geringer Gewinn gewährt. Darum versuchen die Zulieferer oft, die Kosten zu senken. Teure Chemikalien werden durch billigere ersetzt und die Arbeiter müssen schneller und länger arbeiten.

"Der einzige Weg, um Geld zu verdienen, wenn du für Apple arbeitest, ist, herauszufinden, wie du Dinge effizienter und billiger erledigen kannst", sagte ein führender Mitarbeiter einer Firma, die Teile für das iPad lieferte. "Und im nächsten Jahr kommen sie und fordern eine Preissenkung um zehn Prozent."

Wintek

Im Jänner 2010 streikten chinesische Arbeiter einer Fabrik von Wintek, weil sie Giften ausgesetzt wurden. Um die Displays der iPhones schneller zu reinigen, wurde n-Hexan benutzt, da es schneller reinigt als Alkohol. N-Hexan ist eine giftige Chemikalie, die Nervenschäden und Lähmungen hervorrufen kann.

In seinem "Supplier Responsibility"-Bericht schrieb Apple im Jahr darauf, dass Wintek aufgefordert worden sei, kein n-Hexan mehr zu verwenden, und Apple sichergestellt habe, dass alle betroffenen Arbeiter gut versorgt würden. Gegenüber einem Reporter der "New York Times" berichteten die Arbeiter dagegen, dass Apple nie Kontakt mit ihnen aufgenommen habe. Wintek habe sie gezwungen zu kündigen und ihnen Geld gezahlt, damit die Firma nicht für ihre Verletzungen haften müsse. Nach Veröffentlichung der Interviews versprach Wintek, den verletzten Arbeitern mehr Abfindung zu zahlen, und Apple schickte einen Vertreter, um mit ihnen zu reden.

Sechs Monate später wurde berichtet, dass Apple die Preise, die es Wintek zahlt, deutlich gesenkt habe.

Die Kunden haben es in der Hand

Apple werde nichts verändern, solange die Konsumenten nicht bessere Bedingungen in den Fabriken fordern, behaupten Experten - ähnlich, wie es bei Nike und Gap geschehen sei. Die beiden Unternehmen hatten nach Protesten die Bedingungen bei den Zulieferern stark verbessert. Einige Insider bei Apple geben den Experten recht.

Ein führender Mitarbeiter von Apple sagte: "Man kann entweder die Geräte in komfortablen, arbeitnehmerfreundlichen Fabriken herstellen, oder man kann jedes Jahr ein Produkt neu erfinden und es besser, schneller und billiger machen, was aber Fabriken erfordert, deren Bedingungen nach westlichen Maßstäben hart erscheinen. Und momentan kümmern sich die Kunden mehr um ein neues iPhone als um die Arbeitsbedingungen in China." (soc)