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Steuern rauf: Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll weist Michael Spindelegger den Weg.

Foto: dapd/punz

In der ÖVP mehren sich die Stimmen, die neue und höhere Steuern fordern. Nach Parteichef Michael Spindelegger, der bereits von einem Solidarbeitrag gesprochen hat, schlägt nun Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll eine befristete höhere Besteuerung für Spitzenverdiener vor. Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer wird im STANDARD-Gespräch konkret: Ab Einkommen von 250.000 oder 300.000 Euro im Jahr könne man einen Solidarzuschlag auf die Einkommenssteuer einführen. In Deutschland galt ab 1991 ein solcher - zur Finanzierung der Wiedervereinigung. Der deutsche Zuschlag existiert parallel zu der im Jahr 2007 eingeführten "Reichensteuer".

Das wollen aber weder Pröll noch sein Amtskollege Pühringer: "Bedingung ist eine Befristung - und eine gleichzeitige Entlastung von Familien und Mittelstand."

Der Vorstoß wurde von Wirtschaftsbund und Bauernbund umgehend zurückgewiesen. Bauernbund-Präsident Fritz Grillitsch sagte, man müsse im Parteivorstand eine klare Linie finden. ÖAAB-Generalsekretär Lukas Mandl verwies auf den Bundestag seiner Organisation im November, da werde ein Steuerpapier vorgelegt. Aus dem ÖVP-Generalsekretariat hieß es, die Partei sei gegen Vermögenssteuern, die Solidarabgabe sei aber diskussionswürdig.

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Wien - Im Wirtschaftsbund weiß man noch nichts von einer neuen Parteilinie. Im Bauernbund auch nicht - bei den beiden mächtigen Teilorganisationen der Volkspartei ist man über den Vorstoß von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll, höhere Einkommen noch höher zu besteuern, mehr als verwundert.

"Auf der Klubklausur in Saalfelden wurde breit besprochen und einhellig beschlossen, dass wir gegen neue Belastungen sind, weil wir ohnehin einen hohen Spitzensteuersatz haben" , sagt Bauernbundpräsident Fritz Grillitsch im Gespräch mit dem Standard.

Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner hat die Debatte genauso in Erinnerung: Der Wirtschaftsbund ist seit jeher klar gegen neue Steuern, erst vor einem Monat hat er das in einer Resolution festgehalten, in Saalfelden habe niemand widersprochen. Dort war man auch der Meinung, dass es schädlich wäre, in der Öffentlichkeit Einzelmaßnahmen zu diskutieren, weil das den Wirtschaftsstandort gefährden und Verunsicherung schüren könnte.

Was aber, wenn "ein gewichtiger Landeshauptmann wie Erwin Pröll" (Grillitsch) die Diskussion um Einzelmaßnahmen anfacht? Pröll hatte in der Presse fein auseinandergehalten: Er sei wie die ganze ÖVP gegen die Besteuerung von (Vermögens-)Substanz, er könne sich aber vorstellen, von Top-Verdienern befristet einen Zuschlag zur Einkommenssteuer einzuheben.

ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch hat umgehend versucht, sich anbahnende Konflikte zu kalmieren: Er erklärte Prölls Haltung zur Linie der Partei, schließlich hat ja auch Parteichef Vizekanzler Michael Spindelegger in der Pressestunde am 18. September ähnliche Überlegungen angestellt.

Aber das hat die Partei nicht beruhigt, speziell der Bauernbund-Präsident verweist darauf, dass er von der Partei eine andere Haltung erwartet. Wie berichtet, macht sich die Arbeiterkammer dafür stark, dass kleine Bauern nicht mehr pauschal besteuert werden. "Klassenkämpferische Töne der SPÖ und der AK" , nennt Grillitsch das. Die ÖVP möge das zurückweisen und allfällige weitere Steuerideen im Parteivorstand diskutieren.

Das sei der Ort, wo man eine Linie suchen und finden kann. Was im Umkehrschluss heißt: Es gibt eben (noch) keine neue Linie der Partei. So sieht das auch die zuständige Finanzministerin Maria Fekter: Jede Idee sei in der Steuerarbeitsgruppe "willkommen. Es gibt keine Denkverbote" - debattiert werde in der Arbeitsgruppe. Darauf verweist auch ÖVP-Chef Spindelegger. "Wie mit dem Koalitionspartner vereinbart, werden wir alle Ideen, vor allem auch Entlastung für den Mittelstand, in der Arbeitsgruppe diskutieren und ein Gesamtkonzept präsentieren" , sagte sein Sprecher zum Standard.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter begrüßte die "generelle Bewegung" beim Koalitionspartner, was die Besteuerung von Vermögenden betrifft. Immerhin sei nach Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer und der steirischen Landesrätin Kristina Edlinger-Ploder mit Pröll ein "echtes ÖVP-Schwergewicht in die Gerechtigkeitsdebatte eingestiegen" . Die Grünen sehen nur ein "Ablenkungsmanöver" der ÖVP, das BZÖ sprach von "Belastungspartei" . (Lisa Nimmervoll, Conrad Seidl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3.10.2011)