Google TV könnte Internet am TV endlich auf den Massenmarkt bringen

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TV-Serien und Filme am Computer anzusehen - sei es von DVD, als Download oder Stream - ist für viele Nutzer bereits zum Alltag geworden. Der umgekehrte Ansatz - das Web über TV-Geräte zu nutzen - konnte bislang jedoch nicht wirklich abheben. Zwar bieten Hersteller einige Fernsehgeräte und Set-Top-Boxen mit diesen Funktionen an, doch das Publikum hat bislang eher zögerlich darauf reagiert. Google könnte mit seinem auf der I/O-Konferenz angekündigten Google TV dem Web am Fernseher nun zum Durchbruch verhelfen.

Fernseher und Set-Top-Boxen

Zusammen mit Sony und Logitech hat Google Fernsehgeräte, Blu-ray-Player und Set-Top-Boxen angekündigt, die mit dem schnell an Popularität gewinnenden Betriebssystem Android und dem Browser Chrome ausgestattet sein sollen. Nutzer sollen während des Fernsehens im Internet nach weiteren Inhalten wie etwa YouTube-Videos suchen und über den Fernseher auch Android- und Web-Apps nutzen können. Über Chrome soll uneingeschränkter Zugang auf das Web zur Verfügung stehen. Google TV soll einerseits vorinstalliert auf Fernsehern kommen. Andererseits soll es mit Set-Top-Boxen auf älteren Geräten nutzbar sein. Die ersten Sony-Fernseher und Logitech-Set-Top-Boxen mit Google TV sollen im Herbst auf den Markt kommen, Preise wurde noch keine bekannt gegeben.

Gute Chance für Massenmarkt

Ausgestattet mit Android und dem Chrome-Browser haben Google TV-Geräte eine gute Chance von einem breiteren Publikum akzeptiert zu werden. Mit beiden Produkten sind sowohl die Nutzer als auch die Hersteller bereits vertraut, beide gewinnen zunehmend Marktanteile. Sony könnte laut New York Times seinen eigenen Bravia Internet-Service nach und nach durch Google TV ersetzen. Auf der Konferenz meinte Sony-CEO Howard Stringer, dass Google Software robuster und umfassender sei als Sonys eigener Service.

Apps auf allen Geräten

Was Google TV für Nutzer besonders interessant machen könnte, sind die Android-Apps. Nutzer werden dieselben Anwendungen am Fernseher verwenden können, die sie auch auf ihrem Smartphone benutzen. Da Google den Chrome Browser um installierbare WebApps aus einem eigenen App Store, genannt Chrome WebStore, erweitern will, werden Nutzer auch ihre Web-Anwendungen Geräte-unabhängig verwenden können. Mit der zunehmenden Verlagerung von Anwendungen und Nutzerdaten ins Web - bzw. in die Cloud - ist es nun gut vorstellbar wie Nutzer in nicht allzu ferner Zukunft von Computer, Smartphone, Tablet und Fernseher auf die selben Anwendungen und Dateien zugreifen können. Um genauere Prognosen über Googles Erfolgsaussichten mit Google TV zu machen, müssen aber erst konkrete Produktankündigungen und die nicht ganz unwichtige Preisgestaltung der Geräte abgewartet werden.

Unterschiedliche Verwertungsrechte

Fernseher und Set-Top-Boxen, die Internet-Services und -Inhalte auf den Fernseher bringen, gibt es bereits länger. Samsung bietet beispielsweise Internet-fähige Fernseher mit Services von Yahoo an, Sony hat wie bereits erwähnt den eigenen Bravia-Service und in den USA können Web-Inhalte über Set-Top-Boxen von TiVo oder Roku am Fernseher genutzt werden. Auch Apple bringt mit der Set-Top-Box Apple TV über iTunes gekaufte Filme und TV-Serien auf den Fernseher. Bislang haben solche Services jedoch den weltweiten Massenmarkt noch nicht erreicht, unter anderem aufgrund unterschiedlicher Rechtesituationen in den verschiedenen Ländern. So ist es in Österreich beispielsweise noch immer nicht möglich, Filme und Fernsehserien über iTunes zu beziehen. Inhalte des Streaming-Service Netflix, den etwa die Roku-Set-Top-Boxen nutzen, stehen hierzulande nicht zur Verfügung. Und auch kostenlose Filme und TV-Serien wie sie etwa Hulu, aber auch YouTube anbietet, sind außerhalb der USA nicht verfügbar. Für Google TV-Nutzer außerhalb der USA würde das einige Einschränkungen bedeuten.

Angriff auf Apple

Apple hat Apple TV bislang zudem eher als Nischenprodukt behandelt. Zwar gibt es seit längerem Gerüchte, dass Apple sein Engagement am TV-Markt verstärken will, beispielsweise mit einem eigenen TV-Service über iTunes, bislang gab es jedoch noch keine konkreten Ankündigungen. Mit Googles Vorstoß auf den Fernsehermarkt, könnte sich auch Apple veranlasst sehen, nun endlich Nägel mit Köpfen zu machen. (Birgit Riegler/derStandard.at, 21. Mail 2010)