Saakaschwilis Präsidentenpalast mit Glas-Ei

Foto: Bernath

Der durchsichtige Polizist: Gläsernes Kommissariat im Zentrum von Tiflis.

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Eine der einst wichtigsten Geschäftsstraßen von Tiflis wird derzeit komplett renoviert.

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"Agmashenebeli" steht auf dem Straßenschild.

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Tiflis ist reich an sonderlichen Dingen, der informelle Immobilienmarkt an der Sukhoi Most, der "Trockenen Brücke" über der Kura, gehört dazu. Täglich findet man dort Wohnungsbesitzer und Makler, die Objekte fast jeder Größe in der georgischen Hauptstadt anbieten. Dabei geht es oft um Kapitalgeschäfte: Eine Wohnung wird für einen bestimmten Zeitraum mietfrei überlassen - gegen die Zahlung einer hohen Kreditsumme - 20.000 bis 50.000 Dollar für ein Jahr zum Beispiel. Der Vorteil: der "Mieter" wohnt mietfrei, der Eigentümer hat kurzfristig Kapital für Investitionen. Das Geld wird nach Ablauf der Wohnzeit zurückgegeben; bei Vertragsbruch kann der Geldgeber die Wohnung behalten.

Alles schon einmal erzählt, wie der aufgeweckte Leser feststellt, doch die georgische Wohnungsvermarktung ist Teil des städtischen Umbruchs. Tiflis wird immer glitzernder, manchmal verspielt, manchmal schwer in Kitsch oder singapureske Ordnungsarchitektur hinüber gleitend (die gläsernen Kommissariate mit den pädagogischen Hinweisschildern sind dafür ein Beispiel), aber nicht blöd bombastisch wie in den Öl- und Gasrepubliken nebenan.

Renoviert wird im Zentrum seit Jahren und derzeit immer schneller und im immer größeren Maßstab. Der obere Teil des Rustaveli-Boulevards ist jetzt an der Reihe, angefangen beim Postamt, einem der Kolossalbauten aus der Sowjetzeit.

Die noch umfangreichere Renovierung findet auf Agmashenebeli-Straße auf der anderen Flussseite statt. Zwei Kilometer Baustelle non stop. Die Geschäfts- und Villenstraße war einst die zweitwichtigste Straße in Tiflis nach dem Rustaveli-Boulevard, fiel aber nach der Unabhängigkeit 1991 ganz dem Mafiamilieu zu.

 Das galt auch für das Areal am Ufer des Kura-Fluss unterhalb der Auffahrt zum neuen Präsidentenpalast, wo seit Mai ein Park ist mit Schachbrett und singendem Brunnen anstelle der einst übel beleumundeten Bars und Restaurants. Zum Park gelangt man über die gläserne "Brücke des Friedens". Über beide architektonischen Neuheiten lästern die Einwohner von Tiflis. Tatsache ist aber, dass der Park gut besucht und die Brücke (der Pennälerscherz lautet: "Always Ultra" wegen des geschwungenen Dachs) selten leer ist; schon allein deshalb, weil keine andere Brücke in Tiflis wegen des Autoverkehrs zum Verweilen einlädt und die Uferstraßen in Sowjetzeiten zu mehrspurigen, mittlerweile sehr lauten Schnellstraßen ausgebaut wurden. Deshalb soll auch noch ein 400 Meter langer Tunnel auf der rechten Uferseite unter die Gorgasali-Straße hin.

Wer zahlt das alles? Prima Frage. Die Baukosten für Mischas Präsidentenpalast sind nie wirklich klar geworden, bei der begonnenen (Fassaden-)Sanierung der Altstadt von Tiflis ist ein Großteil der Einwohner gegangen und in Ersatzwohnungen am Stadtrand gestopft worden. Die Stadt unter Führung ihres seit jetzt schon sechs Jahre waltenden Bürgermeisters Gigi Ugulava - ein denkbarer Nachfolger für Saakaschwili - hat einen Masterplan und einen Fonds für die Renovierungsarbeiten und streckt privaten Investoren Geld vor. Wer aber dabei wie zum Zug kommt, ist anders als all die Glaskonstruktionen in der Stadt: nicht wirklich durchsichtig.