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Minister Berlakovich greift gerne in den Inseratetopf und pflegt sein Image.

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Nikolaus Berlakovich mit u.a. Sepp Forcher bei der Präsentation der Gräserfibel der ARGE Heumilch.

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Berlakovich mit dem REWE-International-Vorstand Franz Nebel bei der Präsentation eines Hybrid-LKWs im September 2011.

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In Traiskirchen wird ein Fleischzerlegezentrum eröffnet. Der Lebensminister Berlakovich und Landesrat Sobotka sind mit dabei.

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In einem Katalog von ITS-Billa-Reisen und der Genuss Region werden spezielle Reisen angeboten.

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Berlakovich schreibt einführende Worte.

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Gefördert wird der Katalog auch von Bund, Ländern und Europäischer Union.

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Der Minister im Gespräch mit McDonald's Österreich-Chef Andreas Schwerla.

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Ein weiteres Beispiel für Regierungswerbung aus dem Haus Berlakovich.

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Zeitungsinserate sind derzeit für Politiker ein Minenfeld. Neben Kanzler Werner Faymann und Staatssekretär Josef Ostermayer werden mehrere SPÖ-Minister ob ihrer Werbetätigkeit kritisiert. Doch auch Minister der Volkspartei nutzen Inserate und Kooperationen zur Eigenwerbung, so auch Landwirtschafts- und Umweltminister Nikolaus Berlakovich.

Der Bauernbündler ist ein freundlicher Mann. Stets lächelnd schaut er in die Kamera. Ob eine Promotion der Genuss-Region ansteht, die Präsentation einer Gräserfibel im Zusammenhang mit der Heumilch-Werbekampagne oder die Eröffnung eines Billa-Fleischzerlegebetriebs, das Lächeln sitzt.

Niki Nice Guy

Der Burgenländer ist oberster Lobbyist der Agrarszene, Promoter für Lebensmittel aller Art - von McDonald's bis zum Bio-Produkt. Mit diesen Themen kann man softe Politik machen, Wohlfühlatmosphäre und Agrarromantik verbreiten. Gerne antwortet er auf Interview-Fragen in Anzeigen, die durch das Ministerium geschaltet werden.

Berlakovich hat einen Drang in die Öffentlichkeit wie ein Fußballer den Zug zum Tor. Wenn sich keiner für ihn interessiert, wird Interesse durch Anzeigen erzeugt. Das freundliche Minister-Image will ja schließlich gepflegt werden. Und das System Berlakovich funktioniert so nur zu gut.

Die Werbeausgaben des Lebensministeriums nehmen laut offiziellen Zahlen geringfügig ab. Doch Berlakovichs Mittel und Wege zum lächelnden Bild in den Händen der Leute sind mannigfaltig. Neben dem offiziellen Budget, werben auch die Agrarvermarktungsverbände wie die Genuss Region mit dem Konterfei des Ministers. Unternehmen laden den Minister ein, er kommt in ihren Publikationen vor und tritt bei ihren Veranstaltungen auf.

Im Land des Lächelns

Erst unlängst geriet Berlakovich ob seiner Anzeigen im Gratismedium "Heute" in die Kritik, umstrittene Werbeeinschaltungen finden sich auch in der Vergangenheit. Im Frühjahr kritisierte der Rechnungshof eine Anzeigenschaltung des Lebensministeriums. Darin wurde mit dem Bild des Ministers eine Solar-Förderung beworben, die längst überlaufen war (derStandard.at berichtete).

Im Jahr 2010 konnte man ein zweiseitiges Interview mit dem Minister im Nachrichtenmagazin "Profil" lesen. Einziger Haken: Es handelte sich um ein Inserat der Genuss Regionen und des Lebensministeriums. Auch für zwei zweiseitige Inserate in dem Nachrichtenmagazin "News" lässt sich der Minister von Mitarbeitern interviewen. Dabei gibt er phrasenangereicherte Antworten. Auf beinharte Fragen wie "Was begeistert so viele Gäste aus dem Ausland an der österreichischen Natur und der Landschaft?" antwortet der Minister: "Das ist mit Sicherheit die Vielfalt."

Der Regierungswerber

"Berlakovich ist ein Prototyp eines Regierungswerbers", sagt Karl Öllinger, Nationalratsabgeordneter der Grünen. Öllinger versuchte in Anfrageserien die Öffentlichkeitsausgaben der Ministerien zu erfahren. In den letzten Jahren sei das Landwirtschaftsministerium von seiner Bedeutung her auf Platz zwei vorgerückt (siehe Interview mit Karl Öllinger).

