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Sie sind die PISA-Sieger und Bildungsvorreiter - Skandinavische Länder werden von der heimischen Politik oft als Best-Practice-Beispiele genannt.

Foto: APA/FRANZ RALBUCH

Wissenschaftsministerin Beatrix Karl hat vergangene Woche ihr "Drei-Säulen-Modell" zur Wiedereinführung der Studiengebühren vorgestellt. Neben diesen Gebühren und dem Ausbau der Studienbeihilfe will Karl ein Darlehensystem einführen. Für dieses System nannte die Ministerin skandinavische Länder als Vorbilder. Doch wie genau sehen die staatlich garantierten Bildungskredite bei den Pisa-Gewinnern im Norden Europas aus? derStandard.at fasst zusammen.

Finnland – Hier können Studenten einen zinsbegünstigten und staatlichen Bildungskredit aufnehmen, dessen Höhe und Rückzahlfrist sie mit einer Bank nach Wahl festgelegen. Die garantierte Zinsbegünstigung ist allerdings an Bedingungen geknüpft: Das Studium muss in der genormten Zeit absolviert werden. Außerdem muss die gesamte Darlehenshöhe am Ende des Studiums mindestens 2.500 Euro betragen. Vor jedem akademischen Jahr muss das Darlehen vom finnischen Sozialversicherer KELA gestattet werden.

Dänemark – Alle Dänen über 18 Jahre, die eine Ausbildung machen, können unabhängig von ihrem sozialen Stand, ein Grundeinkommen in Anspruch nehmen. Dieses wird an der voraussichtlichen Studiendauer, mit Einberechnung von zwölf Toleranzmonaten, monatlich ausbezahlt. Studierende, die noch zuhause wohnen bekommen etwa 350 Euro, Alleinlebende 650 Euro. Zusätzlich können Studenten ein Darlehen von etwa 310 Euro pro Monat beanspruchen oder sich alles im letzten Studienjahr auszahlen lassen.

Das Darlehen muss zwischen einem Jahr nach der Graduierung und innerhalb von 15 Jahren zurückgezahlt werden. Maximal kann ein Student 70 Darlehenszahlungen erhalten. Innerhalb dessen kann er so oft er will Kurse und Studien wechseln oder wiederholen. Laut Angaben des dänischen Bildungsministeriums nutzen ungefähr die Hälfte aller Studenten dieses Darlehensystem.

Schweden – Auch hier bekommen Studenten ein Grundeinkommen in der Höhe von unter 300 Euro. Weiters können sie einen festgelegten Betrag als Darlehen beanspruchen. Etwa ein Drittel davon schießt der Staat zu. Der Rest kann innerhalb von zwölf Semestern ausgezahlt werden – höchstens aber 3.800 Euro pro Semester. Die Höhe der Rückzahlung wird von der Höhe des Kredits und der Rückzahlfrist abhängig. Außerdem kann man aus verschiedenen Gründen um eine Reduktion ansuchen. Der Zinssatz wird jedes Jahr von der Regierung festgelegt und basiert auf die durchschnittlichen Kosten, die auf den Staat in den vergangenen drei Jahren entfallen sind. Die Frist läuft auf 25 Jahre.

Norwegen – Das norwegische System ist dem schwedischen sehr ähnlich. Die Verzinsung wird nach der Graduierung berechnet, die erste von vier Rückzahlungen pro Jahr erfolgt sieben Monate danach. Bei niedrigem Einkommen, Krankheit, Arbeitslosigkeit oder auch bei Geburt eines Kindes kann von Seiten der Bank auf die Verzinsung verzichtet werden.

Deutschland – Hier gibt es zwar kein Grundeinkommen, allerdings auch ein staatliches Bildungskreditprogramm. Studenten können beim österreichischen Nachbarn Darlehen bis zu 7.200 Euro in Anspruch nehmen - wahlweise als Einmalzahlungen von bis zu 3.600 Euro oder als Monatsraten zwischen 100 und 300 Euro. Der Staat garantiert dabei einen nominalen Zinssatz von 2,13 Prozent. Leistungsnachweise sind nicht zu erbringen. Die Rückzahlung erfolgt allerdings schon vier Jahre nach Auszahlung der ersten Rate. Die niedrigste Rückzahlungsrate beträgt 120 Euro.

Österreich – Wie hoch die Zinsen im Modell der Wissenschaftsministerin sein werden oder wie lange man die Kredite zurückzahlen kann, lässt Karl noch offen. Fix sei nur, dass bis zu 350 Euro monatlich ausgezahlt werden können. Die Rückzahlung des zinsbegünstigten Darlehens erfolge "wenn sie (die Studenten, Anm.) im Berufsleben stehen und ein entsprechendes Einkommen haben", heißt es vom Ministerium. Details zum Modell sollen noch mit Experten erarbeitet werden, so die Ministerin.

Darlehen statt Kindergeld

Ein Vorschlag für ein Darlehensmodell kommt von der Lobby „Management Club" (MC): Durch staatliche Darlehen in der Größenordnung von 1.000 bis 10.000 Euro pro Jahr sollen Studenten die Studiengebühren und Lebenserhaltungskosten tragen können. Finanziert sollen diese Darlehen aus dem Geld, das bisher für Kinderbeihilfe ausgezahlt wird. "Es gibt keinen plausiblen Grund, warum man den Eltern eines erwachsenen Menschen Kinderbeihilfe zukommen lässt. Ab dem Zeitpunkt der Inskription sollte diese Beihilfe gestrichen werden", fordert MC-Präsident Herbert Paierl.

Die jährliche inflationsgebundene Rückzahlung des Darlehens soll vom späteren Einkommen der Studenten abhängig sein. Liegt dies unter dem Durchschnittseinkommen, müssten mindestens 200 Euro Jahr zurückgezahlt werden, oberhalb dieser Grenze würden die Tilgungsraten einkommensabhängig gestaffelt sein, erklärt MC-Geschäftsführer Markus Heingärtner im Gespräch mit derStandard.at.

„Was wir allerdings brauchen ist ein Gesamtpaket", so Heingärtner. Dazu gehörten Zugangsbeschränkungen zu den Universitäten, begrenzte Studienplätze und das Darlehensmodell. „Meiner Meinung nach sollte die Dauer für die Rückzahlung nicht limitiert werden", sagte Heingärtner. Lediglich an die Inflation sollten die Beträge angepasst werden. (dan, derStandard.at, 1. Februar 2011)