Es kenne ja Menschen, die behaupten im Brustton der Überzeugung, Nieren müssen ein bisschen br....... Ich mag die Menschen trotzdem, wenngleich ich davon nicht so überzeugt bin. Auch hier kommt es auf Nuancen an, scheint mir: Wenn die Nieren, wie einst in der Ambasciata della Puglia, im Netz gegrillt, so ganz naturbelassen schmecken, reisen selbst Freunde des säuerlichen Beigeschmacks ab.
Nicht sauber, sondern rein
Herr Hlavicka zählt vermutlich nicht zu diesem Menschenschlag, leite ich aus einem Essen in Briaglia ab, ein bisschen südlicher im Piemont als La Morra & Co. Kutteln ist er alles andere als abgeneigt, nur: picobello müssen sie sein. Sauber waren auch die Tripe, die hier im Marsupino die Kochwurst umhüllten. Der Cotechino trug also quasi Außenpelz. Der war vielleicht nicht "lavato a mano", nach meiner Einschätzung aber absolut sauber, nur halt trotzdem von eher kräftigem Geschmack. Sollen wir nie schlechter essen in unserem Leben als hier.
Damit wir zwischen dem Dutzend Gänge in Belvedere Langhe und den Vorspeisen hier nicht darben müssen, gibt's erst einmal hausgemachte Salumi (dick, fett, gut) und Bruschette mit Ei, Paradeiser, viel Knoblauch und ein bisschen Leberpaté. Herr Hilberg schwächelt nach der Trattoria del Peso und sucht sein Heil in nur zwei Gängen. Er ächzt dennoch: Die Küche dreht einfach die Portionsgröße nach oben, vor allem seine (eher milde) Hahn-Gallantine würde vermutlich auch Holzknechte satt machen.
Unser Stückchen Cotechino auf Kichererbsten ist dagegen beinahe zum Lachen handlich, eine Kinderjause fast, wäre da nicht der strengere Geschmack von „Bala d'Asu", wie das Ding im Original heißt und uns als regionale Wurst von Esel, Kalb und dergleichen avisiert wurde.
Barolo macht Haxe froh
Hilberg setzt aus, unsere Paprikaschoten mit Ei und Öl, gefüllt mit einer Art Paté beziehungsweise mit Thunfisch sind erfreulich und dezent portioniert. Zwei von drei Rufzeichen gehen dann an meine Tajarin mit Kaninchen, ausgesprochen fein auch die Agnolotti al plin, klassisch mit Butter und Salbei.
Drei Rufzeichen dann für Hlavickas Schweinshaxe in Barolo, meine Ente muss man ebensowenig von der Tischkante stoßen, allein: Selbst meine Kapazität gerät langsam an ihre Grenzen. Mein Menüdessert geht jedenfalls an Herrn Hilberg, der inzwischen wieder zu Kräften gekommen war. Er wählt halbflüssiges Schokotörtchen (was sonst?), und wirkt trotz Sekunden zu langer Garung ausgesprochen zufrieden. Spannender finde ich ja Hlavickas Mandarinen-Sorbet. Und angenehm leicht.
Die selbst verschuldete Weinbegleitung verdient das Prädikat leicht nicht gerade. Weinkarte und Urlaubsstart ließen uns ein bisschen überambitioniert loslegen (ich habe nur meine generelle Langsamkeit am Tag danach etwas bereut). Dass Domenico Clerico nebenan dinierte, hat uns da vielleicht noch ein bisschen übermütiger gemacht.