Während im Jahr 2000 das Ministerium rund eine Million Euro für die Öffentlichkeitsarbeit ausgab, waren es 2005 bereits 5,9 Millionen Euro. Im ersten Jahr unter Berlakovichs Führung, dem Jahr 2008, betrugen die Kosten 4,7 Millionen Euro, im Jahr 2009 knapp 4,5 Millionen Euro. Für das Jahr 2010 nennt das Ministerium 2,9 Millionen Euro an Öffentlichkeitsarbeitskosten.

Berlakovich tritt oft bei Veranstaltungen auf. Im APA-Archiv zeugen unzählige Fotoposen von der Geselligkeit des Ministers. Auffällig ist dabei das Naheverhältnis zwischen Berlakovich und dem REWE-Konzern, zu dem die Supermarkt-Riesen Billa und Merkur gehören. Als der Konzern im September seinen ersten Hybrid-LKW einführte, war der Minister für ein Foto zur Stelle.

Zur Eröffnung einer Billa-Fleischzerlegeanlage in Traiskirchen reiste Berlakovich an. Als Billa seine Heumilch-Produkte einführte, war auch Berlakovich in den Filialen des Supermarkts über das konzerneigene Radio Max zu hören.

"Nutzen sie die Chance"

Berlakovich dehnt sein Tätigkeitsfeld ins bizarr anmutende aus. Seit neuestem nimmt sich der Minister auch dem Tourismus an. Gemeinsam mit dem REWE-Unternehmen ITS-BILLA-Reisen haben die Genuss Regionen unlängst einen Reisekatalog zusammengestellt, der Kurztrips in österreichische Regionen anbietet. Da kann man zum Beispiel in der Oststeiermark Äpfel, in Schlierbach Käse oder in Graz Krauthäuptel probieren.

Pikant an den Gourmet-Reisen: Der Minister selbst leiht dem Katalog auf Seite drei sein Bild und schreibt offensiv werbend: "Nutzen Sie also die Chance dieser besonderen Kooperation. Genießen Sie die regionalen Köstlichkeiten und entdecken Sie die Genuss Regionen unseres Landes mit allen Sinnen." Dass der Katalog mit dem Beitrag des eben auch Umweltministers unter der Rubrik "Autoreisen" firmiert und durch Bundes-, Landes- und EU-Mittel gefördert wurde, ist nur ein weiteres Detail. Aus dem Lebensministerium heißt es zur Finanzierung der Broschüre: "Die Billa-Broschüre wurde im Rahmen der Ländlichen Entwicklung eingereicht, wofür dann EU- und nationale Mittel abgeholt wurden."

Berlakovich: Win-Win-Situation

"Diesen Katalog halte ich für unzulässig", sagt Karl Öllinger. "Wenn da öffentliche Mittel drinnen sind, dann ist das eine Sauerei". Öllinger sieht eine "umfassende Verquickung des Landwirtschaftsressorts mit Billa". Berlakovich werbe für einen privaten Reiseveranstalter in dessen Katalog. "Das ist sehr problematisch. Der Minister wirbt darin und gibt dem Unternehmen möglicherweise öffentliche Mittel um den Katalog abzudrucken."

Lebensminister Berlakovich erklärte in einer Stellungnahme, dass er die Kooperation unterstütze, weil erstmals die Genuss Region in ein touristisches Angebot eingebaut werde. "In der Folge wird die regionale Wertschöpfung erhöht und durch die kurzen Transportwege auch das Klima geschützt. Die Kooperation ist somit eine Win-Win-Situation für Ökologie und Ökonomie und somit sehr in meinem Sinne", so Berlakovich. Der Minister betont weiters, dass er nicht nur Billa unterstütze, sondern "unzählige sinnvolle Aktionen, die die heimische Land- und Forstwirtschaft stärken und den Umwelt- und Klimaschutz erhöhen".

"Die reinste Milch"

Gerade eines der Vermarktungsprogramme, an denen das Lebensministerium beteiligt ist, die Heumilch, ist zu hinterfragen. 2004 wurde die ARGE Heumilch gegründet, die für die Vermarktung der Heumilch zuständig ist. In den letzten Jahren tauchten Heumilch-Produkte in den Regalen auf, oft Eigenmarken der Lebensmittelketten. Der Minister tritt häufig als Fürsprecher der Milch, die mit dem Slogan "Heumilch - die reinste Milch" beworben wird, auf.

