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Geschichten, die das Leben in der Informationsgesellschaft schreibt: Ein Vorarlberger Skilehrer surft auf seinem iPhone und erhält eine Rechnung für 25.000 Euro - der WebStandard bnerichtete. Um der Zahl das Abstrakte zu nehmen: Das ist der Jahresverdienst vieler Menschen in diesem Land.

Mehreren Handyrechnungen "im fünfstelligen Bereich"

Es passiert, was meist bei diesen wiederkehrenden Aufregern passiert: Konsumentenschützer schreien Feuer, der Betreiber macht einen Rechtfertigungsversuch, besteht darauf, dass der Kunde selbst schuld sei, storniert schließlich "in Kulanz" die Rechnung.

Kein Einzelfall, die Arbeiterkammer Vorarlberg spricht von mehreren Handyrechnungen "im fünfstelligen Bereich", einmal im Jahr lädt auch die Telekom-Schlichtungsstelle zur Besichtigung einiger krasser Fälle bei ihrem Jahresbericht ein.

Der schlechte der Ruf der Mobilfunker

Auch die Betreiber wissen, dass sie mit Geschichten wie dieser vor allem eines erreichen: Einen schlechten Ruf, obwohl Österreichs Mobilfunkgebühren zu den billigsten der EU gehören.

Ein Gigabyte an Daten kostet im "normalen" Einkauf zwei bis drei Euro

Es sei denn, man tappt in die Falle und überschreitet das jeweils in Pauschalverträgen vereinbarte Limit für Daten - dann wird es gleich empfindlich teurer.

Rechenbeispiele gefällig? Ein Gigabyte an Daten kostet im "normalen" Einkauf zwei bis drei Euro, wenn man einen Vertrag für größere Mengen nimmt gerade mal ein Euro. Aber wehe, man kommt über das jeweils monatlich vereinbarte Limit: Dann kostet das Gigabyte plötzlich 250 Euro - und dabei haben wir noch gar nicht die maximal möglichen Tarife ausgeschöpft. Besagtem Skilehrer wurde das Gigabyte um über 3000 Euro in Rechnung gestellt.

Jetzt wissen auch die Betreiber, dass solche Vorkommnisse keinen schlanken Fuß machen. Und so versammelten sie sich in seltener Einmütigkeit Montag vergangener Woche und präsentierten eine "Charta" gegen Rechnungsschock. Deren Inhalt? Nicht etwa, dass Tarife, die Kredithaien Schamröte ins Gesicht treiben würden, einfach abgeschafft würden. Nein: Es wird "mehr Transparenz" und Erziehungsarbeit bei der "richtigen" Tarifwahl versprochen, Warn-SMS werden verschickt, und andere kosmetische Maßnahmen werden gesetzt.

Lösung

Es gibt aber nur eine saubere Lösung: Eine Preisspanne, bei der der teuerste Datentarif maximal das drei- bis fünffache des billigsten ausmacht. Es ist verständlich, wenn gute Kunden bessere Konditionen bekommen als kleine Einkäufer. Aber das hat eine Grenze, denn auch Kunden, die nur gelegentlich überschreiten, werden damit automatisch zu besseren Kunden - weil sie mehr einkaufen. Und dem Mobilfunker entstehen durch den Mehrkonsum keine zusätzlichen Kosten, die höhere Sätze rechtfertigen würden.

Es gibt nur eine Annahme, warum die Betreiber an der üblen Praxis eisern festhalten: Weil durch viele kleinere Überschreitungen unterhalb der Schmerzgrenze von Kunden soviel Körberlgeld entsteht, dass sich der schlechte Ruf auszahlt. Dem sollte der Regulator endlich einen Riegel vorschieben. Und wenn er sagt, dass er dazu keine Handhabe hat (das bisherige Standardargument), braucht es ein besseres Gesetz. (helmut.spudich@derStandard.at
PERSONAL TOOLS HELMUT SPUDICH, DER STANDARD Printausgabe, 24. Oktober 2010)

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