SPÖ-Kultursprecher Ernst Woller am Dienstag, den 8. Juni im "Depot" mit den Moderatoren der Runde, Martin Just, Vorstand der IG Kultur Wien und FM4-Urgestein Martin Blumenau

Foto: Isabel Russ

Die Diskussionsrunde mit Marco Schreuder wurde von Willi Hejda, Vorstand der IG Kultur und Barbara Petsch von der Presse geleitet

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Der Grünen-Kultursprecher beantwortete am Montag Fragen zur Kulturpolitik

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SPÖ-Kultursprecher Ernst Woller ist mit der Umsetzung der gesteckten Wahlziele zufrieden; so wie er das sehe, sei das alte Wahlprogramm von 2005 vollständig umgesetzt. Marco Schreuder von Die Grünen sieht das freilich anders. Er glaubt, dass das alte Wahlprogramm zum Teil noch aktuell ist - es sei ein "kontinuierlicher Diskussionsprozess", der immer wieder durch neue Interessen und Rahmenbedingungen beeinflusst wird. Seine Idee: Eine Art Wikipedia für das Wahlprogramm online stellen, damit die Öffentlichkeit die Möglichkeit hat, mit zu entscheiden.

Auswirkungen der Krise

In Bezug auf die Krise ist Schreuder pessimistisch: "Ich kann jetzt nicht so tun, als ob sich das Kulturbudget stark erhöhen wird können" - in Krisenzeiten werde eben gerne bei der Kultur gespart. Sein Kollege von der SPÖ glaubt nicht, dass die Krise Auswirkungen auf die Höhe der Kultursubventionen haben wird: In den letzten neun Jahren sei das Budget sogar um 45 Prozent erhöht worden.

Plakatier-Streit

Über den Streit um Plakate in der Stadt wollte der SPÖ-Kultursprecher nicht lange diskutieren - Er sieht in Wien ein gutes Maß gegeben. Einerseits nämlich fehle ohne Plakatflächen eine gewisse Lebendigkeit in der Stadt, andererseits aber gäbe es ein eindeutiges Höchstmaß für Plakate.

Ein Anliegen ist ihm da eher das SPÖ-Projekt zu flexiblen Brutplätzen für Kultur. Dabei geht es um die temporäre Nutzung von Orten für Kunst, wo es immer nach circa 5 Jahren zu einem Schauplatzwechsel kommen soll. Mit der Aufgabe des "Plätze-Suchens" will die SPÖ eine unabhängige Agentur beauftragen, die sozusagen als "professioneller Mediator" agieren soll. Woller betonte jedoch, dass es "sicher keine künstlerische Geschmackpolizei geben wird".

Jugend-Grätzl

Für die Grünen haben kreative Plätze für Jugendliche Priorität - Jugendkultur sei im Moment in Wien nur durch "Cash for Culture" vertreten. Nach dem Vorbild Paris möchte Schreuder Grätzl-Räume schaffen, die für die Jugendliche "einen ersten Zugang zu Kultur" darstellen sollen. Er stellt sich darunter außerschulische Plätze vor, die nicht von oben gesteuert werden und der Jugend freien Raum für Kreativität geben soll - beispielweise zum Musizieren.

Innovative Kulturgebäude

Auch würde er gerne die Kulturabteilung der Stadt Wien, die MA7, zu einem offenen Haus machen. Im Moment sei es eine "Beamtenburg", eine Vision wäre für ihn die "MA7 als Servicezentrum", bei dem jeder Mensch frei ein- und ausgehen könne.
Energieautarke Kulturbauten hielte Schreuder auch für eine innovative Idee - als Beispiel nennt er das Wienmuseum: Er könnte sich ein neues Gebäude als Passivhaus gut vorstellen. Um aber einen sinnvollen Neubau des Wienmuseums zu garantieren, müsse es Community-Gespräche geben, bei der die Frage "Was ist euch wichtig?" im Mittelpunkt stehen soll.

Warum Kulturpolitik?

Schließlich kam es auch zu einer ganz grundsätzlichen Frage an Ernst Woller: Wozu braucht es überhaupt Kulturpolitik? Woller sieht in der Kulturpolitik zwei hauptsächliche Funktionen - Sie schaffe ein "offenes liberales Klima" und sei gleichzeitig auch ein Bekenntnis zur öffentlichen Kulturfinanzierung. (Isabel Russ, derStandard.at 15.06.2010)