"Kälber würden Heumilch kaufen" - mit diesem Spruch warb Billa bei der Markteinführung. Drei Millionen Euro stehen für die Bewerbung der Heumilch laut Wiener Zeitung zur Verfügung, 600.000 Euro kommen von den Bauern, der Rest von Bund, Ländern und EU. Konkurrenten wie die NÖM-Milchgenossenschaft kritisieren den Slogan, weil dieser suggeriere, dass die anderen Milchsorten nicht rein seien.

Heumilch als Marketing-Gag

Doch was zeichnet die Heumilch eigentlich aus? - "Die Heumilch ist ausschließlich ein Marketing-Gag", sagt Wilhelm Windisch vom Wissenschaftszentrum Weihenstephan für Ernährung, Landnutzung und Umwelt. "Die Milch weist keine nennenswerten Unterschiede in den ernährungsphysiologischen Eigenschaften auf, als in irgendeinem anderen Programm." Zwar könne sich die Milchzusammensetzung durch Heufütterung geringfügig verändern, dies sei jedoch auch mit anderen Futtermitteln möglich.

"Das ist das Verführerische an den Programmen, bei denen im Programmnamen etwas Positives verpackt wird und Erwartungen suggeriert werden. Es wird eine Illusion erzeugt, die Menschen glauben 'Heu - das ist irgendwie wie Lila-Milka-Kuh'", sagt Windisch, Professor für Tierernährung. "Die Zusammensetzung des Milchfetts verschiebt sich nicht unbedingt in die gesunde Richtung. Wenn Sie das wollen, dann müssen die Kühe raus auf die Weide", sagt Windisch. Die Veränderungen sind jedoch insgesamt so unbedeutend, dass sie für das richtige Leben schlichtweg keine Relevanz haben. Die Differenzierung der Vermarktung sei - so Windisch - sinnvoll, denn Milchbauern, die Heumilch produzieren, leisten einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Umwelt und schützenswerter Ökosysteme.

Burger, Bauern, Berlakovich

Doch nicht nur in Katalogen oder Heumilch-Events taucht der Lebensminister auf. Auch in einer Werbebeilage von McDonald's wird der Minister vom McDonald's-Chef-Österreich Andreas Schwerla interviewt. Ein Lokal der Fast-Food-Kette wurde von der Klimaschutzinitiative des Ministeriums ausgezeichnet. Auf die Frage "Wie sehen Sie persönlich eigentlich die Rolle unseres Unternehmens?" antwortet der Minister: "Bei einem global agierenden Unternehmen wie diesem sehe ich überraschend viele österreichische Seiten". Der Minister lobt weiters die "umweltfreundliche" Verpackung, die Nutzung von Strom aus Wasserkraft oder die Frische der verwendeten Produkte in den Fast-Food-Lokalen.

Berlakovich sieht in dem Gespräch keine Unvereinbarkeit: "Im Gegensatz zu manch anderer Fast-Food-Kette ist McDonald's in vielen Bereichen Vorreiter - sowohl was die Verwendung heimischer Lebensmittel als auch, was Klimaschutz anbelangt. Jeder, der unsere Umwelt schützt und etwas für die heimische Landwirtschaft macht, ist uns willkommen."

Wie weit darf ein "Lebensminister" im Umgang mit Inseraten und Kooperationen gehen? Ist es noch legitim, dass ein Minister Gourmetreisen für einen Konzern bewirbt oder Heumilch? Darf sich ein Minister so vor die Interessen eines Unternehmens spannen und in ihren Werbepublikationen auftreten?

"Werbung für die Person des Ministers"

Für den Politologen Hubert Sickinger braucht die Werbetätigkeit von Politikern mehr Ausgabentransparenz. Zu der Kooperation zwischen Berlakovich und Billa-Reisen merkt Sickinger an: "Grundsätzlich ist die Frage warum das ein Minister tut. Er wird sich in diesem Fall damit rechtfertigen, dass er österreichische Produkte fördert. Das wäre sein Job als Landwirtschaftsminister. Die Problematik liegt allerdings darin, dass derlei Öffentlichkeitsarbeit von Ministerien eben auch der Selbst-Promotion des Ministers als Politiker dient, nicht nur dem - durchaus legitimen - sachlichen Anliegen."

Sickinger fordert: "Bei der Werbetätigkeit von Ministerien sollten die Konterfeis von Ministern eben nicht vorkommen. Das betrifft Berlakovich genauso wie den Bundeskanzler. Wenn man die Öffentlichkeitsarbeit des Ressorts verwenden kann um die Person des Ministers ins positive Licht zu rücken, dann ist die Versuchung - oder zumindest der Verdacht für Außenstehende - immer groß, dass dies zum eigentlichen Anliegen wird." (Sebastian Pumberger, derStandard.at, 11.10.2011)