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Drei Mal hatte das Landesgericht Wiener Neustadt die Kriminalpolizei aufgefordert, den Beschuldigten im Tierschützerprozess volle Akteneinsicht zu gewähren - vergeblich. Die Staatsanwaltschaft sieht trotzdem keinen Grund, wegen Amtsmissbrauchs anzuklagen

Foto: dapd/Lukas Barth

Die Korruptionsstaatsanwaltschaft (KorruStA) hat die Ermittlungen gegen vier BeamtInnen der "Soko Bekleidung" eingestellt. Das gab die KorruStA am Montag per Aussendung bekannt.

Der Grüne Klub und weitere Beteiligte hatten die PolizistInnen wegen Missbrauch der Amtsgewalt, Urkundenunterdrückung, Freiheitsentziehung und falscher Beweisaussage angezeigt (derStandard.at berichtete). "Nach umfassender Prüfung" stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren wegen mangelnder Verdachtslage ein. Die Ermittlungen wegen falscher Zeugenaussage seien wegen Unzuständigkeit abgetreten worden, diese Vorwürfe werden also noch geprüft.

VE-Einsatz rechtsmäßig

Was den Einsatz der verdeckten Ermittlerin (VE) "Danielle Durand" betrifft, so sah die Staatsanwaltschaft nicht nur "kein strafbares Verhalten" seitens der Soko-BeamtInnen. Sie kam sogar zum Schluss, dass der Einsatz der VE rechtsgemäß erfolgt sei. Die Begründung der Polizei, "Durand" sei nicht zur Ermittlung, sondern nur zur Gefahrenabwehr eingesetzt worden, sei nachvollziehbar: "Die Rechtsansicht der Kriminalpolizei, wonach eine derartige auf das Sicherheitspolizeigesetz gestützte Maßnahme auch während eines laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens zulässig sei, ist mangels entgegenstehender gesetzlicher Regelung jedenfalls vertretbar", heißt es in der Aussendung.

Auch, dass der Bericht der Verdeckten Ermittlerin nicht in den Akt aufgenommen wurde, hält die Staatsanwaltschaft für zulässig, "weil sich aus ihnen weder eine konkrete Be- noch Entlastung nach Art eines Alibibeweises ergeben hat". Dass "Durand" nichts Belastendes finden konnte, könne als "Indiz, dass die verdeckte Ermittlerin nicht an den entscheidenden Teil der Organisation herangekommen ist", gewertet werden.

Dass den Beschuldigten wiederholt Akteneinsicht verwehrt wurde, sei ebenfalls kein Grund, die BeamtInnen wegen Amtsmissbrauchs zu verfolgen, da diesen kein vorsätzliches Handeln nachzuweisen sei.

Wiener Neustadt könnte weiterermitteln

Der Vorwurf der falschen Beweisaussage könnte nun von der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt geprüft werden. Das bestätigte KorruStA-Sprecher Martin Ulrich am Montag auf derStandard.at-Anfrage. Die Causa sei "nicht direkt an die zuständige Staatsanwaltschaft" übertragen worden, sondern der Oberstaatsanwaltschaft vorgelegt worden, um dieser die Abtretung des Falls nach Wiener Neustadt zu ermöglichen, so Ulrich. Der Grund: Die Zeugenaussagen wurden am Landesgericht Wiener Neustadt abgegeben, daraus ergebe sich eine Tatortzuständigkeit.

Anwalt will Fortsetzungsantrag einbringen

TierschützerInnen-Anwalt Stefan Traxler, der sich den Anzeigen als Privatbeteiligter angeschlossen hat, kündigte am Montag einen Antrag auf Fortführung des Verfahrens an. "Akteneinsicht ohne Vorsatz zu verweigern, das geht nicht", so Traxler gegenüber derStandard.at. Das Landesgericht Wiener Neustadt habe die Polizei drei Mal aufgefordert, Akteneinsicht zu gewähren. "Sie haben es trotzdem nicht getan. Kein Vorsatz? Da wedelt der Schwanz mit dem Hund", so Traxler.

Grüner Steinhauser: "Unbefriedigend"

Der grüne Justizsprecher Albert Steinhauser bezeichnete die Entscheidung der KorruStA am Montag als "im Kern unbefriedigend, weil damit das Verschweigen von Ermittlungsergebnissen nie den Tatbestand des Amtsmissbrauchs erfüllen wird. Damit wird der Polizei ein sehr weitgehender Spielraum eingeräumt, welche Ermittlungsergebnisse in ein Strafverfahren einfließen und welche nicht. Die Beschuldigten stehen dem machtlos gegenüber", so Steinhauser, der eine parlamentarische Anfrage zum Thema einbringen will. (mas, derStandard.at, 1.8.2011)