Auf ein Abschleppen der Wägen - wie hier bei der Räumung des Standplatzes in der Wiener Baumgasse - wollen es die Mitglieder der Wagenburg Hafenstraße nicht draufankommen lassen.

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Die Situation ist im wahrsten Sinne des Wortes verfahren. Die Stadt Wien hat am Mittwoch die Mitglieder der Wagenburg Hafenstraße noch einmal offiziell aufgefordert, ihre Wägen auf der Liegenschaft Hafenzufahrtsstraße 60 bis Donnerstag, 29. Oktober, um neun Uhr früh wegzuschaffen. "Diese Grundfläche ist von der Gruppe nie legal genutzt worden", erklärt Hanno Csisinko, Sprecher von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig. „Es hat nicht einmal eine Duldung gegeben - die kann es auch gar nicht geben, weil die rechtliche Basis dafür fehlt."

Für die 13 Menschen, die momentan in der Wagenburg Hafenstraße wohnen, heißt das nun, innerhalb weniger Stunden alles zusammenzupacken und sich einen neuen Standort zu suchen. "Wir werden schon heute die ersten Wägen hinausfahren", so Martin Pell, Sprecher der Gruppe. "Wir werden auch keinen Widerstand leisten und unsere Wägen nicht abschleppen lassen."

Keine Probleme seit 18 Monaten

In den vergangenen Tagen hatten die Mitglieder noch versucht, wenigstens die Möglichkeit zum Überwintern zu bekommen. Sie berufen sich etwa darauf, dass sie seit 18 Monaten an diesem Platz stehen und dass sie dem Grundstücksmieter (Gas Wien), der dort eine Baustelle betreibt, weder beim regulären Arbeitsablauf gestört noch für zusätzliche Kosten oder eine Wertverminderung des Grundstücks gesorgt hätten.

Am Nationalfeiertag hatte sich die Gruppe Wagenburg Hafenstraße auch an Bundespräsident Heinz Fischer gewandt. Neben den bereits erwähnten Problemen beim Umzug wollten die Mitglieder in dem Gesuch vor allem auch auf ihre gesellschaftliche Bedeutung im Bereich alternativer Sozial-, Kultur und Wohnprojekte hinweisen: „Dass wir eine Bereicherung und keine Belastung für Wien sind, bezeugen zahlreiche Beiträge in den verschiedensten nationalen sowie internationalen Medien. Mehrmals wurden wir herangezogen und bestimmte Aspekte unseres Projektes in Diplom- und Seminararbeiten bearbeitet."

Keine Prekariats-Verträge in Wien

Ebenso hat die Gruppe einen Prekariats-Vertrag aufgesetzt, in dem sie sich u. a. bereit erklärt, „das Grundstück in der Woche vom 15. - 22. April 2011 zu verlassen, sollte es bis dahin nicht gelungen sein diesen Vertrag durch einen anderen ersetzt zu haben." Weiters würden sie eine Kaution bereitstellen, "um etwaige Risiken für den Grundstücksbesitzer bzw. den Mieter zu decken und eine weitere Benutzung als Wagenplatz möglich zu machen." Dieser Vertrag sollte vom Mieter (Gas Wien), vom Liegenschaftsverwalter und von der Wagenburg-Gruppe unterzeichnet werden. 

Eine Bestrebung, die auf Seiten der Stadtpolitik auf unfruchtbaren Boden fällt. "Die Stadt Wien schließt überhaupt keine Prekariatsverträge mehr ab", sagt Wohnbausprecher Csisinko. "Jede Liegenschaft muss gesetzliche Bedingungen erfüllen und eine Rechtsbasis haben - und in diesem Fall ist die Rechtslage eindeutig."

Ob man wie im Falle der Räumung des Wagenplatzes Baumgasse - derStandard.at berichtete - auch auf ein Großaufgebot der Polizei zurückgreifen werde? "Wenn sich eine freiwillige Räumung nicht durchführen lässt, werden wir auf alle Mittel zur Durchsetzung zurückgreifen - auch mit Einsatz der Polizei", so Csisinko. (mob, derStandard.at, 27.10.2010)