Wien - Wenn es nach den vom Vorwurf einer kriminellen Organisation freigesprochenen Tierschützern und den Grünen geht, werden die Ermittlungen der für den Tierschutz eingerichteten Soko Bekleidung ein gerichtliches Nachspiel für die Polizei haben. Man werde noch am Dienstag gegen vier Beamte, darunter Soko-Leiter Erich Zwettler, eine 21 Seiten starke Anzeige bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft einbringen, kündigte Justizsprecher Albert Steinhauser am Dienstag in einer Pressekonferenz in Wien an.

Die Vorwürfe gegen Zwettler, den operativen Leiter Josef Böck und die beiden leitenden Beamten Bettina Bogner und Herbert Landauf lauten auf Missbrauch der Amtsgewalt, Freiheitsentziehung, falsche Beweisaussage und Urkundenunterdrückung. "Ich möchte betonen, dass es mir nicht darum geht, den Spieß umzudrehen", sagt Steinhauser. Die Anzeige solle die präventive Wirkung haben, "dass sich die Polizei künftig an die Gesetze hält". Nur dann könne gewährleistet sein, dass Verfahren auch rechtsstaatlich ablaufen.

Vorwürfe: Vertuschung und Abänderung

Für den Amtsmissbrauch spreche neben der "Vertuschung der entlastenden Ermittlungsergebnisse" auch die nachträgliche Abänderung selbiger, erklärte der Justizsprecher und verwies etwa auf die Umdatierung eines Brandes, um eine Brandstiftung zu konstruieren oder "bewusst falsche Schlussfolgerungen" in den Abschlussberichten. Auch die verdeckte Ermittlerin (VE) sei - bestätigt von der Richterin - auf falscher rechtlicher Basis eingesetzt worden: nämlich nach dem Sicherheitspolizeigesetz statt nach der StPO, für die eine Bewilligung nötig gewesen wäre.

Bezüglich der falschen Beweisaussage Zwettlers im Zusammenhang mit der VE sei "die Richterin gestern ja schon mehr als deutlich" geworden, sie hatte sie als "schlichte Schutzbehauptung" bezeichnet. Die Urkundenunterdrückung beziehe sich auf die nach wie vor nicht vollständig gegebene Akteneinsicht, was durch drei gerichtliche Urteile bestätigt worden sei, sagte der angeklagt gewesene Martin Balluch, Obmann des VgT (Verein gegen Tierfabriken). Freiheitsentziehung werde vorgeworfen, weil die U-Haft aufgrund der Faktenlage eigentlich nicht aufrechtzuerhalten gewesen wäre, meinten sie. Bei den U-Haftverhandlungen - laut Balluch "eine Farce" - habe die Soko Ermittlungsergebnisse aber bewusst falsch dargestellt und Entlastendes verschwiegen.

"Schadensbegrenzung für die Justiz"

Es sei zu prüfen, ob die Polizei die Justiz jahrelang instrumentalisiert habe, forderte Steinhauser. Er sei "optimistisch, dass ein solches Verhalten seitens der Justiz nicht toleriert wird". Jetzt nach dem Freispruch - "eine Schadensbegrenzung für die Justiz" - sei es an der Zeit, mit den Aufräumungsarbeiten zu beginnen.

Neben der Reformierung des sogenannten Mafia-Paragrafen 278a StGB - gefordert wird, dass eine Bereicherungsabsicht vorliegen muss anstelle von "erheblichem Einfluss auf Politik und Wirtschaft" - möchten sich die Grünen auch für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss einsetzen und hoffen auf Unterstützung durch die SPÖ. Man wolle klären, wie es so weit kommen konnte, dass Polizei und Staatsanwaltschaft von einer Lobby (gemeint ist die Bekleidungsindustrie in Form von Kleider Bauer, auf deren Wunsch die Soko überhaupt erst gegründet wurde, Anm.) dermaßen instrumentalisiert werden konnten. (APA)