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Der Österreich-Ableger der Internet-Aktivisten-Gruppe Anonymous, AnonAustria, sorgt erneut für Schlagzeilen.  "War tatsächlich pornografisches Material im Attachment oder nicht?"

Foto: APA

Kaum ein Tag, an dem nicht neue - mehr oder weniger „heiße" - Daten von Anonymous öffentlich gemacht werden. Am Donnerstag tauchte ein interner E-Mail-Verkehr von Beamten der Landespolizeikommandos in Wien und Niederösterreich auf. Brisantes Detail an den Mails, die ein Beamter an rund 70 Kollegen verschickte: Betreffzeilen wie etwa „geekgirlsex" ließen vermuten, dass die mitgeschickten Dateien, die selbst nicht öffentlich gemacht wurden, nicht gerade jugendfrei waren.

„Wir haben bereits Ermittlungen eingeleitet"

„Wir haben bereits Ermittlungen eingeleitet", bestätigte Harald Noschiel, Sprecher des Innenministeriums auf Standard-Nachfrage. Neben der Frage, wie sicher der interne Polizei-E-Mail-Verkehr vor Zugriffen von Externen sei, beschäftige man sich zurzeit mit einer anderen Frage, so Noschiel: „War tatsächlich pornografisches Material im Attachment oder nicht?" Denn es gibt eine Verordnung über „private Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnik-Infrastruktur des Bundes", in welcher der Zugriff auf gesetzwidrige oder pornografische Inhalte ausdrücklich untersagt ist. Kurz gesagt: Wenn Beamte sich über den Ministeriumsserver privat Pornos zusenden, „könnte das dienstrechtliche Folgen haben", betont Noschiel.

Keine Ahnung

Wie die Aktivisten an den E-Mail-Verkehr kam, wisse man aber auch noch nicht. Datenexperten vermuteten im Gespräch mit dem Standard jedenfalls, dass sogenannte OWA-Boxen (Outlook WebAccess), über die man außerhalb seines Arbeitsplatzes webbasiert auf seine E-Mail-Postfächer zugreifen kann, Leaks aufweisen könnten.

Anonymous. Das klingt in den Ohren vieler schon wie ein Markenversprechen. Aber es ist keine Partei, kein Unternehmen, keine geschlossene Gruppe, wie etwa Greenpeace. Es gibt niemanden, der die Marke steuert oder Richtlinien festlegt. Das ist einerseits die Kernphilosophie der Bewegung, die sich für uneingeschränkte Freiheit im Netz starkmacht. Andererseits auch Gefahr: Theoretisch könnte jeder Aktionen unter dem Label von Anonymous setzen - und dafür braucht es nicht einmal besonders ausgeprägte Computerkenntnisse.

Unzufrieden

„Ist jemand mit seinem Arbeitgeber unzufrieden, lädt er sich das Logo runter und verbreitet im Namen von Anonymous geschäftsschädigende Informationen", erzählt ein Hacker. Es ist nicht kontrollierbar, wer wann welche Aktionen startet. Würde jemand das Image von Anonymous ramponieren wollen, reicht es, Datensätze zu hacken, die die breite Öffentlichkeit verärgern.

Bedenken der Ärztekammer

„Die letzten Veröffentlichungen sind zwar relativ gewichtig, weil es sich um sensible Daten handelt, aber technisch gesehen nicht unbedingt aufwendig", sagt Martin Mulazzani von SBA Research, einem Wiener Forschungsinstitut für IT-Security. „Aber die Aktion hat deutlich gemacht, wie sorglos mit sensitiven Daten umgegangen wird", so Mulazzani.

Bei der Tiroler Gebietskrankenkasse sucht man nach wie vor das Leck, durch das 600.000 Versichertendaten zu Anonymous gelangten. Die Ärztekammer nahm den Fall zum Anlass, Bedenken gegen die elektronische Gesundheitsakte (ELGA) zu äußern. (Julia Herrnböck und Colette M. Schmidt, DER STANDARD Printausgabe, 30. Septmber 2011)