Eine gemeinsame Erklärung der Bischöfe nach deren Frühjahrsvollversammlung, die in ihrer Klarheit überrascht hat. Die umgehende Einberufung einer Opferanwaltschaft - Waltraud Klasnics Unabhängigkeit von der Kirche hin oder her. Ein Wiener Erzbischof, der plötzlich Kritik an vatikanischen Persönlichkeiten wie dem früheren Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano nicht scheut. Und eine kirchliche Projektgruppe, die es binnen kürzester Zeit geschafft hat, ein konkretes Reformpapier auszuarbeiten. Die Krise scheint der Kirche gut zu tun.

Man hat es gewagt, sich von Rom zu emanzipieren und einen eigenen, österreichischen Weg der Krisenbewältigung einzuschlagen. Und plötzlich lichten sich die Weihrauchnebel: Da werden Fehler eingestanden, neue Brücken zur Basis geschlagen, weltliche Ansichten gehört. "Roma locuta, causa finita" ist nicht mehr Gebot der (Krisen-)Stunde.

Und doch muss man aufpassen, dass der neue Reformwille nicht aus den eigenen Reihen boykottiert wird. Die Gefahr der Unglaubwürdigkeit lauert derzeit im Ländle. Auch wenn sich der Feldkircher Bischof Elmar Fischer für Handgreiflichkeiten entschuldigt hat und die "gesunde Watschn" damals Erziehungsmittel war, spießt sich die Sache mit den eigenen Moralvorstellungen. Achtes Gebot: Du sollst nicht lügen. Bischof Fischer hat zur Wahrheitsfindung mehrere Anläufe, den Druck der Öffentlichkeit und einen Psychiater gebraucht.(Markus Rohrhofer, DER STANDARD Printausgabe 10.6.2010)